2013 hat One Plus sein erstes Smartphone, das One Plus One, auf den Markt gebracht. Mit konkurrenzfähiger Hardware zum absoluten Kampfpreis – das Handy war für unter 300 Euro zu haben – setzte man schnell eine Duftmarke im heiß umkämpften Markt. Mit viralem Marketing, mitunter auch dubiosen Aktionen, war man bald bekannter Newcomer. Die Strategie, das eigene Handy extrem billig abzugeben und sich vorwiegend mit Services und Zubehör zu finanzieren, wollte so recht jedoch nicht aufgehen.

Fast Forward: Trotz des mäßig gut rezensierten One Plus Two und einem mittlerweile beendeten Ausritt in Mittelklasse-Gefilde mit dem One Plus X, hat es das Unternehmen in den Kreis der etablierten Marken geschafft und dabei auch deutliche Preiserhöhungen durchgebracht. Im Sommer kam das One Plus 5 auf den Markt und erhielt gute Kritiken. Ein überarbeitetes Design und eine Dualkamera waren die größten Änderungen.

Mit dem One Plus 5T ist nun auch das "Mid-Generation-Update" aufgeschlagen. Es verspricht größere Änderungen, als noch der Zwischenschritt aus dem Vorjahr, das One Plus 3T. Darunter eine erneute, diesmal größere, Überarbeitung der Ästhetik. Der WebStandard hat das Spitzenhandy getestet.

Foto: derStandard.at/Pichler
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Erwarteter Preisanstieg kam nicht

Für Hersteller ist es üblicherweise schwer, Kunden für Produkte zu begeistern, die eigentlich keinen Generationssprung darstellen. One Plus hat hier den Vorteil, dass es sich um das einzige Gerät im Angebot handelt und der Vorgänger (dessen Lagerbestand ohnehin schon vor zwei Wochen knapp wurde) im eigenen Webstore nicht mehr angeboten ist.

Hatte man vom One Plus 3 auf das 3T und One Plus 5 (die Ziffer 4 wurde mit Rücksicht auf chinesischen Aberglauben übersprungen) noch jeweils eine Preiserhöhung durchgeführt, fallen diesmal keine Mehrkosten an. Das Handy kostet, je nach Modell, 499 oder 559 Euro. Spekulationen über einen weiteren Aufschlag nährte man in geschickter Marketingmanier im Vorfeld noch selber – etwa durch einen kryptischen Verweis auf gestiegene Kosten für die Komponenten des Geräts.

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Schlank und griffig

Die bislang recht üppigen Ober- und Unterkanten des One Plus 5 wurden auf ein Minimalmaß geschrumpft. So minimal, dass der Fingerabdruckscanner seinen Rückzug auf die hintere Seite des Gehäuses antreten musste und nicht mehr unter dem Display sitzt. Dort ist er, wenn man das Gerät in der Hand hat, gut erreich- und erfühlbar, sofern man keine trumpesken "Tiny Hands" hat (Sorry, Donald, but it‘s true!).

Das Aluminiumgehäuse kommt ohne rückseitiger Verglasung aus. Das lässt das Handy im Vergleich zu Geräten wie dem Samsung Note 8 oder Huawei Mate 10 zwar weniger "edel" aussehen, verhindert aber sofortige Schlieren durch Fingerabdrücke und unerwartete Wanderungen auf nicht ganz planen, glatteren Oberflächen. In anderen Worten: Für das One Plus 5T gibt es, wie immer, schicke Hüllen, selbige anzulegen ist aber keine dringende Notwendigkeit.

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Auf der rechten Seite sitzt, in knapp adequat gewählter Höhe, der Ein/Aus-Button, links die gefühltermaßen zu hoch platzierte Lautstärkewippe. Darüber wiederum ein Regler für den flotten Wechsel zwischen drei Lautstärkeprofilen (Laut, Vibration, lautlos). Die Unterseite zieren ein Lautsprecher, der USB-C-Port (USB 2.0) für Datenübertragung und Aufladung des Akkus und die zunehmend in Bedrängnis geratende Kopfhörerklinke.

Leuchtendes Beispiel

Auf Anhieb zu gefallen weiß das Display. Es bietet nominell eine Sechs-Zoll-Diagonale, dennoch ist das Smartphone mit 156,1 x 75 x 7,3 Millimetern (162 Gramm) nur minimal größer als sein Vorgänger. Die Gründe: Der Bildschirm bietet ein 18:9-Format (2.160 x 1.080 Pixel), ist somit also gestreckt und nicht breiter als das 5,5-Zoll-Display (1.980 x 1.080) des One Plus 5T. Und "Stirn" und "Kinn" des Handys wurden eben deutlich verkleinert.

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Es ist aber weniger das schiere Ausmaß, das überzeugt. Das AMOLED-Panel liefert kräftige Farben und Kontraste. Und mit "Sunlight Display" wurde die maximale Helligkeit deutlich wahrnehmbar erhöht, was insbesondere in gleißendem Sonnenlicht die Ablesbarkeit erhöhen soll. Und, das lässt sich nach einer Proberunde im dieser Tage spärlich verfügbaren Sonnenschein sagen, es funktioniert. Die Strahlkraft des Displays in maximaler Einstellung ist durchaus imposant.

Face Unlock besteht einfachen Test

Eine weitere Neuerung ist ein schlicht "Face Unlock" genannter Entsperrmechanismus. Unter Zuhilfenahme der Frontkamera wurde ein System zur Überwindung des Sperrbildschirms mittels Gesicht eingerichtet, das laut Hersteller über 100 individuelle Merkmale erkennt und alltagstaugliche Sicherheit bieten soll.

"Challenge accepted", denkt sich da der geneigte Redakteur und sucht den nächst gelegenen Printshop auf. Um vier Euro ärmer und bewaffnet mit zwei in hoher Qualität auf mattes, dickes Fotopapier gedruckten Fotos des eigenen Konterfeis wurde das Feature auf eine grundsätzliche Probe gestellt. Und fürwahr: Zumindest mit so einfachen Tricks lässt sich die Sperre nicht überlisten. Dass da ein Gesicht abgedruckt ist, bemerkte es zwar öfters, ein Einbruch ins System war damit aber nicht möglich.

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Allerdings wurde auch das höchst lebendige Gesicht des Autors nicht immer zuverlässig erkannt. Was mühsam ist, weil der entsprechende Warnhinweis nur sehr unscheinbar am unteren Bildschirmrand eingeblendet wird. Und weil die Frontkamera eben nur eine normale Kamera und kein Infrarotsensor wie beim iPhone X ist, ist die Gesichtsentsperrung bei schlechten Lichtverhältnissen auch keine Option mehr.

Bleibt immerhin noch der Fingerabdruckscanner. Der erscheint im Vergleich mit dem frontseitigen Modul des Vorgängers jedoch etwas langsamer und auch eine Spur weniger zuverlässig. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau.

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Noch mit Android 7

Als System kommt beim One Plus 5T wie gehabt Oxygen OS zum Einsatz, eine sehr nahe an der "Vanilla"-Fassung gelegene Android-Adaption. Sie basiert aktuell noch auf Version 7.1 "Nougat", eine Aktualisierung auf Android 8.0 "Oreo" soll laut letzten Infos Anfang 2018 verfügbar werden.

Die wesentlichsten Unterschiede: Einzelne Apps, etwa Kamera und Galerie, hat One Plus mit Eigenkreationen ersetzt, dazu gibt es einen "Dashboard"-Bildschirm, auf dem etwa zuletzt angerufene Kontakte und geöffnete Apps ersichtlich sind. An Bord sind auch Features wie eine auch automatisch an- und abschaltbare Displaykonfiguration mit weniger Blautönen zur Schonung der Augen am Abend.

Wichtig allerdings: Der "Engineering Mode", eigentlich ein von Qualcomm entwickeltes Service- und Testtool, dessen Vorhandensein eine potenzielle Hintertür darstellt, war auch am Rezensionsgerät vorinstalliert One Plus sieht allerdings kein reales Gefährdungspotenzial in ihr, will aber mit einem kommenden Firmwareupdate verhindern, dass man sich über die App vollen Systemzugriff (Root-Rechte) verschaffen kann.

Gewohnt flott

Beim Allround-Benchmark Antutu erzielt das OnePlus 5T rund 173.000 Zähler. Damit liegt es knapp unterhalb des Samsung Note 8 in der Variante mit Samsungs eigenem Exynos-Prozessor, aber wiederum auch über LGs neuem Flagschiff, dem V30. Das One Plus 5T verwendet, wie auch schon der Vorgänger, Qualcomms Snapdragon 835, der derzeit noch der beste Consumer-Chip des US-Herstellers ist. Er wird je nach Modell mit sechs GB RAM und 64 GB Speicher oder acht GB RAM und 128 GB Speicher gepaart.

Etwas enttäuschend: Eine Erweiterung des Speichers ist nicht mehr möglich. Der einstige Hybrid-Slot, der wahlweise zwei SIM-Karten oder eine SIM und eine microSD-Karte aufnahm, versteht sich nun nur noch mit den Telefonkarten.

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Das Benchmarkergebnis übersetzt sich gut in den Alltag. Das System ist gut optimiert und reagiert pfeilschnell auf alle Eingaben. Beeindruckend flott funktioniert die Installation und das Starten von Apps. Auch mit anspruchsvollen Games hat das Handy keine Mühen. Auch problematische Erwärmung ist nicht festzustellen. Diese Stärke des Vorgängers übernimmt das One Plus 5T.

Bei der Telekommunikationsausstattung hat sich nichts geändert. An Bord sind neben 3G und LTE (Band 20 inklusive) noch ac-WLAN, NFC und Bluetooth 5.0. Empfangsseitige Probleme konnten nicht festgestellt werden.

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Bessere Nachtsicht

Für die Kamera hat One Plus eine Verbesserung versprochen, die insbesondere Fotos unter schlechteren Lichtbedingungen bzw. in der Nacht betreffen soll. Nach wie vor verrichten ein 16-MP und ein 20-MP-Sensor gemeinsam mit einem dualen Autofokus ihren Dienst auf dem Gerät. Letzterer ist nun allerdings lichtempfindlicher (f/1.7 statt f/2.6). Dazu sollein "Intelligent Pixel"-System für mehr Detailerhaltung bzw. weniger Rauschen sorgen.

Bei Tageslicht oder hellem Kunstlicht ist der Unterschied zum One Plus 5 nicht wahrnehmbar. Was bedeutet: Das One Plus 5T macht Fotos von guter Qualität mit recht hohem Detailgrad. Es erreicht, besonders bei der Farbgebung, aber nicht das Level von Geräten wie dem Note 8 oder Apples aktuellen iPhones, sondern spielt eher in der Liga des Huawei P10 – was nach wie vor der fehlenden optischen Bildstabilisierung geschuldet sein könnte.

Bei Nachtaufnahmen ist die Wirkung des lichtstärkeren Objektivs jedoch zu merken. Hier ist auf Aufnahmen mehr zu sehen und auch besser zu erkennen. Die Nachtfotos fallen tendenziell auch schärfer aus. Dem "Intelligent Pixel Modus" ist allerdings der auf beiden Sensoren basierende 2x-Zoom zum Opfer gefallen. Für Vergrößerung, die besser aussehen soll als normaler Digitalzoom, der Pixel einfach nur "aufbläst", soll nun ein eigener Algorithmus bürgen. In der Tat sieht die Zweifach-Vergrößerung auch besser aus, als die Standard-Methode, kommt qualitativ aber nicht an die pseudo-optische Variante heran.

Wer will kann im Pro-Modus der etwas ungewöhnlich zu bedienenden Kamera-App Detaileinstellungen vornahmen. Videos können weiterhin in 4K oder auch in Zeitlupe (720p/120 Bilder pro Sekunde) aufgenommen werde.

Verbesserte Akustik

Klangtechnisch gibt sich das One Plus 5T solide. Der integrierte Lautsprecher liefert etwas schönere – sprich: bei höherer Lautstärke weniger verzerrte – Wiedergabe, als jeder des One Plus 5. Nichts zu bemängeln gibt es bei der Verwendung von Kopfhörern. Hier kommt es freilich auch stark auf die verwendeten Hörer an, ein Headset liegt dem Handy nicht bei.

Gut schlägt sich das Telefon in puncto Sprachqualität. Man selbst und auch das Gegenüber sind klar und ausreichend laut verständlich, nur zwischendurch kommt es zu kleineren Verzerrungen, die jedoch auch durch externe Faktoren (Empfangssituation, Netzstörungen) verursacht werden können.

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Einbußen bei Akklaufzeit

Der Akku bringt 3.300 mAh mit und ist damit in der Kapazität unverändert geblieben. Wie wohl man auch als Intensivnutzer noch problemlos über den Tag kommt, scheint sich der Akku hier etwas schneller zu leeren als beim One Plus 5. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren, das Display mit seiner etwas höheren Auflösung und gestiegenen Helligkeit könnte als Ursache in Betracht zu ziehen sein.

Über die Schnellladefunktion "Dash Charge" lässt sich das Handy flott wieder betanken, sollte es unerwarteterweise knapp werden. Von wenigen Prozenten wird das One Plus 5 in einer halben Stunde auf etwa 60 bis 70 Prozent geladen – allerdings nur, wenn man das (mitgelieferte) Netzteil und Ladekabel verwendet. Mit anderen Ladegeräten, die höheren Output liefern, versteht sich das Telefon auch, hier muss man jedoch etwas länger warten.

Fazit

Das One Plus 5T stellt in ein paar Bereichen einen Fortschritt zum One Plus 5 dar. Die Kamera ist, wenn auch zu Lasten des besseren 2x-Zooms, nun bei weniger Licht besser. Und das "Sunlight Display macht sich gut darin, grelles Umgebungslicht zu "überstrahlen". Auch der Lautsprecher klingt besser. Einzig bei der Akkulaufzeit macht man einen kleinen Rückschritt, sie ist aber dennoch passabel. Schade (aber bei 64 bze. 128 GB für viele verschmerzbar) ist, dass der Speicher nicht mehr erweitert werden kann.

Die auffallendste Neuerung ist freilich das Design. Für weniger Ränder gibt es etwas mehr und gestreckten Bildschirm. Die Hardware steckt in einem ästhetisch durchaus ansprechenden und gut verarbeiteten Paket.

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Wer mit dem One Plus 5 geliebäugelt hat, macht auch mit dem neuen Handy des Herstellers nichts verkehrt. Da der Preis nach mehreren Erhöhungen bei den Vorgängern diesmal unverändert bei 499/559 Eurogeblieben ist, gilt für das One Plus 5T das gleiche Attest wie für seinen Vorgänger. Dieses lautete im Juni diesen Jahres:

"Das Preisbrecher-Image, das man vor allem mit dem OnePlus One und OnePlus 2 hatte, ist damit nicht mehr aufrecht zu erhalten. Was man allerdings erhält, ist ein Smartphone, das in sehr vielen Belangen den heutigen Spitzengeräten der großen Marken wenig bis gar nichts nachsteht und dabei immer noch weniger kostet. Das [One Plus 5T] mag somit kein Schnäppchen mehr sein, es ist aber nach wie vor ein guter Deal."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das One Plus 5T kann ab 21. November online bestellt werden. (Georg Pichler, 20.11.2017)

Testfotos

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Tageslicht
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Vergleich normale Aufnahme/2x Zoom (Tageslicht)
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Unschuldige Nihal, Kunstlicht
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Nachtaufnahme
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Porträtmodus, Kunstlicht
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Frontkamera, Tageslicht
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