STANDARD: Der Vorstand der SPÖ hat beschlossen, auch mit der FPÖ Gespräche zu führen. Von Bürgermeister Michael Häupl kam ein Nein zur Koalition mit der FPÖ. Wo stehen Sie?

Ludwig: Wir haben uns geeinigt, mit allen Parteien Gespräche zu führen. Ich stehe dazu, dass Bundesparteivorsitzender Christian Kern legitimiert ist, Sondierungsgespräche zu führen. Das sind keine Koalitionsverhandlungen. Der Beschluss ist mit Ausnahme von drei Stimmen aus den Jugendorganisationen gefällt worden.

STANDARD: Es gibt einen Parteitagsbeschluss gegen eine Koalition mit der FPÖ. Soll die SPÖ sich öffnen?

Ludwig: Wir haben unsere Grundsätze und Vorstellungen, die wir durchsetzen möchten. Wir haben gesagt, das Schlimmste für Österreich ist eine schwarz-blaue Bundesregierung. Wenn man, wie ich, dieser Meinung ist, muss man sich überlegen, was es dagegen zu tun gibt. Wenn Schwarz-Blau das Schlechteste ist, sollten wir darüber nachdenken, ob es andere Optionen gibt.

STANDARD: Die SPÖ hat in Wien bei der Nationalratswahl zugelegt. Stärkt das die Position in der Bundespartei?

Ludwig: Das war eine Bundes- und keine Landtagswahl. Es ist nicht ausschlaggebend, in welcher Relation man zur Wahl davor steht, sondern wie viele Stimmen man ins Gesamtergebnis einbringt. In Wien war Christian Kern zudem wie auch im Bund Spitzenkandidat. Offensichtlich ist das Angebot im urbanen Raum besser angenommen worden.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig will, anders als Stadtchef Michael Häupl, Rot-Blau als Option im Bund nicht völlig ausschließen: "Wenn Schwarz-Blau das Schlechteste ist, sollten wir darüber nachdenken, ob es andere Optionen gibt."
Andy Urban

STANDARD: Die großen Bezirke, etwa Ihr Bezirk Floridsdorf, haben prozentuell aber verloren.

Ludwig: Man spielt im Fußball auf Tore und nicht auf Gurkerln, und bei einer Wahl geht es um Stimmen und nicht um die prozentuelle Veränderung. Wenn man sich den Stimmenanteil für die SPÖ in den Bezirken ansieht, ist dieser stark verteilt. Mein Bezirk liegt in der Mitte. Prozentuell legt man leichter zu, wenn man vorher weniger Stimmen hatte.

STANDARD: Seit Monaten wird öffentlich diskutiert, wer Wiener SPÖ-Chef werden soll. Ist das gut so?

Ludwig: Das ist die Entscheidung, die Bürgermeister Häupl zu treffen hatte. Er wird wissen, warum er diesen Weg gewählt hat.

STANDARD: Im Frühjahr dieses Jahres gab es ein Treffen zwischen Häupl, Ihnen und unzufriedenen Bezirksvertretern, die eine rasche "Nachfolgeregelung" verlangt hatten. Kurze Zeit später hat Häupl seinen Rücktritt nach der Nationalratswahl bekanntgegeben. Wurde er gedrängt?

Ludwig: Die Partei hat ihn nicht gedrängt. Einen bestimmten Zeitraum vor der Landtagswahl gilt es inhaltliche und personelle Angelegenheiten zu klären. Es ist wichtig, dass man das in einer Partei bespricht.

Die Partei hat Häupl nicht zum Rücktritt gedrängt, sagt Ludwig.
Andy Urban

STANDARD: Sie haben klar gesagt, dass Sie neuer Wien-Chef der SPÖ werden wollen.

Ludwig: Man sollte nicht hinter geschlossenen Türen agieren. Die Diskussion gibt es, seit klar ist, dass Häupl die Funktion vor der Wien-Wahl 2020 übergibt. Er selbst hat gesagt, er würde nicht in die Diskussion eingreifen. Ich lese in Zeitungen, dass es fast täglich neue Kandidaten gibt, die sich aber offensichtlich nicht entscheiden können, das auch zu artikulieren.

STANDARD: Wollen Sie, dass sich jemand artikuliert?

Ludwig: Mir ist das egal. Entscheidend ist für mich der Landesparteitag. Vielleicht gibt es jemanden, der entscheidungsschwach ist und sich in der Öffentlichkeit noch nicht bewerben kann. Man wird sehen, wer auf dem Parteitag auf der Bühne steht.

STANDARD: Sie stehen, weil Sie sich so früh ins Rennen gebracht haben, immer wieder in der Kritik.

Ludwig: Ich höre immer nur anonyme Wortspenden.

STANDARD: Tanja Wehsely, stellvertretende Klubvorsitzende der SPÖ, sagte: "Die Art der Diskussion, wie sie von der Gruppe um Ludwig geführt wurde, kann nicht zum Erfolg führen."

Ludwig: Mag sein. Da bin nicht ich persönlich gemeint, sondern Personen, die mir zugeordnet werden. Ich weiß auch nicht, wer diese Gruppe um Ludwig sein soll.

STANDARD: Stadträtin Sandra Frauenberger bezeichnete Sie als "derzeit keinen einenden Kandidaten".

Ludwig: Derzeit ist kein Landesparteitag, sondern am 27. Jänner.

Ludwig zu möglichen Rivalen um die Häupl-Nachfolge: "Vielleicht gibt es jemanden, der entscheidungsschwach ist und sich in der Öffentlichkeit noch nicht bewerben kann. Man wird sehen, wer auf dem Parteitag auf der Bühne steht."
Andy Urban

STANDARD: Wie wollen Sie es bis dahin schaffen, die Partei zu einen?

Ludwig: Ich habe auf vielen Parteitagen eine große Unterstützung bekommen. Beim letzten Mal war das anders, da sind alle Vorstandsmitglieder massiv gestrichen worden. Im Übrigen bin ich auch der Stadtrat, der im Gemeinderat mit Abstand die meisten Stimmen bekommen hat. Es wird eine Unterstützung geben.

STANDARD: Ihr Stimmenplus im Gemeinderat kommt von der Opposition, die auf dem Landesparteitag der SPÖ nicht abstimmen darf.

Ludwig: Es ist kein Nachteil, wenn man über Parteigrenzen hinweg populär ist. Das gilt auch für den Vertrauensindex, bei dem ich von den Wiener Politikern das beste Ergebnis habe. Das zeigt, dass es einen Teil in der Bevölkerung und der Partei gibt, der mich unterstützt.

STANDARD: Ist das die Mehrheit auf dem Landesparteitag?

Ludwig: Ich gehe davon aus.

STANDARD: Was kann die Wiener SPÖ von einem Parteichef Ludwig erwarten?

Ludwig: Das werde ich Ihnen erzählen, wenn es so weit ist.

STANDARD: Sollten Sie SPÖ-Chef werden, werden Sie wohl auch Bürgermeister. Was sind die Punkte, die Sie angehen würden?

Ludwig: Es gibt in der Stadt eine erfolgreiche Politik, aber auch große Herausforderungen: die Entwicklung des Arbeitsmarktes, der soziale Ausgleich, der sehr stark mit der Integrationsfrage verbunden ist, und die Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Michael Ludwig sieht eine Mehrheit auf dem Parteitag hinter sich. "Ich gehe davon aus".
Foto: Andy Urban

STANDARD: Schafft es die Wiener SPÖ, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen?

Ludwig: Ich warne davor, das inhaltliche und personelle Angebot der SPÖ zu verknappen. Es ist immer eine Stärke der SPÖ gewesen, sich breiten Gesellschaftsschichten zu öffnen. Ich sehe in den Unterschieden nicht nur Streit, sondern auch die inhaltliche Breite, die es in einer Bewegung wie der Sozialdemokratie gibt. Man muss aber die entsprechenden für die Öffentlichkeit wahrnehmbaren Punkte finden, die man kommuniziert. Ich warne davor, bei jeder Gelegenheit von Spaltung zu reden.

STANDARD: Häupl hat das Wort Spaltung in Bezug auf Rot-Blau verwendet.

Ludwig: Es gibt keine ernsthafte Diskussion über Rot-Blau, darum sehe ich nicht die Notwendigkeit, mit Spaltung zu drohen.