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Unter Verdacht: die Zikade.

Foto: AP/Dave Ellis/The Free Lance-Star

Die US-Regierung wirft den kubanischen Behörden vor, ihr Botschaftspersonal auf der Karibikinsel nicht ausreichend vor mysteriösen Schallattacken beschützt zu haben. Die Hälfte der US-Mitarbeiter der Vertretung in Havanna wurde deswegen abgezogen, 15 Mitarbeiter der kubanischen Botschaft in Washington des Landes verwiesen.

Seit November vergangenen Jahres sind demnach 22 US-Diplomaten in Kuba an mysteriösen Ohrenleiden erkrankt. Einige der Betroffenen hätten dauerhaft ihr Gehör verloren, teilte das US-Außenministerium mit. Andere Symptome seien Tinnitus, Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen gewesen.

Obwohl sich die ersten Attacken bereits 2016 ereignet haben sollen, waren bisher keine Aufzeichnungen der "Schallangriffe" bekannt, bis der Nachrichtenagentur AP Mitte Oktober Audiodateien zugespielt wurden.

In normaler Lautstärke abgespielt, ist die Aufnahme AP zufolge nicht gesundheitsgefährdend.
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Der Agentur zufolge wurde das Material dazu verwendet, Botschaftspersonal beizubringen, wie die Angriffe klingen. Außerdem erhielten mehrere Mitarbeiter Aufnahmegeräte, um die Ereignisse zu dokumentieren.

Eine Spektralanalyse der Aufnahme zeigt, dass diese aus etwa 20 verschieden hohen Frequenzen besteht, die großteils im Bereich von 7 Kilohertz liegen, einige liegen bei 3.000 Hertz. Konventionelle Mikrofone und Aufnahmegeräte können keine Tonsignale außerhalb des menschlichen Hörbereichs aufnehmen, ob die Schallattacken auch Infra- oder Ultraschall enthielten, ist also nicht bekannt. Nicht alle Amerikaner, die nach ihrem Kuba-Aufenthalt über Gesundheitsprobleme klagen, berichten laut AP, seltsame Töne gehört zu haben.

Eine kubanische Expertenkommission hat nun die Aufzeichnungen untersucht, berichtet die Zeitung "Granma". Die Kriminalisten und Mediziner geben an, dass es unmöglich sei, dass die US-Diplomaten in ihren Wohnungen von außerhalb in großen Lautstärken beschallt wurden, ohne dass Nachbarn und Anrainer etwas davon mitbekommen hätten oder ebenfalls erkrankt wären.

Die kubanischen Experten bei ihren Ermittlungen.
Foto: APA/AFP/CUBAN TELEVISION

Ein Vergleich der AP-Aufnahmen mit Aufzeichnungen aus einem Park in Havanna habe allerdings ergeben, dass Zikaden und Grillen im gleichen Frequenzbereich zirpen und dabei Schalldruckpegel von bis zu 95 Dezibel erreichen. Auch für das menschliche Ohr ist eine gewisse Ähnlichkeit zu erkennen (Zikadengeräusche hier).

Standbild aus dem im kubanischen Fernsehen ausgestrahlten Bericht.
Foto: APA/AFP/CUBAN TELEVISION

Exilkubaner: Folter mit Schallwaffen

Das rechtslastige US-Nachrichtenportal "Breitbart News" meldet, der in Miami lebende kubanische Dissident Luis Zúñiga habe die AP-Aufnahmen eindeutig wiedererkannt. Er sei während seiner 19-jährigen Haft in kubanischen Gefängnissen mit solchen Tönen aus "großen Lautsprechern" gefoltert worden, ein Mitgefangener sei sogar daran gestorben. Zuvor hatte Zúñiga behauptet, man habe ihn mit Tönen gequält, die "wie ein Kurzwellenradio, das auf keinen Sender eingestellt" sei, klängen. (bed, 30.10.2017)