A1-Headquarter in Wien: Moderatorin Karin Bauer (STANDARD) befragte bezüglich der Herausforderungen der Start-up-Szene (v. li.) Andreas Kern (Gründer und CEO Wikifolio), Michael Altrichter (Business-Angel), Werner Wutscher (Business-Angel), Dahlia Preziosa (Österreichische Post) und Selma Prodanovic (AAIA).

Foto: Regine Hendrich

"Vor ein paar Jahren noch eine Wüste, jetzt gibt es ein paar Oasen": Mit Videostatements aus der österreichischen Start-up-Szene wurde die fünfte Geburtstagsfeier der Austrian Angel Investors Association (AAIA), eines Netzwerks von Investoren, eröffnet. Überhaupt war der Abend im A1-Headquarter in Wien der Frage gewidmet: "Start-up-Szene: Quo vadis?"

In Österreich werden jährlich laut Angaben der Wirtschaftskammer zwischen 500 und 1000 Start-ups gegründet. Gemäß Start-up-Report Österreich sind das Unternehmen, die jünger als zehn Jahre sind, ein signifikantes Umsatzwachstum aufweisen oder besonders innovativ sind.

"Heute setzen sich zumindest schon viele Politiker damit auseinander", sagt Werner Wutscher, Business-Angel und im Vorstand der AAIA, bei einer anschließenden Podiumsdiskussion. Sie hätten erkannt, dass die jungen Unternehmen Jobs schaffen und der Wirtschaft helfen. Nach zwei Jahren beschäftigen Start-ups durchschnittlich bereits neun Mitarbeiter, zeigt der aktuelle Start-up-Monitor.

Das Thema werde auch in Massenmedien prominenter. Ob ihm nun überall, wo er hinkommt, Rosen gestreut würden? Andreas Kern, Gründer und CEO der Social-Trading-Plattform Wikifolio, verneint: "Tatsächlich hauptsächlich in Deutschland." Dort sei er von Beginn an zu Diskussionen über die Zukunft von Fintechs eingeladen worden. Bei der Gründung sei er tatsächlich auch auf viel Widerstand gestoßen.

Gründung bis zum Verkauf

Wo aktuelle Schwachstellen liegen? Es gelte, mehr über die Finanzierung eines Unternehmens "über den gesamten Lebenszyklus hinweg" nachzudenken, sagt Wutscher. In Österreich gebe es bereits gute Frühförderung, dann versiege aber oft das Geld. Man solle nicht nur bei der Gründung unterstützen, sondern bis zum "Exit", also bis die Investoren oder ursprünglichen Gründer des Unternehmens ihre Anteile verkaufen.

Für Business-Angel Michael Altrichter, der an 35 solcher jungen Unternehmen beteiligt ist, ist es notwendig, "insgesamt mehr Kapital in Start-ups zu bringen". Momentan würden 100 Millionen Euro pro Jahr investiert. "Das müssen wir verzehnfachen", sagt Altrichter.

Role Models seien wichtig, ergänzt "Business-Angelina" Selma Prodanovic, die bereits mehrere Hundert solcher neuer Firmen aus den Startlöchern gehoben hat. Prodanovic ist Mitgründerin und im Vorstand von AAIA. Als Mitglied des European Business Angel Network hält sie internationale Vernetzung für entscheidend – auch des Geldes wegen.

Nachdem im September Austrian Start-ups, ein Verein, der sich als das Sprachrohr der Start-ups versteht, Empfehlungen an die Politik formulierte, folgen nun die Investoren mit einem Forderungskatalog (siehe unten). Er enthält neben steuerlichen Anreizen für Geldgeber etwa auch eine eigene Rechtsform.

Weniger Life-Style

Um endgültig kein Minderheitenprogramm mehr zu sein, müsse man "mit der Gesamtgesellschaft in den Dialog treten", sagt Wutscher. Für die Zukunft der Szene formuliert er: "Es ist Zeit, erwachsen zu werden. Wir müssen zeigen, dass wir nicht die 'crazy nice crowd' sind, die irgendwo herumgurkt und immer lustig und innovativ ist und tolle Feste feiert – sondern dass wir einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft leisten können, etwa beim Thema Digitalisierung."

Oder wie es Markus Raunig, Geschäftsführer von Austrian Start-ups in seinem Videostatement ausdrückt: "Start-ups müssten in Österreich denselben Stellenwert bekommen wie Skifahren." Er will den Bereich zudem aus der "Lifestyle"-Ecke herausholen. Dass die Mehrheit der Start-ups vermutlich keine Super-Cashbringer sein werden, gehört wohl auch dazugesagt.

Auch darüber, wie sich die Grenzen zwischen Start-ups und Großunternehmen sukzessive auflösen, wurde gesprochen. Immer mehr Konzerne holen sich nämlich die jungen Unternehmen ins Boot, Beispiele sind A1 oder die Österreichische Post. Dort sei "dieser flotte Umgang gewünscht", sagt Dahlia Preziosa, Innovationsmanagerin bei der Post. Sie erklärt auch, warum: "Wir sind als großer Tanker oft nicht so schnell. Start-ups helfen uns, den Kurs nicht zu verlieren." Man brauche frische Ideen für Innovationen. (Lisa Breit, 15.10.2017)