Die Folgen des Referendums im kurzen Erklär-Video.

DER STANDARD

Mögliche Folgen des Referendums und einige Daten zu der wohlhabenden Region Katalonien.

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Katalanische Flaggen hängen von Balkonen in Barcelona.

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Frage: Was passiert, falls Katalonien am Montag die Unabhängigkeit ausruft?

Antwort: Aus Sicht der Regional regierung von Carles Puigdemont muss diese dem Referendum Folge leisten und die Unabhängigkeit erklären, die dann innerhalb von 48 Stunden in Kraft treten soll. Dies soll auf einer für Montag angesetzten Sitzung des katalanischen Regionalparlaments geschehen. Das spanische Verfassungsgericht hat am Donnerstag allerdings eben jene Sitzung untersagt. Die spanische Zentralregierung unter Mariano Rajoy würde im Fall einer Unabhängigkeitserklärung wohl Artikel 155 der spanischen Verfassung anwenden: Wenn eine Region gegen Madrid rebelliert, kann die Regionalregierung entmachtet werden. Dazu braucht Rajoy die Zustimmung der zweiten Kammer des spanischen Parlaments, was nicht schwierig sein sollte, denn sein Partido Popular (PP) hat dort eine absolute Mehrheit.

Frage: Katalonien darf die Unab hängigkeit also gar nicht ausrufen?

Antwort: Die Abspaltung Kataloniens stellt einen Verstoß gegen die spanische Verfassung dar. In Artikel 2 heißt es: "Die Verfassung stützt sich auf die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, das gemeinsame und unteilbare Vaterland aller Spanier, und anerkennt und gewährleistet das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, die Bestandteil der Nation sind, und auf die Solidarität zwischen ihnen."

Frage: Was passiert, wenn die Unabhängigkeit nicht ausgerufen wird?

Antwort: "Wir werden dieses Referendum umsetzen", hatte Carles Puigdemont am Mittwoch verlautbart, allerdings ohne ein genaues Datum zu nennen. Puigdemont könnte laut Experten am Montag statt der Unabhängigkeit auch die Auflösung des Regionalparlaments verlautbaren, was zu Neuwahlen führen würde. Damit könnte Puigdemont Zeit gewinnen.

ORF-Korrespondent Josef Manola analysiert für die Zib2 die Folgen des Referendums in Katalonien.
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Frage: Warum will Katalonien die Unabhängigkeit?

Antwort: Einerseits fühlen sich die Katalanen sprachlich und kulturell als eigene Nation. Andererseits haben die Bestrebungen wirtschaftliche Gründe. Katalonien gilt als reiche Region. Sie erwirtschaftet ein Fünftel des Brutto inlandsprodukts Spaniens und ist für rund 23 Prozent des spanischen Tourismus verantwortlich. Katalonien hat aber nicht wie das autonome Baskenland ein eigenes Steuersystem. Laut Medienberichten soll Barcelona bereits ein eigenes System zur Steuerein hebung vorbereitet haben.

Frage: Wer steht hinter der Unab hängigkeitsbewegung?

Antwort: Treibende politische Kräfte sind die seit 2015 amtie rende Minderheitsregierung des Bündnisses "Gemeinsam für das Ja" (JxSí), unterstützt durch die proseparatistische Partei CUP und auch die Kulturorganisation Omnium.

Frage: Wer ist in Katalonien gegen die Abspaltung von Spanien?

Antwort: Trotz massiver Mobili sierung sind mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in Katalonien zumindest nicht dezidiert für eine Abspaltung. Trotz gut organisierter Befürworter gibt es auch Gegner des Abspaltungsprozesses – wie etwa die Bürgerbewegung Societat Civil Catalana (SCC) mit 20.000 Mitgliedern.

Frage: Warum ist Spanien so vehement gegen eine Abspaltung?

Antwort: Einerseits stehen wirtschaftliche Gründe im Vordergrund, und man möchte keinen Dominoeffekt verursachen. Würde sich Katalonien abspalten, könnten andere Autonomiegebiete auf ähnliche Ideen kommen. Daher fährt Premierminister Rajoy einen harten Kurs der Konfron tation und verschließt sich bis dato jeglichem Dialog.

Frage: Wer könnte in dem Konflikt vermitteln?

Antwort: Bisher haben sich mögliche Vermittler eher aus dem Konflikt herausgehalten. Der spanische König Felipe VI. etwa bot sich bei einer Fernsehansprache am Dienstag in keiner Weise als Vermittler an. Viel eher erklärte er, dass "angesichts dieser Situation von extremer Tragweite es die Verantwortung der legitimen Staatsgewalten sei, (…) die verfassungsmäßige Ordnung aufrechtzuerhalten". Ein Vermittler könnte die katholische Kirche sein. Der Vizepräsident Kataloniens, Oriol Junqueras, traf am Mittwoch mit Barcelonas Kardinal Juan José Omella und dann mit dem Ma drider Kardinal Carlos Osoro zusammen.

Frage: Was ist mit der EU?

Antwort: Puigdemont hatte die EU zur Vermittlung aufgefordert, doch Brüssel lehnte schon am Montag mit der Begründung ab, dies sei ein innerstaatlicher Streit. Die EU hat Madrid und Barcelona am Mittwoch dazu aufgerufen, eine Verhandlungslösung zu suchen. "Es ist Zeit zu reden", sagte der stellvertretende EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans im Straßburger Europaparlament. Im Fall einer Abspaltung Kataloniens wäre das neue Land übrigens nicht Teil der EU.

Frage: Was passiert im schlimmsten Fall?

Antwort: Im schlimmsten Fall kommt es zu weiteren gewalttä tigen Eskalationen. Wenn Katalonien am Montag die Unabhängigkeit erklärt und die Zentralregierung den Artikel 155 zur Wirkung bringt, ist von weiteren Protesten auszugehen, eine Eskalation wäre zu befürchten.

Frage: Was passiert im besten Fall?

Antwort: Die Situation gilt als verfahren. Im besten Fall müssten die spanische Zentralregierung und die katalanische Regionalregierung Dialogbereitschaft signalisieren. Dagegen wehrt sich Rajoy aber. Um diese Blockade zu brechen, müsste Puigdemont ein moderates Vorgehen signalisieren, indem er die Unabhängigkeitserklärung zumindest aufschiebt.