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Wasserdampfsäulen ragen aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks in Jänschwalde in Ostdeutschland. In Zukunft dürfe es solche Bilder nicht mehr geben, meint Jeffrey Sachs.

Foto: dpa/Patrick Pleul

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Jeffrey Sachs hält fossile Brennstoffe und Donald Trump für die größten Umweltbedrohungen.

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Reiche Länder handeln in puncto Klimaschutz zu wenig, meint Ökonom Jeffrey Sachs. Der ehemalige Harvard-Professor kritisiert, dass jene Länder, die für den Klimawandel verantwortlich sind, die Schäden in ärmeren Ländern nicht kompensieren. Laut dem Wissenschafter ist US-Präsident Donald Trump eine große Bedrohung für die Umwelt, Atomenergie hält er für eine saubere Lösung.

STANDARD: Bisher wurden sowohl Entwicklungs- wie auch Klimaziele verfehlt. Wie kann sich das ändern?

Sachs: Die ganze Idee der Millennium Development Goals und der Sustainable Development Goals (Entwicklungsziele der UN, Anm.) ist, dass es eine wirkliche Partnerschaft gibt, um große Probleme zu lösen, – jene der Umwelt genauso wie jene der Armut. Es gab bereits einige Handlungen in die richtige Richtung, aber das Engagement der reichen Länder ist sehr niedrig. Sobald es Probleme gibt, werden Grenzen geschlossen und Mauern aufgebaut.

STANDARD: Trotzdem haben sich Industrieländer verpflichtet, die Klimafinanzierung ab 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben. Ist das realistisch?

Sachs: Nein. Es gibt keinen Beweis dafür, dass es dieses Geld geben wird. Vor allem nicht mit Herrn Trump, der ein Narr ist. Es sieht eher aus, als würden wir zurückfallen. Auf der einen Seite haben wir Unterstützung zugesagt, auf der anderen Seite werden Klimaschäden, die reiche Länder verursacht haben, nicht kompensiert. Wenn die Karibik wie dieses Jahr mehrfach vom Klimawandel getroffen und durch Hurrikane zerstört wird, kommt niemand zur Hilfe. Das ist ironisch, weil reiche Länder und Menschen gerade dort ihr Geld deponieren.

STANDARD: Wie sollten die 100 Milliarden Dollar verteilt werden?

Sachs: Das Beste wäre, den Green Climate Fonds zu einem brauchbaren, aktiven Fonds zu machen. Auch multilaterale Entwicklungsbanken sollten integriert werden, um die Infrastruktur in betroffenen Ländern aufzubauen. Es gibt genug Institutionen, die wir einsetzen könnten. Aber es gibt auch Trump, der ein komplett verantwortungsloser Mann ist. Er geht in die andere Richtung, will Finanzierungen drastisch reduzieren und aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen.

STANDARD: Was bedeutet Trumps Präsidentschaft für die Umwelt?

Sachs: Er ist offensichtlich ein Instrument der Öl- und Gaslobby in den USA. Sie kontrolliert die entscheidenden Behörden seiner Regierung und die wichtigsten Stimmen im Kongress. Seine Ankündigung, sich aus dem Pariser Abkommen zurückzuziehen, ist auf die Führung der Republikaner im Kongress zurückzuführen, die von der Öl- und Gaslobby bezahlt werden. Da ist viel Korruption involviert. Trump ist eine große Gefahr für die Welt, nicht nur ökologisch, sondern auch was Kriege und viele andere Bereiche betrifft.

STANDARD: Ist es Zeit für einen neuen Bottom-up-Ansatz?

Sachs: Wir haben bereits einen solchen Ansatz, die Weltwirtschaft. Genau dieser wird uns zum Absturz bringen. Wir brauchen Top-down und Bottom-up-Ansätze. Der bisherige Weg hält den Klimawandel und seine Auswirkungen nicht auf. Top-down heißt, dass die Welt sich auf gewisse Grundregeln und -ziele einigt. Wer die Welt vor dem Klimawandel retten will, sollte eine Führung von oben herab einsetzen. Bottom-up wird das nicht machen.

STANDARD: Sie haben sich wiederholt für Atomenergie als Lösung ausgesprochen, um den Klimawandel einzudämmen.

Sachs: Die bei weitem größte Bedrohung ist der anhaltende Einsatz von Kohle und fossilen Brennstoffen. Wenn wir so weitermachen, wird uns das zerstören. Ob Atomenergie die beste Option ist, kommt auf den Ort an. Dort, wo es ausreichend Zugang zu Wind-, Wasser- oder Solarenergie gibt, sollten diese Optionen gewählt werden. Jene, die diese Ressourcen nicht haben – wie China oder Indien –, werden Atomenergie als Ersatz zu erneuerbaren Energien verwenden. Kohle, Öl und Gas sind in der Zukunft einfach keine Option.

STANDARD: Ist die Gefahr durch Atomunfälle wie in Fukushima nicht größer als der Nutzen?

Sachs: Nein. Die Zahl an Menschen, die in Fukushima durch Strahlung ums Leben gekommen sind, liegt nach manchen Berechnungen bei null. Natürlich gab es eine Evakuierung und eine furchtbare Krise. Davon können wir in den vergangenen fünfzig Jahren eine Handvoll aufzählen. Aber was wir auch sehen können ist eine globale Katastrophe durch die Verwendung von Kohle und Gas, die auf uns zukommt. Millionen Menschen sterben jährlich aufgrund von Luftverschmutzung. Durch Atomenergie nicht. (Nora Laufer, 9.11.2017)