Bild nicht mehr verfügbar.

Schimmelbildung ist vor allem im Winter einer der häufigsten Streitgründe zwischen Mietern und Vermietern. Der Oberste Gerichtshof hat nun die Position der Bewohner in solchen Fällen gestärkt.

Foto: Getty Images / Ekspansio

Wien – Es ist ein Albtraum für jeden Mieter: Kaum ist man in die Wohnung eingezogen, bildet sich Schimmel an den Wänden, der selbst bei ständigem Lüften nicht wieder verschwindet. Doch der Hausherr macht den Mieter verantwortlich: Es gebe zu viele Quellen von Feuchtigkeit in der Wohnung, und es werde nicht genügend oft gelüftet. Wer glaubt, den Mietzins einfach reduzieren zu können, läuft Gefahr, geklagt zu werden und letztlich die Wohnung zu verlieren.

So ging es einem Haushalt, in dessen Mietwohnung sich bereits im ersten Winter Schimmel rund um die Dachflächenfenster und dann auch bei den Schlafzimmerfenstern bildete. Trotz häufigen Lüftens wurde die Situation nicht besser. Die Mieter reduzierten den Mietzins zuerst um 30 Prozent, in weiterer Folge um 60 Prozent – und wurden vom Vermieter auf Nachzahlung und Räumung geklagt.

Im Verfahren wurden bauliche Gründe festgestellt; um die Feuchtigkeit loszuwerden, müsste man etwa siebenmal am Tag lüften, und selbst dann könne sich Schimmel an neuralgischen Wärmebrücken bilden.

Kein Fehlverhalten

Das Erstgericht bestätigte zwar die Existenz von Baumängeln, stellte aber eine Mitverantwortlichkeit der Mieter fest. Eine Mietzinsminderung von 15 Prozent sei angemessen, mehr aber nicht. Das Berufungsgericht bekräftigte das Urteil – nicht aber der Oberste Gerichtshof: Er hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und stellte klar, dass man als Mieter keine Schimmelbildung hinnehmen muss – weder bei Beginn des Mietverhältnisses noch im Laufe der Zeit.

Geschieht es dennoch in einem Umfang, der den ortsüblichen Gebrauch des Mietobjektes verhindert, dann "ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Zinses befreit", sagt der OGH in einer Presseaussendung. Der Entscheidungstext (OGH 28. 9. 2017, 8 Ob 34/17h) selbst wurde noch nicht veröffentlicht.

Das gilt nicht, wenn die Mieter den Schaden durch unsachgemäße Nutzung selbst verursachen, betonen die Höchstrichter. Aber die Feuchtigkeit, die sich im Alltag in einer Wohnung durch Atmung, Waschen, Kochen oder das Aufstellen von Pflanzen bildet, gehört zur üblichen Nutzung und weist auf kein Fehlverhalten hin.

Übliches Lüften reicht

Man darf von einem Mieter auch nicht erwarten, dass er überdurchschnittlich viel lüftet. Kann Schimmelbildung nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, ist dies daher dem Vermieter und nicht dem Mieter zuzurechnen. Man ist als Mieter nicht verpflichtet, zur Vermeidung von Schimmelbildung alle paar Stunden zu lüften.

In der Vergangenheit hat der OGH die Mitverantwortung von Mietern sehr wohl erkannt, etwa 2015 bei einem Mieter, der extrem viel geduscht hat. Auch dieser Fall ist noch nicht endgültig entschieden: Weil Feststellungen zum Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung und zum Lüftungsverhalten fehlten, wurde die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen. (Eric Frey, 13.11.2017)