Seit Jahren werden Videotheken in Wien geschlossen.

Foto: Standard/corn

Die rosigen Zeiten für Videotheken sind schon seit Jahren vorbei. "Nun haben auch noch die älteren Stammkunden rausgefunden, dass es Netflix gibt", sagt die Mitarbeiterin einer Wiener Videothek, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, zum STANDARD: "Es schaut überhaupt nicht gut aus, gegen Netflix kommen wir nicht an." Ihre Blütezeit erlebten Videotheken in den 1980er- und 1990er-Jahren. Damals gab es sie fast an jeder Ecke. Selbst in kleinen Ortschaften konnte man sich Videokassetten oder DVDs gegen eine Leihgebühr ausborgen. Diese betrug in den 1980er-Jahren 30 Schilling pro Leihtag – heute sind durchschnittlich 1,50 Euro zu bezahlen,

Schwarzmarkt rief Verein gegen Antipiraterie auf den Plan

Der Absturz der Branche begann aber lange schon bevor Netflix und andere Streamingdienste in Österreich starteten. Als Anfang der 2000er-Jahre Internetleitungen schneller und billiger wurden, sparten sich immer mehr Cineasten den Weg in die Videothek und luden einfach Kinofilme aus dem Netz herunter oder kauften sie auf Flohmärkten für wenig Geld. Zusätzlich tauchten in Lokalen zu nächtlicher Stunde Händler auf, die aktuelle Blockbuster für wenig Geld anboten.

Razzien auf Flohmärkten

Bei diesen Kopien handelte es sich nicht um handelsübliche DVDs, sondern um qualitativ eher minderwertige Video-CDs, meist zwei CDs pro Film. An dem einfarbigen Aufdruck auf den CDs und an den billigst hergestellten Farbkopien, die als Cover für die Plastikhülle dienen, waren sie leicht zu erkennen. Sie wurden je nach Aktualität um einen Preis von fünf bis acht Euro angeboten. Dieser Schwarzmarkt rief auch regelmäßig den Verein gegen Antipiraterie der Film- und Videobranche (VAP) auf den Plan, der gemeinsam mit privaten Sicherheitsdiensten Razzien auf Flohmärkten durchführte und Händler mit Anzeigen eindeckte.

Diese Zeiten sind mittlerweile vorbei. Heruntergeladen wird zwar noch immer, aber durch Netflix, Sky und Amazon wird es immer weniger attraktiver. Noch weniger interessiert es Konsumenten heutzutage, in eine Videothek zu gehen. Das zeigt sich allein in der Anzahl der Geschäfte. Vor zehn Jahren gab es in Wien etwa 120 Videotheken, heute sind es "unter zehn, österreichweit weniger als 100", sagt Wolfgang Krejcik von der Wirtschaftskammer zum STANDARD. Einst "gab es tausende", aber heute "kann kaum jemand vom Verleih von Filmen leben". Deswegen setzen die letzten Anbieter "auf Zusatzdienste wie Paketannahmen", so Krejcik, der als Obmann für den Elektrohandel in der Wirtschaftskammer arbeitet.

Filme für Erwachsene

Dazu kommen noch einige Verleihstellen, die ausschließlich Filme für Erwachsene anbieten. Pornos waren einst für Videotheken ein gutes Geschäft, da es für viele Seher einfach war, an solche Filme zu kommen. In den Videotheken wurden sie hinter dicken Vorhängen angeboten. Heute werden Pornos nur mehr selten ausgeborgt, da das Internet ein riesiges (Gratis-)Angebot bereithält.

Das DVD-Angebot einer Videothek.
Foto: Standard/Hendrich

Einige Anbieter, die sich auf bestimmte Themen spezialisiert haben, wird es wohl auch noch in einigen Jahren geben – aber die Branche hat sich mehr oder weniger selbst schon aufgegeben. "Wenn ein Junger zu mir käme, der eine Videothek aufmachen will, würde ich seinen Mut bewundern", sagt Krejcik. (Markus Sulzbacher, 15.10.2017)