Eva-Maria Brem ist in der Zwangspause nicht fad geworden.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Dennoch freut sie sich auf die Rückkehr in den Schnee.

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Wien – "Du liegst auf der Piste und hoffst einfach nur, dass der Arzt gleich mit einem Schmerzmittel kommt." Eva-Maria Brem ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, als der Knacks kommt. Sie gewinnt den Riesentorlaufweltcup, sie wird zur Sportlerin des Jahres gewählt. Acht Tage nach der Ehrung, am 4. November 2016, fädelt sie beim Slalomtraining am Pass Thurn ein. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber dieser Einfädler hat äußerst unangenehme Folgen. Die Skikante habe plötzlich blockiert, schreibt Brem in ihrem Blog. "Es hat mir das Bein aus- und den Knochen im Schuh abgedreht – echt hässlich." Linkes Schienbein gebrochen, linkes Wadenbein gebrochen.

Der Arzt kam, das Schmerzmittel half. Der Frust war anfangs groß. Dennoch: "Für mich war immer klar, dass ich zurückkommen will, dass ich zurückkommen werde." Brem wusste ziemlich genau, was auf sie zukommen würde. Im April 2010 hatte sie sich dieselbe Verletzung zugezogen. "Natürlich zipft es dich an, dass du nicht Ski fahren kannst. Aber ich wusste, es wird wieder. Es wird lange dauern, es wird zach werden, aber es wird wieder." Ein Beinbruch sei keine Krankheit. Dieser Gedanke half.

Heilung ohne Komplikationen

Das Jahr hat Brem geprägt. Sie habe viel gelernt. "Ich versuche jetzt noch mehr, die schönen Seiten zu schätzen, aber ich schmeiße auch nicht die Nerven weg, wenn es einmal gegen mich läuft." Die Reha sei eine Riesenaufgabe gewesen. "Man kämpft jeden Tag damit, dass man den Glauben nicht verliert."

Die Heilung verlief ohne Komplikationen. Aber sie dauerte. Erst seit Sommer kann Brem wieder joggen. "Man kann nicht alles tun, was einem gerade in den Sinn kommt – das war das Schwierigste."

Im Mai stand sie erstmals wieder auf Skiern. Es sei kein richtiges Fahren gewesen. "Ich bin mit offenen Schuhschnallen dahingerutscht." Für Brem war das die schwierigste Phase der Reha. "Es verlief alles positiv, trotzdem konnte ich nicht die Ski anschnallen und so fahren, wie ich wollte. Ich hatte das Gefühl, ich muss mir jeden Millimeter erarbeiten." Alle zwei Wochen ging Brem ab Mai Ski fahren. Von Mal zu Mal ging es deutlich besser. Seit September trainiert sie mit Toren. "Vorher war das nicht möglich, vom Fuß her, von den Schmerzen her."

Ein Winter zu Hause

So mühsam der Weg zurück war, die 29-Jährige blickt auch gern zurück. Erstmals seit 13 Jahren verbrachte sie einen Winter zu Hause. "Natürlich wäre ich lieber Ski gefahren, aber ich habe es sehr genossen, daheim zu sein, jede Nacht im eigenen Bett zu schlafen." Weihnachten konnte sie in Ruhe feiern, und sie machte Dinge, für die sie davor nie Zeit hatte – Langlaufen zum Beispiel. Fad ist ihr nicht geworden. Und bange vor der Zeit nach der Karriere ist ihr auch nicht. "Ich habe gemerkt, da ist nichts, wovor ich Angst haben muss, wenn das Kapitel vorbei ist."

Das Kapitel ist noch nicht vorbei. Sölden kam zu früh. Da sie sich vorerst auf den Riesentorlauf konzentriert, ist auch der Slalom in Levi am Samstag für Brem kein Thema. Nächste Chance: der Riesentorlauf in Killington (USA) am 25. November. Brem macht sich keinen Stress, will in Form sein, wenn sie zurückkehrt.

Zurück aufs Podest

Im Februar will sie auch in Form sein – Olympia, Pyeongchang. Es wären Brems zweite Winterspiele nach Vancouver 2010, für Sotschi 2014 war sie nicht nominiert worden. Es war ein Dämpfer in der Karriere der Tirolerin. Noch im selben Winter schaffte sie aber ihre ersten beiden Podestplätze im Weltcup. Mittlerweile hält sie bei elf, dreimal gewann sie.

Natürlich will Brem wieder aufs Podest. Aber daran denkt sie nicht vordergründig. "Wenn ich zu meiner Qualität als Skifahrerin zurückfinde, dann erledigt sich das mit dem Podest von selbst."

Auf die Rennpisten zurückkehren wird Brem mit einem Nagel im Schienbein und Fischer- statt Völkl-Skiern. Im Frühjahr wechselte sie die Marke. Nach dem Jahr Auszeit fühlt sich Brem "topfit und frisch". Und reich an Erkenntnissen. "Es war ein aufschlussreiches Jahr." (Birgit Riezinger, 8.11.2017)