Werbung mit Frauen als Blickfang ohne Produktbezug ist für die deutsche Organisation Pinkstinks sexistisch. Der österreichische Werberat und die Wiener Werbewatchgroup sehen das genauso.

Foto: Markus Abele / Pinkstinks

Wien/Berlin – Eine Frau mit ostasiatischem Aussehen rekelt sich in Unterwäsche neben einer Pizza. Darüber steht "fernköstliche Versuchung". Die deutsche Organisation Pinkstinks hat diese Werbung auf ihrer neuen Website werbemelder.in als sexistisch eingestuft. Am elften Oktober, dem Welt-Mädchentag, veröffentlichte Pinkstinks sein neues Monitoringprojekt: Fähnchen auf einer Deutschlandkarte markieren sexistische oder stereotype Werbung. Klicken Nutzer auf das Fähnchen über der Stadt Leipzig, so erscheint zum Beispiel die genannte Werbung einer Pizzeria.

Nackte Haut nicht per se sexistisch

Auch der österreichische Werberat stuft das Zeigen nackter Körper meist als geschlechterdiskriminierend ein, sagt Präsident Michael Straberger. Es komme aber darauf an, ob ein Bezug zum Produkt besteht. Wenn eine Werbung für Bademode nackte Haut zeigt, sei das etwa meist kein Problem.

Der Werberat vertritt das Prinzip der Selbstregulierung: Die Sensibilisierung von Bevölkerung und Unternehmen sei laut Straberger die wirksamste Methode im Kampf gegen frauenfeindliche Werbung. Binnen zwölf Monaten wurden elf Aufforderungen zum Stopp eines Werbesujets ausgesprochen. Ob ein Unternehmen dieser Aufforderung folgt, entscheidet es selbst. Die meisten Werbungen würden jedoch nach einer Rüge nicht mehr verwendet, sagt Straberger.

Kritik an Selbstregulierung

Anders sieht das Andrea Mautz-Leopold, stellvertretende Leiterin der Frauenabteilung (MA 57) der Stadt Wien: "Selbstregulierung allein funktioniert nicht. Wir sehen ja, dass es immer noch sexistische Werbung gibt." Sie befürwortet ein bundesweites Verbot frauenfeindlicher Werbung.

Mautz-Leopold ist zuständig für die Werbewatchgroup Wien, eine Initiative von Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und der Frauenabteilung, die Werbungen in Wien überwacht. Ähnliche Gruppen gibt es in Salzburg und Graz. Viele Firmen, die von der Werbewatchgroup kontaktiert werden, würden positiv reagieren und versprechen, künftig sensibler vorzugehen, sagt Mautz-Leopold: "Dass eine Kampagne zurückgezogen wird, passiert aber selten." Für die Werbewatchgroup ist oft auch die Darstellung tradierter Rollenbilder und unrealistischer Schönheitsideale frauenfeindlich. Zumindest eine Kennzeichnungspflicht für retuschierte Bilder würde Mautz-Leopold sich wünschen.

Pinkstinks hat sich jahrelang für ein deutschlandweites Verbot frauenfeindlicher Werbung eingesetzt. SPD-intern wurde ein solches zwar beschlossen, ins Wahlprogramm wurde es jedoch nicht aufgenommen. Das von der SPD geführte Frauenministerium fördert aber das Monitoringprojekt. Die Seite werbemelder.in ist für zwei Jahre budgetiert.

Pinkstinks prüft Beschwerden und versucht, Unternehmen mit Kritik unter Druck zu setzen. "Wir werden schauen, ob dabei herauskommt, dass es bessere Wege gibt als ein Verbot", sagt Pinkstinks-Geschäftsführerin Stevie Schmiedel. In Deutschland wird sexistische Werbung auch auf regionaler Ebene eingedämmt. Frankfurt wird ab 2018 den Verträgen über die städtischen Werbeflächen ein Verbot frauenfeindlicher Inhalte hinzufügen. In Bremen und in einzelnen Berliner Bezirken gibt es ähnliche Verbote.

Verbot in Wien nicht möglich

Mautz-Leopold sieht bei den österreichischen Gemeinden und Ländern keine gesetzliche Kompetenz, Werbungen zu untersagen. In Wien gäbe es keine städtischen Werbeflächen, die mit kommerzieller Werbung bespielt würden. "Die Stadt Wien fördert Bewusstseinsbildung. Ein Verbot kann aber nur auf Bundesebene beschlossen werden", sagt sie.

Michael Straberger ist gegen ein Verbot. Gerichtsverfahren dauern im Schnitt länger als eine Werbekampagne. Der Werberat sei effizienter, da Beschwerden in wenigen Tagen abgehandelt würden. (Anastasia Hammerschmied, 15.10.2017)