Felicitas Thun-Hohenstein, 1963 in Klagenfurt geboren, Kunsthistorikerin, Professorin und nun designierte Kuratorin des nächsten Österreich-Beitrags bei der Kunstbiennale in Venedig

Foto: Alfred Morina

"Ich will was!" Eine klare Haltung zu kommunizieren, das ist Felicitas Thun-Hohenstein extrem wichtig. Und dieser Haltung ist es auch zu verdanken, dass Thomas Drozda die 53-jährige Kunsthistorikerin für die Kunstbiennale von Venedig 2019 als Kuratorin bestellt hat. Ein "Traumprojekt", das ihr ermöglicht, die Geschlechter-Schieflage zu beenden und endlich eine Künstlerin einzuladen, den gesamten Österreich-Pavillon zu bespielen.

"Man muss sich einmal vorstellen", sagt sie, "die tollsten österreichischen Künstlerinnen waren immer nur in Gruppenausstellungen in Venedig präsent." Es geht ihr nicht um Kosmetik, Solopräsentationen haben schlichtweg für das Werk von Künstlerinnen und Künstlern größere Nachhaltigkeit.

Thun-Hohenstein entspricht mit dem eingeleiteten Wendepunkt nun aber nicht einfach einer vielerorts formulierten Forderung. Nein, feministische und genderspezifische (aber auch performative) Fragen entsprechen ihrer Praxis der Lehre und des Ausstellungsmachens. Seit 2000 unterrichtet die gebürtige Klagenfurterin, die an der Sorbonne in Paris und in Wien studierte und nur entfernt mit Mak-Chef Christoph Thun-Hohenstein verwandt ist, an der Akademie der bildenden Künste Wien.

Freude über das Wachsen von Künstlerinnen

2005 wurde sie Professorin für Kunst- und Kulturwissenschaften. Als 2011 der Rektorsposten neu besetzt wurde, war sie Teil des Dreiervorschlags. An der Hochschule nun schon mehreren Generationen von Künstlerinnen "beim Wachsen" zuzusehen, sieht Thun-Hohenstein als besonderes Privileg. Mit Kerstin von Gabain und Toni Schmale erhalten etwa just diese Woche zwei Künstlerinnen ihres Ausstellungsprojekts Pro(s)thesis (2017) mit dem Kardinal-König- bzw. Otto-Mauer-Preis sehr renommierte Auszeichnungen.

Ihre Dissertation hat die Mutter zweier erwachsener Kinder (die Tochter, 23, ist Kamerafrau, der Sohn, 22, studiert Medizin) allerdings zum Werk eines Mannes verfasst: Dieter Roth. Als Geistesverwandter der Dadaisten entspricht der Aktions- und Objektkünstler aber sicher Thun-Hohensteins Vorliebe für die rebellierende Avantgarde: "Das Denken wider das Denken" sei etwas, was sie grundsätzlich suche und schätze. Bei Cathrin Pichler, der 2012 verstorbenen Kuratorin, deren Archiv Thun-Hohenstein an die Akademie holte, wurde sie sicherlich fündig. Pichler, eine "charismatische Denkerin", war ihr Mentorin und Role-Model, und auch sie "hatte einen großen Willen zum Tun und zum Handeln". (Anne Katrin Feßler, 26.11.2017)