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Die Verschärfung der Geldwäscheregeln würde mehr Einblicke in Trusts und andere verborgene Finanzstrukturen bringen.

Foto: dpa / Farhad Vladi

Wenn Hans Jörg Schelling über Österreichs Rolle im Kampf gegen Steuerschlupflöcher spricht, so bleibt kaum Raum für Zweifel an den Ambitionen des Landes. Einmal spricht der Finanzminister von "null Toleranz" bei Steuerhinterziehung, dann davon, dass "alle Löcher geschlossen werden müssen". Fast könnte man meinen, Österreich kämpfe an vorderster Front gegen die Steuervermeidung, auf deren Dimensionen die geleakten Paradise Papers gerade aufmerksam machen.

Was bisher nicht bekannt war: Auf Ebene der Europäischen Union spielt Wien gerade wieder eine Rolle, die so gar nicht zu Schellings Darstellung passt. Seit die Panama Papers und die damit offengelegten Steuertricks der Konzerne und Reichen vor eineinhalb Jahren ein weltweites Beben ausgelöst haben, sind neue Maßnahmen zur Vereitelung der Abgabenflucht in Ausarbeitung. Die EU-Kommission hat dazu eine Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie angestoßen, mit der nach wie vor existierende Lücken geschlossen werden sollen.

Vermittlung wackelt

Die Verhandlungen dazu gestalten sich – wie meist bei derartigen Themen – ziemlich schwierig. Zu den unterschiedlichen Standpunkten unter den Mitgliedsstaaten kommt die ambitioniertere Haltung der EU-Kommission und des Europaparlaments hinzu, die eine Einigung erschwert. Nun sollte es aber doch zu einem Kompromiss kommen. Sollte. Denn ein dazu für 14. November geplantes Treffen der drei Institutionen im Rahmen des Trilogs – eine Art Vermittlungsverfahren – wackelt.

Bremsmanöver

Grund dafür sind neue Differenzen unter den Mitgliedsstaaten, die am Mittwoch in einer Ratssitzung zutage getreten sind. Luxemburg, nicht gerade als Hardliner bei der Steuereintreibung bekannt, wehrt sich gegen die diskutierte Annäherung mit den beiden anderen EU-Institutionen. Und erhält viel Zuspruch.

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Der aus Sicht von Aktivisten unausreichende Kampf gegen Steueroasen wurde in Brüssel karikiert.
Foto: Reuters/Yves Herman

Eine Gruppe anderer Staaten, die in Sachen Abgabenhygiene immer wieder am Pranger steht, teilt die Position Luxemburgs: "Die Verhandlungen sollen nicht übereilt abgeschlossen werden", lautet ihre Position. Zu ihnen zählen Großbritannien, Malta, Zypern, Irland und: Österreich. Das geht aus einem Protokoll der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU hervor, das dem STANDARD vorliegt.

Nur drei Tage nach Paradise Papers

Der Zeitpunkt für die Abwehrhaltung ist vielsagend: Die Sitzung fand nur drei Tage nach der Publikation der Paradise Papers statt. Die Gruppe um Luxemburg kommt fast auf eine Sperrminorität, mit der sie Beschlüsse blockieren kann. Andere Länder setzen andere Akzente. Vor allem Frankreich, Italien, Spanien und Schweden drängen laut dem Protokoll auf einen Abschluss der Verhandlungen: Das Dossier sei "politisch zu bedeutsam, als dass man noch weitere Zeit verlieren" könne, wird ihre Position in der Mitschrift zusammengefasst.

Mit Panama Papers kam vor eineinhalb Jahren auch eine Welle an schärferen Bestimmungen in Gang. Doch Kompromisse in der EU und auf internationaler Ebene sind mühsam.
Foto: AFP/Rodrigo Arangua

Bei der Reform geht es um eine Fülle an Punkten, im Zentrum steht aber die Aufdeckung der Hintermänner von Trusts über Register. Sie können vor der Öffentlichkeit aktuell immer noch im Verborgenen bleiben, indem ein Strohmann als Direktor fungiert. Bei den Paradise Papers zeigt sich, dass nur durch geleakte Daten einer Kanzlei die Eigentümer eruiert werden konnten.

"Skandalös"

Für den beim Thema Steuervermeidung engagierten Grünen EU-Abgeordnete Sven Giegold ist es "skandalös, dass selbst nach den Paradise Papers manche Mitgliedsstaaten entschiedenes Handeln gegen Finanzkriminalität blockieren. Österreich befindet sich da in schlechter Gesellschaft", verweist der Deutsche Giegold auf die Rolle vieler britischer Krongebiete oder Maltas bei den aktuellen Enthüllungen.

Schelling beteuert bei Kampf gegen Steuervermeidung: "Null-Toleranz".
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Das Finanzministerium verteidigt die Vorgangsweise in einer schriftlichen Stellungnahme: "Österreich sieht den öffentlichen Zugang zum Register der wirtschaftlichen Eigentümer sehr kritisch, insbesondere aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten, die mit einem öffentlichen Zugang verbunden sind." Viel relevanter sei der Zugang durch Behörden, der ohnehin vorgesehen sei.

Lange Tradition

Kritiker sind von dieser Position nicht wirklich überrascht. Sie erinnern an das Gezerre bei der Abschaffung der Anonymität auf Sparbücher und Wertpapierkonten sowie um den automatischen Informationsaustausch, den Österreich zur Rettung des Bankgeheimnisses jahrelang erbittert bekämpfte. Und auch bei der Offenlegung der länderweisen Steuerleistung von Konzernen auf EU-Ebene bremste Wien gehörig. (Andreas Schnauder, 11.11.2017)