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John Kelly musste seinem Chef Donald Trump zu Hilfe eilen.

Foto: REUTERS/Yuri Gripas

Dass die "Boys in Uniform" auch im Niger im Einsatz sind, dürfte der amerikanischen Öffentlichkeit kaum bekannt gewesen sein. Die Nachricht kam also völlig überraschend, dass vier Elitesoldaten der Special Forces am 4. Oktober im Grenzgebiet zwischen dem Niger und Mali getötet wurden. Inzwischen hat sich daran heftiger Streit entzündet – wobei es weniger um die Gefallenen geht als vielmehr um die Frage, ob Präsident Donald Trump überhaupt zu Empathie in der Lage ist.

Offenbar war die US-Patrouille in einen Hinterhalt islamistischer Extremisten geraten; das Pentagon will die Hintergründe noch untersuchen. Einer der vier, Sergeant La David Johnson soll zum Schluss auf sich allein gestellt gewesen sein. Es soll 48 Stunden gedauert haben, bis Soldaten seine Leiche fanden.

Und Trump? Vor allem dreht sich die Kontroverse darum, ob er herzlos klang, als er Johnsons Witwe Myeshia sein Beileid aussprach; ob der Commander-in-Chief, der während des Vietnamkriegs mithilfe ärztlicher Atteste der Einberufung entging, aufrichtig kondolierte.

"Your Guy"

Jedenfalls rief er Myeshia Johnson erst an, als Journalisten schon fragten, warum er zwölf Tage nach der Attacke noch immer kein Wort darüber verliere. Sie habe Trumps Ton als respektlos empfunden, beschwerte sich kurz darauf Frederica Wilson, eine Kongressabgeordnete aus Florida, die mit der Witwe im Auto saß, als der Präsident zum Hörer griff: Er habe La David kein einziges Mal beim Namen genannt, sondern immer nur von "your guy" ("Ihrem Burschen") gesprochen. Und er habe gesagt, der Sergeant habe "gewusst, worauf er sich einließ, aber ich nehme an, es tut immer noch weh".

Trump reagierte, wie er oft reagiert, wenn er unter Druck gerät. Er ging via Twitter in die Offensive: Wilson habe das alles erfunden. Außerdem habe auch sein Vorgänger Barack Obama, wie die meisten US-Präsidenten, mit den Hinterbliebenen von Gefallenen nicht telefoniert. Letzteres stimmt so nicht. Und im Übrigen war es Obama, der Reportern nach langer Pause wieder den Zutritt zum Luftwaffenstützpunkt Dover erlaubte, wo die Särge mit Amerikas Kriegstoten ausgeladen werden.

Man möge seinen Stabschef John Kelly zu Obama befragen, zog Trump seinen Vorgänger voller Angriffslust in den Streit hinein. Ex-General Kelly hat 2010 selbst einen Sohn in Afghanistan verloren. Zunächst verzichtete er auf jeden Kommentar; dann aber trat er ans Rednerpult. Ja, Obama habe sich damals tatsächlich nicht bei ihm gemeldet. Das nehme er ihm jedoch nicht übel, zumal man gegenüber trauernden Angehörigen ohnehin nichts perfekt machen könne. Im Falle seines Sohnes habe General Joseph Dunford, heute Stabschef der US-Streitkräfte, die richtigen Worte gefunden. "Er tat genau das, was er tun wollte, als er getötet wurde", habe er gesagt. "Er wusste, worauf er sich einließ. (...) Er wusste, was passieren konnte, denn wir waren im Krieg."

Emotionaler Auftritt

Es sei bedauernswert, fügte Kelly hinzu, dass man heutzutage versuche, selbst aus seinem Soldatentod politisches Kapital zu schlagen. Wenigstens dies müsse doch sakrosankt bleiben.

So emotional der Auftritt des Ex-Generals war, die Kritik an seinem Vorgesetzten ist damit nicht verstummt: John McCain, einst Kriegsgefangener in Vietnam, will Detail für Detail wissen, was sich am 4. Oktober im Niger zutrug. Der Fall, so viel scheint sicher, wird noch Kreise ziehen. (Frank Herrmann aus Washington, 20.10.2017)