Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) ist mit Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert.

Foto: Matthias Cremer

Wien – "Der Bürgermeister geht. Ich werde bleiben", sagte Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou Anfang September im Interview mit dem STANDARD. Und: "Ich will die Grünen auch in die nächste Wahl führen." Diese Botschaft war klar nach innen gerichtet. Der interne Unmut gegenüber der Verkehrsstadträtin wird aber größer. Jetzt ist Vassilakou mit offenen Rücktrittsaufforderungen aus ihrer Partei konfrontiert.

"Geordneter Rückzug von Maria Vassilakou aus ihrer Stadträtinnenfunktion" heißt ein Antrag, der bei der 78. Landesversammlung der Grünen am 25. November zur Abstimmung gelangen soll. Bei der Versammlung soll auch gleich die Nachfolgerin oder der Nachfolger in diese Funktion gewählt werden, heißt es in dem Schriftstück, das dem STANDARD vorliegt. Eingebracht wurde es rechtzeitig zum Abgabetermin vor zwei Wochen von vier Grünen-Mitgliedern, darunter Alexander Hirschenhauser, grüner Klubchef in der Inneren Stadt.

"Bürgermeister Häupl tritt Anfang 2018 zurück. Das wäre eine gute Gelegenheit", sagt Hirschenhauser zu einem möglichen Rücktrittszeitpunkt für Vassilakou. "Wir brauchen einen neuen Regierungsstil in Wien, wenn wir nicht wie im Bund untergehen wollen. Wir müssen wieder unangenehm, eckig und unangepasst werden – auch gegenüber unserem Koalitionspartner, der Wiener SPÖ."

Positionierung gegen Heumarkt-Hochhaus

Hirschenhauser hatte sich im Zuge des Hochhausprojekts am Heumarkt klar gegen Vassilakou und die grüne Führung positioniert und eine Urabstimmung der Basis gegen das Bauvorhaben mitinitiiert. "Wir brauchen wieder mehr Profil", sagt Hirschenhauser. Grüne Kompromisse wie nach Hirschenhausers Ansicht das von der SPÖ forcierte Heumarkt-Projekt "müssen wir wieder klar als solche kommunizieren".

Jene Grüne, die den Antrag zum Vassilakou-Rücktritt bereits gesehen haben, hätten darauf mit "Zustimmung, aber auch Kritk" reagiert. Hirschenhauser ist dennoch "zuversichtlich", eine Mehrheit zu erhalten. Im Antrag heißt es etwa, dass die Wiener Grünen "nicht erst mit der Nationalratswahl massiv an Glaubwürdigkeit verloren" hätten. Eingebracht wurde der Antrag neben Hirschenhauser auch von Paul Kolm (Grüne Bildungswerkstatt), Luise Luksch (Grüne Margareten) und Elfriede Schuh, Vorstandsmitglied der Grünen Frauen Wien.

Vassilakou: "Natürlich trifft mich das"

Vassilakou reagierte schriftlich auf die Rücktrittsforderung: "Natürlich trifft mich das. Wenn wir uns jetzt, wo Zusammenhalt so wichtig wäre, durch gegenseitiges Misstrauen selbst lähmen, dann fällt das rot-grüne Projekt in Wien." Sie sehe die Kritik aber auch "als willkommene Gelegenheit zur Klärung".

Grüne Verärgerung über Vorgehen

Es habe schon immer "heikle oder skurrile" Anträge gegeben, zwei Wochen vor der Landesversammlung würden alle Anträge gesammelt den rund 3.000 Mitgliedern und Anhängern zugestellt, heißt es aus dem grünen Umfeld. Es sei Usus, erst dann medial darüber zu diskutieren. Dass dieses Vorgehen nun nicht eingehalten wurde und die Grünen über die Medien über die Rücktrittsaufforderung informiert würden, habe "viele verärgert".

Dass gerade Hirschenhauser zu den Federführern gehört, überrasche jedoch nicht. Die Heumarkt-Gegner seien "unversöhnlich" und würden nicht verzeihen können, dass das Projekt gegen ihren Willen umgesetzt werde. In der Urabstimmung hatten sich die grünen Mitglieder mit einer knappen Mehrheit gegen die Neugestaltung ausgesprochen.

Trotzdem stimmten die Grünen im Gemeinderat für das Projekt und beriefen sich darauf, dass es bei ihrer Partei keinen Klubzwang gebe. Nur ein Grüner stimmte dagegen, zwei enthielten sich. Dass das Projekt mit den Stimmen von Rot-Grün eine klare Mehrheit erreichte, sorgte für massive Kritik an Vassilakous Führung. Diese stehe weiter voll und ganz hinter dem Projekt, heißt es auf Anfrage. (Oona Kroisleitner, David Krutzler, 8.11.2017)