Wien – Der angeblich 18 Jahre alte Mann, der am 18. September in Wien-Favoriten seine jüngere Schwester mit unzähligen Messerstichen getötet hat, dürfte in Wahrheit deutlich älter sein. Dieser Verdacht, der bereits nach der Festnahme aufgekommen war und strafrechtlich von Bedeutung ist, erhärtet sich nach APA-Recherchen immer mehr.

Die Eltern des Mordverdächtigen waren seinerzeit mit mehreren Kindern aus Afghanistan geflüchtet, wobei die erste Station ihrer Flucht Pakistan war. Schon die dortigen Behörden bezweifelten das angegebene Alter des angeblich am 1. Jänner 1999 geborenen Sohnes. Dieser soll deshalb in Islamabad auch geröntgt worden sein.

Voller Strafrahmen erst ab 21

Die Staatsanwaltschaft Wien hat sich jedenfalls entschlossen, das Alter nun von einem Sachverständigen überprüfen zu lassen. Das ist insofern von Bedeutung, als der Mann – sollte er wegen Mordes angeklagt werden – mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen muss, falls er zum Tatzeitpunkt älter als 21 war. Als sogenannter junger Erwachsener hingegen käme für ihn der privilegierte Strafrahmen in Betracht, den das Jugendgerichtsgesetz für Personen zwischen 18 und 21 Jahren vorsieht. Ist er älter, müsste er im Fall einer Verurteilung wegen Mordes mit einer Freiheitsstrafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslang rechnen.

Methode zur Altersfeststellung unklar

Offen ist nun, ob sich der Mordverdächtige gegen die Untersuchungen zur Abklärung seines Alters wehren kann. Experten gehen davon aus, dass man ihn ohne seine Zustimmung jedenfalls keinen ionisierenden Strahlen aussetzen darf. Zulässig wäre demnach aber eine Magnetresonanztomografie, da dabei keine Strahlenbelastung entsteht. Unproblematisch wäre wohl auch die anthropologische Begutachtung der Handwurzelknochen und des Kiefers, woraus sich üblicherweise auf das wahre Alter eines Menschen schließen lässt.

Auch hinsichtlich der Getöteten bestehen Zweifel, ob sie wirklich 14 und nicht deutlich älter war. Obwohl es strafrechtlich keine entscheidende Rolle spielt, wurde die Leiche dahingehend untersucht. Das Ergebnis steht noch aus. (APA, 9.10.2017)