Die türkische Journalistin Banu Güven.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – Die Türkei sei das "größte Journalistengefängnis der Welt", sagt Banu Güven beim Journalistinnenkongress in Wien. Mehr als 150 Medienmitarbeiter sitzen hinter Gittern, die Vorwürfe lauten meist Terrorpropaganda oder Verbindung zu einer Terrororganisationen. Güven: "Es gibt keine Beweise, aber die Anklagen sind da."

Güven, bekannte Journalistin und Moderatorin in der Türkei, arbeitete zuletzt beim Sender IMC TV, der im September 2016 gemeinsam mit 20 anderen Medien von der Polizei geschlossen wurde. Wegen angeblicher "Gefährdung der nationalen Sicherheit". Jetzt verbreitet sie ihre Nachrichten über soziale Medien und die Plattform Habersizsiniz. Im Frühjahr 2017 wurde Güven für ihr journalistisches Engagement mit dem Sonderpreis des deutschen Henri-Nannen-Journalistenpreises ausgezeichnet.

"Gab immer gewisse Tabus"

"Journalisten hatten in der Türkei noch nie wirkliche Pressefreiheit", sagt sie. "Es gab immer gewisse Tabus." Bevor die AKP an die Macht kam, seien diese Tabus vom Militär bestimmt gewesen. Unter Präsident Erdogan sei die nationalistische Perspektive stärker. Heute könne man wegen eines Erdogan-kritischen Tweets ins Gefängnis kommen. Güven: "Es gibt keine Nachrichtensender mehr, die frei berichten dürfen." 90 Prozent der Printmedien seien regierungstreu.

Bedrohungen

Aber "je größer der Druck, umso größer der Widerstand", sagt Güven. Vor allem via soziale Medien. Aber genau dort würden auch die Trolle warten, die AKP-Anhänger, um freie unabhängige Journalisten zu terrorisieren. Sie und Kolleginnen seien dort massiv bedroht worden. Sie retweetet diese Posts nicht, will die Hetze nicht weitergeben. Auf Twitter hat sie mehr als 2,3 Millionen Follower.

Das Bild, das sie über Journalismus in der Türkei zeichnet, ist finster, "es gibt aber nach wie vor viele Journalisten, die kritisch berichten und mit kreativen Methoden für die Freiheit ihrer Kollegen weiterkämpfen". (red, 7.11.2017)