US-Präsident Donald Trump isoliert die USA weiter. Ein Aufkündigen des Iran-Deals würde wohl auch die europäischen Verbündeten in dieser Sache vor den Kopf stoßen.

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Im März vor zwei Jahren hat Tom Cotton schon einmal versucht, den Atomdeal mit dem Iran zu Fall zu bringen. Da war das Abkommen noch gar nicht geschlossen, und eine Zeitlang sah es so aus, als würde das Störmanöver des aufstrebenden Senators aus Arkansas tatsächlich Wirkung zeigen. In einem offenen Brief warnte Cotton die Iraner davor, auf das Wort Barack Obamas zu bauen.

Abmachungen allein mit dem Weißen Haus seien selten von Dauer, da der Präsident alle vier oder acht Jahre wechsle, schrieb er und gewann 46 republikanische Parteifreunde als Mitunterzeichner. Einen Vertrag, den der US-Senat nicht mit Zweidrittelmehrheit ratifiziere, könnte bereits der Nachfolger Obamas mit einem Federstrich annullieren. Vielleicht wisse man in Teheran nicht, wie das amerikanische Verfassungssystem konstruiert sei.

Als entschiedener Gegner des Kompromisses, damals geschlagen, sieht sich der Hardliner heute so gut wie am Ziel. Am Donnerstag wird Donald Trump aller Voraussicht nach die Weichen so stellen, dass es auf ein Ende der Vereinbarung zuläuft. Zum ersten Mal wird er nicht tun, was der Kongress alle 90 Tage von ihm verlangt: Er wird nicht bestätigen, dass sich der Iran an die Bestimmungen hält.

Das Paragrafenwerk, wird er wohl erklären, liege nicht im nationalen Interesse der Vereinigten Staaten. Danach hat der Senat zwei Monate Zeit, um über Konsequenzen zu beraten. Die Kammer könnte Sanktionen verhängen, die im Zuge des Deals aufgehoben worden waren, oder aber einen neuen, noch härteren Katalog von Strafmaßnahmen beschließen. Wie auch immer, nach den Worten Wendy Shermans wäre es der Moment, in dem sich Amerika in die Isolation begibt.

Mit der Entscheidung, prophezeit die Ex-Diplomatin in einer Kolumne, werde Washington das Vertrauen jener Partner verspielen, die mit Obamas Emissären an der Übereinkunft gearbeitet hätten. China, Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und die EU, sie alle wollten an dem Papier festhalten. Setze sich Trump darüber hinweg, treibe er einen Keil in die Allianz mit den Europäern und lasse die Iraner moralisch auf dem hohen Ross sitzen, während die Chancen für Atomgespräche mit Nordkorea drastisch sinken würden. "In Pjöngjang wird man davon ausgehen, dass die USA ihre Zusagen nicht einhalten", schreibt Sherman, Obamas Chefunterhändlerin für den Nukleardialog mit Teheran.

Hier Cotton, dort Sherman, es sind die Pole einer Debatte, die freilich auch jede Menge Nuancen kennt. Folgt man Cottons Logik, dann hat der Kontrakt den Iran nur ermuntert, im Nahen Osten noch aggressiver aufzutreten als zuvor, durch die kompromisslose Unterstützung der libanesischen Hisbollah, die Hilfe für den syrischen Autokraten Bashar al-Assad, durch Waffenlieferungen an schiitische Rebellen im Jemen. Worauf Sherman entgegnet, gerade wegen Teherans aggressiver Nahostpolitik sei das Atomabkommen so nötig gewesen: Ein nuklear bewaffneter Iran würde die regionale Stabilität schließlich noch viel mehr gefährden. Zudem geht es bei dem Dissens um den Blick auf das Jahr 2025, wenn die ersten Beschränkungen für das iranische Nuklearprogramm auslaufen.

Obamas Administration hat sich auch deshalb auf die sogenannte Sonnenuntergangsklausel eingelassen, weil sie dem Prinzip "Wandel durch Annäherung" vertraute. In dem Maße, in dem alte Feindbilder aufweichen, würden sich in Teheran gemäßigte Kräfte durchsetzen, Jüngere, denen der Sinn nach besseren Beziehungen mit dem Westen stehe, nicht nach dem Besitz eines Atomarsenals.

Im Interesse der USA

Für Falken wie Cotton sind das "Fantasievisionen" naiver Weltverbesserer. In Wahrheit, orakelt der Senator aus Arkansas, werde der Iran in dem Moment zur Nuklearmacht, in dem die Beschränkungen wegfielen. Ganz legal, den Westen austricksend.

Vereinfacht gesagt, teilt Trump die Weltsicht eines Tom Cotton. Nur ist eben längst nicht jeder in seinem Kabinett bereit, sie zu übernehmen. Verteidigungsminister James Mattis beantwortete die Frage, ob der Deal im nationalen Interesse des Landes liege, neulich mit einem eindeutigen Ja. Ähnlich sieht es Außenminister Rex Tillerson, der gleichwohl von inakzeptablem Verhalten des Iran im Nahen Osten spricht. Ob Trump mit Blick auf Leute wie Mattis und Tillerson ein Türchen zum Kompromiss offen lässt – dies ist die entscheidende Frage dieser Woche. (Frank Herrmann aus Washington, 11.10.2017)