Die neopagane Keltenrezeption, zu der auch die Wiederentdeckung der Druiden zählt, rührt von einer Begeisterung für die Kultur und Religion der Kelten seit dem 18. Jahrhundert her. Zahlreiche Romane behandeln die Tradition und Geschichte der Kelten. Aber auch in der Oper wird unter anderem von Vincenzo Bellinis "Norma" das Motiv der römischen Besatzung in Gallien aufgegriffen.

Sommersonnenwendefeier im südenglischen Stonehenge.
Foto: APA/AFP/Chris J. Ratcliffe
Auch moderne Druiden waren dabei.
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Neue Kelten

Unter Neopaganismus oder Neuheidentum versteht man eine Vielzahl von neureligiösen Bewegungen, die sich bewusst vom Christentum abgrenzen und sich dabei gleichzeitig auf antike, keltische, germanische oder andere vorchristliche beziehungsweise indigene Traditionen berufen. Dabei kann grundsätzlich zwischen völkisch-rassistischen und spirituell-schamanistischen Strömungen unterschieden werden.

Diese Renaissance von Religionssystemen, beziehungsweise einzelner Elemente daraus, ist aus religionswissenschaftlicher Sicht interessant, da die Beweggründe sehr unterschiedlich sind. Eine Ablehnung des Christentums ebenso wie die zunehmenden Herausforderungen einer modernen und pluralisierten Gesellschaft sind aber mit Sicherheit zentrale Aspekte dabei. Romantik, Aufklärung ebenso wie Nationalismus sowie Spiritismus und Okkultismus hatten ihren Einfluss auf diese Rückbesinnungen auf längst vergangene Kulturen und pagane Religionssysteme.

Darüber hinaus fördert die Irish Renaissance ab dem 19. Jahrhundert die Verbreitung der irischen Kultur, die sich dabei stark auf die inselkeltischen Sprachen und die keltische Kultur bezieht. Diese Suche nach der eigenen Identität wurde mit einem Wiederbeleben und Rekonstruieren von Alltagsleben, Kleidung, Kunsthandwerk, Musik sowie Trink- und Esskultur zelebriert.

Öffentliche Wahrnehmung

Ausgehend von völkisch-rassistischen Theorien des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts ist heute in der öffentlichen Wahrnehmung besonders das Neugermanentum negativ besetzt. Aus diesem Grund finden sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Abgrenzungen zwischen den unterschiedlich ausgerichteten neopaganen Gruppierungen. Spirituell links orientierte Gemeinschaften grenzen sich dabei gegenüber völkisch-rassistischen rechtsgerichteten Strömungen ab. Dies zeigt sich in Aktionen wie "Heiden gegen rechts" ebenso wie in zahlreichen Diskussionen mit der Thematik innerhalb des Neopaganismus selbst. Auch im neuen Druidentum wird diese Auseinandersetzung aufgenommen.

In der deutschsprachigen Zeitschrift Druidenstein wird zum Beispiel in einem Artikel, der sich mit dem völkisch-rassistischen Diskurs auseinandersetzt, festgehalten: "Der Order of Bards, Ovates & Druids distanziert sich ausdrücklich von rassistisch oder nationalistisch orientierten spirituellen oder naturreligiösen Organisationen, und seine Lehre ist mit ihnen unvereinbar."  (In: Druidenstein. Magazin für Druidentum und Naturspiritualität, 16. Ausgabe, 30. April 2017, S. 8).

Schamanen, Hexen und Druiden

Vor allem durch die New-Age-Bewegung ab Mitte des 20. Jahrhunderts werden immer mehr Menschen von neopaganen Religionssystemen angezogen. Neue Hexen sammeln sich in der Wicca-Bewegung und auch Druiden und Schamanen erfreuen sich einer vermehrten Beliebtheit. Die Abkehr vom männlich dominierten Christentum und die Wiederentdeckung der weiblich geprägten Religion spielen insbesondere in den unterschiedlichen Gruppierungen der Wicca-Bewegung eine zentrale Rolle.

Oft steht dabei auch die Beziehung von Mensch und Natur im Vordergrund, die sich vor allem in der Verehrung von bestimmten Plätzen in der Natur zeigt. Dieser respektvolle Umgang mit der Umwelt spielt auch im Druidentum eine Rolle, ebenso wie Modernisierungskritik und der Wunsch nach der Wiederbelebung authentischer oder archaischer (religiös-spiritueller) Traditionen. Immer wieder stehen neopagane Gruppierungen jedoch vor dem Problem, dass aufgrund der begrenzten Quellenlage nur spärliche Informationen zum Alltagsleben und den jeweiligen Religionssystemen bekannt sind. Dies bietet andererseits aber auch eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten.

Druiden heute

Im Neodruidismus wird nun die Gestalt des religiösen Experten des Keltentums, des Druiden, aufgegriffen und neu interpretiert. Oftmals findet sich in Druidenorden der Glaube, dass das geheime Wissen der Druiden die Zeiten überdauert hat und nun im Rahmen der jeweiligen Gemeinschaft weitertradiert wird.

Auch wenn es weltweit zahlreiche Druidenorden gibt, so unterscheiden sich diese doch aufgrund von unterschiedlichen Weltbildern und Glaubenssätzen. Wie in der Wiederentdeckung anderer neopaganer Strömungen fehlen auch hier die Quellen, durch die Näheres über die Lebenswelt der Druiden sowie genaue Lehrinhalte überliefert wurden.

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Starke Naturverbundenheit

Die ältesten Druidenorden entstanden im Rahmen der Wiederentdeckung der Kelten bereits Ende des 18. Jahrhunderts, wie der Ancient Order of Druids. Hier stand noch weniger das Neuheidentum im Vordergrund, als humanistische Werte, die in der Gestalt Merlins verkörpert gesehen wurden. Dennoch zeigen sich auch hier ähnliche esoterische Grundprinzipien, wie die starke Naturverbundenheit, die sich auch in zahlreichen anderen Druidenorden finden lässt. Einer der heute international aktivsten Druidenorden ist der Order of Bards, Ovates and Druids mit Sitz in Großbritannien.

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Jahreszeitenfeste wie Beltaine, Lugnasad und Samain werden im neuen Druidentum ebenso gefeiert wie Rituale an tatsächlichen und angeblichen Kult- und Kraftplätzen. Hierbei kommt es oft zu einer Vermischung von Schamanismus und Geomantie, die sich in der Verehrung von Steinen, Wäldern und anderen spirituell bedeutungsvollen Plätzen zeigt.

Philip Carr-Gomm

Neben dem Alltagsleben greifen neue Druidenorden aber vor allem folkloristische Feste und Rituale auf, die in der Ausrichtung auf den Jahreslauf und/oder den Mondkalender sowie die Lebensphasen der Menschen gefeiert werden. Auch in Österreich finden sich Druiden, wie der Druidenhain Nemeton Noreia, der sich dem Order of Bards, Ovates and Druids, zuordnet. Neben dem Feiern der Jahresfeste werden hier auch Wanderungen zu spirituell bedeutsamen Plätzen angeboten.

Im Keltendorf in Diex, das eine freie neodruidische Ausrichtung verfolgt, können darüber hinaus Übergangsrituale, wie keltische Hochzeiten oder Taufen gefeiert werden. "Die Wiederbelebung und der Erhalt der alteuropäischen Kultur" wird in dem von Druidin Eveline Grander gründeten keltisch ausgerichteten Verein "Das Dorf" vertreten.

Living History im Keltendorf Mitterkirchen

Eine Wiederentdeckung keltischer Kultur zeigt sich aber nicht nur im neuen Druidentum selbst, sondern auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Kelten. Vor allem in Freilichtmuseen wird versucht, das historische Alltagsleben stärker greifbar zu machen. Im Rahmen von experimenteller Archäologie werden wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung rekonstruiert und können so genauer empirisch untersucht werden.

Diese Form der historisch-wissenschaftlichen Beschäftigung mit Geschichte, auch unter dem Begriff der Living History zusammengefasst, orientiert sich dabei an wissenschaftlichen Erkenntnissen und versucht, diese praktisch und authentisch umzusetzen. Die Herausforderungen des Alltagslebens der damals lebenden Bevölkerung, Ess-  und Trinkkultur ebenso wie Kunsthandwerk und Brauchtum werden hier aufgegriffen. Neben zahlreichen Workshops und Kursen, die sich mit der Herstellung von Alltagsgegenständen beschäftigen, finden auch regelmäßig öffentliche Veranstaltungen zu Festen im Jahreslauf statt. 

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Im Keltendorf Mitterkirchen in Oberösterreich wird dabei nicht nur keltische Küche praktisch erforscht, sondern auch im Bauprojekt der Herrinnenhalle eisenzeitliche Kultur, auch wieder auf Basis archäologischer Erkenntnisse, zum Leben erweckt. (Lisa Kienzl, 27.9.2017)

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