Entwicklungshilfeministerin Priti Patel trat am Mittwoch zurück.

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Penny Mordaunt wird neue britische Entwicklungshilfeministerin.

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Wenn es regnet, so ein englisches Sprichwort, dann schüttet es. Für die britische Premierministerin Theresa May hagelt es derzeit Probleme. Mittwochabend musste sie einmal mehr ein Mitglied ihres Kabinetts entlassen, nachdem eine Woche davor Verteidigungsminister Michael Fallon zum Rücktritt gedrängt worden war. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Nun traf es Entwicklungsministerin Priti Patel. Sie hatte gegen den Verhaltenskodex für Minister verstoßen, weil sie ohne Wissen der Regierung mit Israels Kabinett Verhandlungen betrieb.

Der Entwicklungsministerin wurde eine Reihe von Treffen mit israelischen Regierungsmitgliedern, darunter sogar mit Premier Benjamin Netanjahu, zum Verhängnis, die sie während ihres Urlaubs im August privat abgehalten hatte. Patel wollte erreichen, dass London Hilfsgelder für israelische humanitäre Missionen am Golan bereitstellt. Auf Nachfrage von May hatte sie dieser Anfang der Woche die Unwahrheit gesagt.

Mordaunt folgt Patel nach

Nicht nur in London setzt sich daher immer mehr der Eindruck fest, dass May eine Premierministerin auf Zeit ist. Brüssel bereitet, so meldete die "Times" am Donnerstag, Pläne für die Möglichkeit eines Regierungskollapses noch in diesem Jahr vor.

Die Premierministerin hat jetzt das Problem, dass Patel auf die parlamentarischen Hinterbänke zurückkehrt und ihr von dort aus das Leben schwermachen wird. Die 45-jährige Politikerin war eine prominente Brexit-Befürworterin. Ihr folgt eine Gesinnungskollegin, die 44-jährige Penny Mordaunt.

Weiteres Ungemach droht

Außerdem muss May eine weitere Destabilisierung ihres Kabinetts fürchten. Sowohl das Schicksal von Außenminister Boris Johnson steht infrage wie auch das Überleben ihres engen Mitstreiters und Stellvertreters Damian Green. Johnson hatte mit einer unbedachten Äußerung die im Iran inhaftierte Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe in Schwierigkeiten gebracht. Die 38-jährige Mutter habe, so hatte Johnson bei einer parlamentarischen Anhörung gesagt, bei ihrem Iran-Besuch doch lediglich Journalisten ausbilden wollen. Das lieferte den iranischen Behörden den Grund, Zaghari-Ratcliffe erneut wegen Propaganda anzuklagen. Ihr drohen fünf weitere Jahre Haft. Gegen Damian Green läuft zurzeit eine Untersuchung wegen sexueller Belästigung.

Für die am Donnerstag wiederaufgenommenen Brexit-Verhandlungen ist die Londoner Krise nicht hilfreich. Auf Brüsseler Seite kann man sich nicht mehr sicher sein, ob Absprachen auch eingehalten werden können. May muss eine delikate Balance im Kabinett zwischen Brexit-Hardlinern und gemäßigten Ministern halten. Die Premierministerin hat kaum Spielraum für Kompromisse, während Brüssel darauf besteht, dass London seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt. Es ist also nicht verwunderlich, dass man in Brüssel für alle Eventualitäten zu planen beginnt. (Jochen Wittmann aus London, 9.11.2017)