Alan Fitzsimmons von der Queen’s University Belfast hat gemeinsam mit Kollegen das erste Foto des interstellaren Besuchers veröffentlicht.
Foto: Queen’s University Belfast

Belfast – Am 19. Oktober 2017 wurden Astronomen bei Beobachtungen mit dem 1,8-Meter-Teleskop PanSTARRS-1 auf der Hawaii-Insel Maui auf ein Objekt aufmerksam, das sich völlig anders benahm, als man es von den Kometen und Asteroiden gewohnt ist, die allnächtlich mit dem Instrument erfasst werden. Das zunächst für einen Kometen gehaltene und daher C/2017 U1 bezeichnet kleine Pünktchen schien mit 25,5 Kilometern pro Sekunde nicht nur schneller durch unser Sonnensystem zu fliegen als die meisten vergleichbaren Objekte, auch seine Flugbahn wirkte reichlich ungewöhnlich.

Rob Weryk von der University of Hawaii und Alan Fitzsimmons von der University of Belfast, die C/2017 U1 als erste entdeckt hatten, stellten daraufhin auf Grundlage ihrer Beobachtungen Berechnungen zur wahrscheinlichen Flugbahn dieses Objektes an und kamen zu einem sensationellen Ergebnis: "Die Bewegung dieses Objekts passt weder zu einem normalen Asteroiden noch zu der Flugbahn eines Kometen", so Weryk.

Nicht aus unserem System

Der Brocken stammt daher wahrscheinlich nicht aus unserem Sonnensystem – und wird wohl auch nicht lange bei uns bleiben. Die errechnete Hyperbelbahn spricht vielmehr dafür, dass C/2017 U1 ein interstellarer Besucher ist – es wäre der erste derartige Nachweis überhaupt.

Mittlerweile hat man das Objekt auch mit anderen Instrumenten ins Visier genommen, darunter mit dem 8,2-Meter-Teleskop des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile. Diese Untersuchungen ergaben auch sonst keinerlei Anzeichen dafür, dass es sich um einen Kometen handelt, weshalb das Minor Planet Center (MPC) in Cambridge, USA, den Brocken in A/2017 U1 umbenannte.

Beinahe senkrecht zur Ekliptik passierte A/2017 U1 das innere Sonnensystem und wurde dabei abgelenkt und beschleunigt
Illustration: NASA/JPL-Caltech

Senkrecht zur Ekliptik unterwegs

Die bisherigen Beobachtungen ergaben folgendes: A/2017 U1 besitzt einen Durchmesser von etwa 160 Meter, was seine geringe Helligkeit erklärt. Der Brocken dürfte ungefähr aus Richtung des Sternbilds Lyra gekommen sein und die Sonne am 9. September in einer Distanz von 37,6 Millionen Kilometern passiert haben. Den erdnächsten Punkt erreichte A/2017 U1 mit 24 Millionen Kilometern am 14. Oktober, blieb dabei aber unbemerkt. Einer der Gründe für seine schlechte Sichtbarkeit ist, dass das Objekt unser Sonnensystem nahezu senkrecht zur Erdumlaufbahn durchfliegt: Der Winkel gegenüber der Ekliptik beträgt 122 Grad.

Beschleunigt vom Swingby-Manöver mit der Sonne ist A/2017 U1 mit einer nunmehrigen Geschwindigkeit von 44 Kilometern pro Sekunde vermutlich wieder dabei, das Sonnensystem in Richtung des Sternbilds Pegasus zu verlassen. "Schon lange wird vermutet, dass solche Objekte existieren", meint Paul Chodas vom NASA Center for Near-Earth Object Studies (CNEOS). "Aber dies ist der erste direkte Nachweis. Bisher deutet alles darauf hin, dass dies tatsächlich ein interstellares Objekt ist."

Sollten weitere Beobachtungen die interstellare Herkunft des Objektes bestätigen, dann müssen für diese neue Klasse von Himmelskörpern auch neue Bezeichnungen entwickelt werden – gleichsam ein Namenssystem für interstellare Gäste. (tberg, 30.10.2017)