Die Laufzeit des aktuellen Deutschförderpaket endet mit 2017. Ab 2018 werden die Regelungen des neuen Integrationsgesetzes gelten. Kritiker meinen, dass dadurch Deutschlernstrukturen im Land zerstört werden.

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St. Pölten / Wien – Bei den Anbietern von Alphabetisierungs- und Deutschkursen für Asylwerber in Niederösterreich herrsche Untergangsstimmung, schildert die dortige Grünen-Klubofrau Helga Krismer. Denn den Trainern der beiden im Auftrag des Landes tätigen Vereine drohe ein baldiges Ende der Beschäftigungsverhältnisse.

"Laut Land dürfen nach dem 15. Dezember keine neuen Kurse mehr anfangen. Für 2018 gibt es auch keine Finanzierungszusagen mehr", sagt Krismer. Ändere sich an dieser Situation nichts, müssten die insgesamt etwa 30 Sprachlehrer wegen der arbeitsrechtlichen Fristen während der letzten, im Dezember startenden zehnwöchigen Kurse von den Vereinen gekündigt werden. Derzeit nehmen in Niederösterreich rund 700 Asylwerber an den Kursen teil, die zu 60 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent vom Land finanziert werden.

Mit den Kündigungen, so Krismer, würden auch die in den vergangenen zwei Jahren aufgebauten Deutschlernstrukturen im Land zerstört. Diese eröffnen Asylwerbern mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit des Schutzantrags – Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak, Iran und Afghanistan – Chancen auf rasche Aneignung der Landessprache.

Kurse seit Jänner 2016

Gestartet wurden die Landes-Kurse Anfang 2016, zum Höhepunkt der großen Fluchtbewegung, im Rahmen eines Deutschförderpakets für Asylwerber in ganz Österreich. Der damals leitende Gedanke: Da viele Asylwerber Schutz erhalten und bleiben würden, müsse man ihre Deutschaneignung forcieren. Denn das Erlernen der Sprache des Asyllandes fällt Menschen umso schwerer, je später nach der Ankunft sie damit beginnen.

Die Laufzeit von besagtem Deutschförderpaket war mit Ende 2017 begrenzt. Ab 2018 werden die Regelungen des neuen Inte grationsgesetzes gelten. Dieses überträgt die Verantwortung für Deutschkurse anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter an das Außen- und das Sozialministerium. Für deren Durchführung ist künftig der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) zuständig.

Auch die Alphabetisierungs- und A1-Deutschkurse für Asylwerber wird der ÖIF ab 2018 vielerorts organisieren. Doch nicht in Niederösterreich, wie beim zuständigen Landesrat und Vorsitzenden der Landes-SPÖ, Franz Schnabl, zu erfahren ist. Träger der Maßnahmen werde weiter das Land sein, heißt es aus dessen Büro auf Standard-Anfrage hin.

Offen ist auch die künftige Finanzierung der Asylwerberkurse, und zwar bundesweit. Ob, wie im Büro Schnabl befürwortet, die bisherige Kostenteilung zwischen Bund und Ländern weiterläuft, soll bei der Tagung der Landesflüchtlingsreferenten kommenden Freitag im Tiroler Hall besprochen werden. Ob es für die niederösterreichischen Sprachlehrer rechtzeitig zu einer Einigung kommt, ist somit unklar.

Hinzu gesellt sich ein weiteres Problem. Deutschlernen dürfen, wie gesagt, nur Flüchtlinge, die gute Chancen auf Asylanerkennung haben. Welche Herkunftsstaaten das betrifft, bestimmt das Innenministerium per Verordnung. Dazu hat es bis 31. März 2018 Zeit.

Erst dann wird man abschätzen können, wie viele Alphabetisierungs- und Deutschkurse für Asylwerber es künftig überhaupt braucht: laut der Grünen Krismer "ein Schildbürgerstreich". (Irene Brickner, 14.10.2017)