Nathan Murrell fotografierte Rupert Huber in der Badewanne, wo sich der Komponist ganz besonders wohlfühlt.

Foto: Nathan Murrell

Rupert Huber allein in der Wanne. Hier findet er totale Entspannung, hier ist der einzige Platz, an dem er zu Hause wirklich gerne sitzt.

Foto: Nathan Murrell

Der einzige Platz, an dem ich zu Hause wirklich gerne sitze, ist die Badewanne. Dort bekommt das Sitzen etwas Schwereloses.

Einfach formuliert ist Baden Totalentspannung. Es geht aber auch sehr stark um das Ritualhafte. Das fängt beim Einlassen des Wassers an und geht bis zu dem Punkt, an dem man den heißen Dampf des Wassers wie Nebelschwaden durchs Bad ziehen sieht. Klar hat Baden etwas mit Musik zu tun. Beim Projekt "Tosca", das ich mit Richard Dorfmeister seit vielen Jahren realisiere, geht es unter anderem um ambientartigen Sound. Wir nennen es auch Musik, die nichts will und niemanden zu irgendetwas auffordert – weder zum Tanzen noch zum Hinhören. Wir haben diese Musik mit dem Gefühl verglichen, das man verspürt, wenn man total relaxed in der Badewanne liegt. Deshalb bezieht sich das Stichwort Intimität im Bad in meinem Falle vor allem auf eine akustische, seelische Intimität.

Dadurch, dass ich Musik mache, entspanne ich mich vor allem ohne Musik, also in der Ruhe des Bades, wo ich so eine Art wohliges "Ursuppengefühl" erlebe. Dabei stört mich auch die Bahnhofsuhr über der Wanne nicht. Ich kann mich im Wasser gut von der Zeit abkoppeln. Ich betrachte das Baden als etwas sehr Analoges und liebe Wasser auch in jeder Form: als See, Meer, Teich, Bach, ganz egal. Auch als Regen. In der Nähe von Wasser ist irgendetwas einfach besser.

Ein wirklich entspanntes Bad zu nehmen kommt einem Anlass gleich. Es ist wie ein Kinobesuch oder essen gehen, aber halt zu Hause. Sehr wichtig ist dabei das Lesen. Ich habe eigene Badebücher. Die erkennt man daran, dass sie durch die Feuchtigkeit wellig geworden sind. Gute Badebücher sind zum Beispiel die Biografien, die Stefan Zweig geschrieben hat. Oder Krimis. Ein Glas Rotwein in der Wanne und ein Buch von Dashiell Hammett, das ich schon dreimal gelesen habe, ist das ideale Badeerlebnis. Ich hab es mit Lesevorrichtungen für die Wanne versucht, aber das funktioniert nicht. Man muss das Buch klassisch in der Hand halten.

Leider ist mein Ritual etwas durcheinandergekommen, weil ich mittlerweile eine Lesebrille benötige, die dazu neigt, zu beschlagen. Klar könnte ich ein iPad oder E-Book nehmen, aber ich stamme aus einer Generation, in der elektronische Geräte nichts in der Nähe der Badewanne zu suchen hatten.

Rotes Wasser

Unser Bad ist ein klassisches Familien-Badezimmer für zwei Erwachsene und vier Kinder, wobei zwei mittlerweile ausgezogen sind. Da schaut man nicht so auf das Styling. In erster Linie kommt es darauf an, dass alles bruch- und trittfest ist – und dicht. Vom Grundriss her ist das Bad wie viele in einem typischen Gründerzeithaus, also nicht besonders groß. Untypisch ist die Holzwand im Bad und die Licht-Spots an der Zimmerdecke.

Das schönste Badezimmer wäre für mich ein großer, mit Holz ausgekleideter, angenehm klingender Raum. In der Mitte stünde eine Badewanne, daneben ein Bücherregal und sonst nichts.

Was ich neben Büchern noch gern in der Wanne habe, sind Badezusätze, wobei mir die Farbe wichtiger ist als der Inhaltsstoff. Ich mag gern grüne oder rote Farbe. Das Wasser sollte möglichst heiß sein, Fruchtblasentemperatur ist ideal. Ja, ich denke schon, dass Baden eine Art Ur-Geborgenheitssgefühl vermittelt. So schön das Hineinsteigen in die Wanne ist, so wenig angenehm ist es, sie zu verlassen. Aus ihr zu steigen kann man gefühlsmäßig mit einem letzten Urlaubstag vergleichen. Irgendwann muss man raus. (Michael Hausenblas, RONDO, 9.11.2017)