Bisherige Funde und genetische Studien sprechen dafür, dass Homo sapiens vor rund 100.000 Jahren allmählich begann, sich über die Erde auszubreiten. Die Farben repräsentieren unterschiedliche mitochondriale Haplogruppen.
Illustr.: Bwd

Tucson/Wien – Die Wiege der Menschheit liegt im südlichen Afrika, darin stimmen mittlerweile die meisten Wissenschafter überein. Wann Homo sapiens den Kontinent verlassen hat, um sich über den Rest der Welt auszubreiten, ist dagegen weit weniger klar. Man nimmt jedoch an, dass die Hauptphase der Auswanderung vor 70.000 bis 55.000 Jahren stattfand. Dabei dürfte laut genetischen Untersuchungen etwa ein Fünftel der damaligen Population das Rote Meer überquert haben.

Aus Afrika fortgelockt

Was den modernen Menschen dazu verführt hat, seine ursprüngliche Heimat zu verlassen, ist ebenso umstritten. Eine weithin anerkannte Theorie geht davon aus, dass feuchte klimatische Verhältnisse für die Entstehung eines grünen Korridors sorgten, der dem Menschen den Weg nach Asien und Europa geebnet hat. Die Aussicht auf neue, reichhaltige Nahrungsquellen könnten ihn also gleichsam aus Afrika fortgelockt haben.

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Prähistorische Felsmalereien vom Ennedi Plateau im heutigen Tschad belegen, dass weite Teile Afrikas mehrmals in den letzten Jahrtausenden klimatischen Veränderungen unterworfen waren. In diesem Fall sprechen die steinzeitlichen Kunstwerke dafür, dass die Sahara einst eine grüne Landschaft war.
Foto: THIERRY BERROD/ Science Photo Library / picturedesk.com

Nun aber ist ein Team um Jessica Tierney von der University of Arizona in Tucson auf Hinweise gestoßen, die eine etwas andere Geschichte über den menschlichen Exodus aus Afrika erzählen. Die im Fachjournal "Geology" präsentierten Analysen von bis zu 200.000 Jahre alten Sedimentbohrkernen vom Meeresboden im Golf von Aden vor der Küste Somalias ergaben nämlich keinerlei erkennbare Anzeichen für feuchtes Klima für jene Zeit, als sich der Mensch über die Grenzen seines angestammten Kontinents hinaus ausgebreitet hat.

Von Trockenheit vertrieben

Stattdessen entdeckten die Forscher in den Proben aus pflanzlichen Überresten charakteristische Merkmale, die für eine längere regenarme Periode in der fraglichen Ära sprechen. "Ob Klimaveränderungen den Menschen zur Flucht getrieben haben, wird schon lange diskutiert", sagt Tierney. "Unsere Daten sprechen sehr dafür und lassen vermuten, dass damals im Nordosten Afrikas auf einen feuchten Zeitabschnitt ein sehr trockenes und kühleres Klima gefolgt ist, dem der Mensch wohl entkommen wollte." (tberg, 19.10.2017)