Schmerzmittel in Kombination mit Alkohol – eine Mischung, von der Mediziner abraten.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Ein Feierabendbier, ein Schnaps nach dem Essen, ein Glas Sekt zum Anstoßen – die Österreicher zählen zu den Europameistern beim Konsum von Alkohol. Etwa 14 Prozent der Österreicher weisen ein problematisches Trinkverhalten auf.

Ein negativer Kurzzeiteffekt von zu viel Alkohol ist der Kater am Tag danach. Was in der Fachsprache als Post-Intoxikations-Syndrom bezeichnet wird, ist nichts anderes als eine Mischung aus Symptomen wie Übelkeit, Brechreiz, Kopfschmerzen, Licht- und Lärmempfindlichkeit, emotionaler Instabilität und Konzentrationsstörungen. "Genau genommen handelt es sich dabei um eine Reaktion des Gehirns auf eine leichte Vergiftung durch Alkohol", erklärt Michael Musalek, ärztlicher Direktor am Anton-Proksch-Institut in Wien.

Der aufgenommene Alkohol wird fast vollständig in der Leber abgebaut. "Eine hohe Alkoholzufuhr bewirkt eine Anhäufung des lebertoxischen Stoffwechselprodukts Acetaldehyd, was zu den typischen Katersymptomen führt", ergänzt Alexandra Hofer, Ernährungswissenschafterin von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE).

Wasserentzug ist Grund für den Kater

Um die noch nicht vollständig geklärten Ursachen des Katers zu ergründen, hat sich in der Humanmedizin sogar ein eigener Forschungszweig etabliert: die Crupologie. Klar ist: Alkohol entzieht dem Körper Wasser. In der Folge muss man häufig aufs Klo und scheidet dabei wichtige Mineralien wie Magnesium, Kalium, Natrium oder Kalzium aus. Der gestörte Wasserhaushalt und ein Verlust an Elektrolyten führen dazu, dass die Nervenzellen im zentralen Nervensystem erlahmen.

Schuld am Wasserentzug sind die sogenannten langkettigen Alkohole. Sie entstehen bei der Gärung als Begleitsubstanz. Nehmen wir alkoholische Getränke zu uns, trinken wir also nicht reinen Ethylalkohol, sondern Mischgetränke, die auch Methanol und langkettige Alkohole beinhalten. Je mehr dieser sogenannten Fuselalkohole in den konsumierten Getränken stecken, desto schlimmer ist am nächsten Tag der Kater.

Es hängt also nicht nur davon ab, wie viel man trinkt, sondern auch davon, was man trinkt. "Je besser die Qualität des Getränks, desto weniger langkettige Alkohole sind darin enthalten", erklärt Musalek. Bier und Weißwein sind am harmlosesten, während Schnaps oft extrem viele Fuselalkohole enthält.

Essen verzögert den Rauschzustand

Wie der eigene Körper auf Alkohol reagiert, hängt neben Parametern wie Alter, Körpergröße und Gewicht, Blutzuckerspiegel und Tageszeit von drei wesentlichen Faktoren ab. Erstens ist entscheidend, was und wie viel man vor dem Trinken gegessen hat und wie rasch die Stoffe in das Zellinnere aufgenommen werden. Falsch ist der Glaube, dass eine deftige Mahlzeit eine gute "Grundlage" für Alkohol ist und man dadurch mehr "verträgt". Vielmehr verzögert sich der Rauschzustand dadurch nur. Meistens erlebt man die Berauschung schlicht und einfach gar nicht mehr, weil man bereits schläft, wenn sie eintritt.

Zweitens ist der allgemeine körperliche Zustand relevant. Ist man zum Beispiel aufgrund eines Infekts ohnehin schon geschwächt, tut man gut daran, die Finger vom Alkohol zu lassen.

Verträglichkeit ist genetisch bedingt

Der dritte Faktor ist der entscheidende: Es gibt genetische Unterschiede, was die Verträglichkeit von Alkohol betrifft. Manchen Menschen macht er mehr aus, manchen weniger. "Und zwar ganz unabhängig davon, ob jemand eine Histaminallergie hat oder nicht", sagt Musalek. Histamin ist in den meisten alkoholischen Getränken enthalten und kann zu allergischen Reaktionen führen. Das Problem: Wer Alkohol genetisch bedingt besser verträgt, neigt dazu, mehr zu trinken. Kommen dann noch Gründe für den Alkoholkonsum wie Angstzustände oder Schlafstörungen dazu, besteht gesteigerte Suchtgefahr.

So beugt man dem Kater vor

Einem Kater vorbeugen kann man am besten, wenn man fit und ausgeruht in den Abend startet. "Alkohol in Maßen genießen, nicht zu viele verschiedene Getränke durcheinander konsumieren, erst nachschenken, wenn das Glas leer ist, und begleitend zu jedem Glas Alkohol mindestens ein Glas Wasser oder Mineralwasser zu sich nehmen, das enthält Nährstoffe wie Natrium und Magnesium", empfiehlt Ernährungsexpertin Hofer. Fett, Eiweiß und Milch verlangsamen die Alkoholaufnahme. Auf warme Alkoholgetränke, alkoholische Getränke mit Zucker oder mit Kohlensäure sollte man verzichten, sie beschleunigen die Aufnahme von Alkohol.

Mittel gegen Übelkeit und Brummschädel

So weit, so gut. Was soll man nun tun, wenn man nach einer durchzechten Nacht mit einem Brummschädel aufwacht? Im Internet kursieren unzählige Tipps, welche Mahlzeiten und Lebensmittel angeblich gegen einen Kater helfen. Mediziner Musalek will dahingehend keine Empfehlungen abgeben. Denn: "Am wichtigsten ist es, dem Körper Flüssigkeit wie Wasser oder Gemüsebrühe zuzuführen, um der Dehydration entgegenzuwirken."

Ernährungswissenschafterin Hofer legt darüber hinaus nahe, Rindsuppe, Haferschleimsuppe oder Tee mit Honig zu sich zu nehmen. Den Vitamin- und Mineralstoffverlust gleicht man am besten durch frisches Obst wie schwarze Ribiseln, Zuckermelonen, Birnen sowie Gemüse und Hülsenfrüchte aus.

Wenig Licht, viel Ruhe

Außerdem sollte man sich in einen licht- und lärmgedämpften Bereich zurückziehen, sich Ruhe gönnen, keine körperliche Anstrengung auf sich nehmen sowie auf Kaffee und Rauchen verzichten. "Nach dem Ausschlafen kann man den Kreislauf durch einen Spaziergang an der frischen Luft oder Wechselduschen ankurbeln", empfiehlt Hofer. Das berühmte Reparaturseiterl ist übrigens eine Mär. "Dabei wird nur die anästhesierende Wirkung des Alkohols genutzt. Der Zustand wird dadurch aber nicht besser, sondern man spürt ihn einfach nicht mehr", erklärt Musalek.

Kopfschmerztabletten nur nach Absprache mit Arzt

Manche Menschen nehmen nach einer durchzechten Nacht vor dem Schlafengehen eine Kopfschmerztablette mit viel Wasser zu sich. Beide Experten warnen jedoch davor. Musalek: "Einfach Medikamente auf Verdacht einzunehmen macht keinen Sinn, weil sie eine Reihe von Nebenwirkungen haben können, etwa die Reizung der Magenschleimhaut." "Acetylsalicylsäure hilft zwar gegen Kater-Kopfschmerzen, ist aber nichts für einen rebellierenden 'Kater-Magen'", sagt Hofer.

Außerdem greifen die in den Tabletten enthaltenen Wirkstoffe die Leber an, die vom Alkohol ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogen ist. Hofer: "Paracetamol sollte man deshalb ebenfalls meiden. Bei einem Alkoholiker können bereits kleine Dosen zu schweren Leberschäden führen."

Lage beruhigt sich nach 24 Stunden

Die meisten akuten Veränderungen durch Alkoholkonsum bilden sich innerhalb von 24 Stunden zurück. Dazu zählen etwa Kopfschmerzen durch erhöhte Harnausscheidung, Flüssigkeitsentzug oder Mineralstoffverluste. "Die Abbaugeschwindigkeit von Alkohol ist unabhängig von der Blutalkoholkonzentration und variiert zwischen 0,1 und 0,25 Promille pro Stunde", erklärt Hofer. Es gebe keine sinnvolle Strategie, um die Verstoffwechslungsrate zu erhöhen. Man wisse allerdings, dass sehr hohe Dosen an Fructose, wie sie zum Beispiel in Früchten und Honig enthalten sind, den Alkoholabbau beschleunigen können.

Das einzige Mittel, um einen gröberen Kater zu vermeiden: qualitativ hochwertigen Alkohol in mäßiger Dosierung trinken. "Die beste und gesündeste Medizin gegen Katerstimmung ist es, einfach auf Alkohol zu verzichten oder ihn nur in Maßen zu konsumieren", sagt Hofer und warnt gleichzeitig vor den langfristigen chronischen Schäden durch regelmäßigen Alkoholkonsum. (Maria Kapeller, 24.9.2017)