Christoph Leitl leitet nun die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin ein.

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Wirtschaftsminister Harald Mahrer, der Rückendeckung von Sebastian Kurz hat, werden Ambitionen nachgesagt.

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Der Steirer Josef Herk hat bereits klar deponiert, Interesse zu haben.

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Der Wiener Landeskammerpräsident Walter Ruck (rechts) würde ebenfalls gerne das Ruder bei der WKO übernehmen.

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Martha Schultz hat bereits wiederholt abgesagt, dennoch wird sie weiter an der Gerüchtebörse gehandelt.

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Wien – Die Nationalratswahl ist geschlagen, nun werden ÖVP-intern wieder Personalfragen diskutiert, die in den vergangenen Monaten unter der Decke gehalten wurden. Am Mittwoch tagte das Präsidium des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Auf der Tagesordnung: natürlich das Aufregerthema Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, die bei der letzten Nationalratssitzung drei Tage vor der Wahl gegen die ÖVP beschlossen wurde. Aber auch: Wann macht der 68-jährige Christoph Leitl Platz an der Spitze des Wirtschaftsbundes – und vor allem an der Spitze der Wirtschaftskammer?

Wie berichtet wird im Wirtschaftsflügel seit Monaten versucht, Leitl zu einem vorzeitigen Abgang zu bewegen. Gewählt wäre er bis 2020, der Oberösterreicher wollte eigentlich noch die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 in Amt und Würden begleiten. So lange wollen einige Landeskammern aber nicht warten, Druck wird vor allem in Wien, Niederösterreich und der Steiermark gemacht, die auch mit Leitls jüngster Kammerreform unzufrieden waren, weil unklar ist, wie die Sparziele von 135 Millionen bis 2019 erreicht werden sollen.

Aufregerthema Mindestlohn

Zudem wird Leitl vorgeworfen, unnötigerweise eine Grundsatzeinigung mit der Gewerkschaft abgeschlossen zu haben, wonach bis 2020 möglichst in allen Branchen ein Mindestlohn von 1.500 Euro umgesetzt sein soll.

Am Mittwoch wurde daher über die weitere Vorgangsweise beraten. Der Wunsch der Kritiker, Leitl noch heuer zur Aufgabe der Wirtschaftsbundspitze zu überreden, wird aber wohl nicht in Erfüllung gehen. Immerhin soll die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin nun aber in Angriff genommen werden. Der Präsident will allerdings selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen und einen "aktiven Part" dabei spielen, wird in seinem Umfeld betont. Heißt: Leitl werde nun eine "Sondierungsphase" einleiten, um sich alle Überlegungen anzuhören und dann selbst einen Vorschlag zu machen.

Regierungsverhandlungen abwarten

Auf einen konkreten Fahrplan will sich der Präsident noch nicht festlegen. Vorerst gelte es, das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abzuwarten, sagt ein Vertrauter. Da es FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wohl nicht eilig habe, rechnet man in der Kammer nicht mit einer Angelobung deutlich vor Weihnachten. Erst dann wird man wissen, wie die Regierung aussieht und ob zum Beispiel Harald Mahrer noch Minister sein wird.

Der derzeitige Wirtschaftsminister ist nämlich einer, dem Ambitionen auf die Leitl-Nachfolge nachgesagt werden. Der Kärntner versteht sich bestens mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der bereits mehrfach betont hat, die Kammer müsse serviceorientierter werden. Kurz wäre natürlich froh, einen Vertrauten in der Kammer zu haben. An der Spitze des ÖVP-Arbeitnehmerflügels sitzt mit August Wöginger (42) bereits ein Kurz-Mann. Er wird wohl auch der nächste ÖVP-Klubobmann. Auch beim Bauernbund fand im Sommer ein Generationenwechsel statt. Der 46-jährige Georg Strasser löste Langzeitpräsident Jakob Auer (69) ab.

Mehrere Anwärter

Wohin die Reise im Wirtschaftsbund geht, ist noch nicht klar. Denn Mahrer ist nicht der einzige Kandidat. Der steirische WKO-Landespräsident Josef Herk (57) deponierte vor zwei Wochen in der "Steirerkrone": "Ja, ich kann's mir vorstellen." Und auch der Wiener Landespräsident Walter Ruck lässt keine Zweifel daran, sich für einen geeigneten Präsidenten der Bundeskammer zu halten.

Allerdings: Eine Mehrheit im Wirtschaftsbund – er ist die mit Abstand stärkste Fraktion in der Kammer – hat noch keiner. Daher wird auch noch immer die Tirolerin Martha Schultz, von der Leitl viel hält, kolportiert. Sie führt mit ihrem Bruder das Familienunternehmen Schultz-Gruppe, zu dem mehrere Skigebiete, Hotels und ein Golfplatz gehören. Bisher hat die 54-Jährige stets abgewunken – immer mit dem Argument, die WKO-Präsidentschaft sei zeitlich nicht mit ihren unternehmerischen Verpflichtungen vereinbar. Auch einen Staatssekretariatsposten (jenen von Mahrer) soll sie in der Vergangenheit bereits ausgeschlagen haben.

Gerechnet wird nun damit, dass Leitl im ersten Quartal 2018 die Wirtschaftsbundspitze übergibt und sich im Sommer als Kammerpräsident zurückzieht. Eine Funktion bleibt ihm aber jedenfalls: Mit 1. Jänner übernimmt er die Präsidentschaft der Europäischen Wirtschaftskammern, Eurochambres. Die Periode dauert bis 2020 – unabhängig davon, ob er in Österreich noch Präsident ist. (Günther Oswald, 18.10.2017)