Max Schrems und seine Mitstreiter bei der Vorstellung von NOYB.

Foto: sum

Der Jurist und Datenschützer Max Schrems hat in Wien die Datenschutz-NGO "NOYB – Europäisches Zentrum für Digitale Rechte" gegründet. NOYB steht für "None of your business" (Es geht Sie nichts an). Der gemeinnützige Verein will Rechte gegenüber Tech-Firmen wie Google und Facebook durchsetzen und sammelt via Kickstarter-Methode Fördermitglieder. Bis Ende Jänner sollen zumindest 250.000 Euro zusammenkommen, damit im Mai erste Fälle von Grundrechtsverletzungen bearbeitet werden können.

"Die ersten 50.000 Euro haben wir schon"

"Die ersten 50.000 Euro haben wir schon", sagte Schrems bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Jährlich 25.000 Euro hat die Stadt Wien zugesagt. "Es ist hervorragend, dass Initiativen wie NOYB von der Menschenrechtsstadt Wien aus international für digitale Rechte kämpfen", sagte SPÖ-Digitalisierungssprecher Jörg Neumayer. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die restlichen 80 Prozent zur Grundfinanzierung in zwei Monaten schaffen", meinte Schrems.

"Wollen Datenschutz vom Gesetz auf das Handy bringen"

Noch sei in Bezug auf Datenschutz von Firmen das Businessmodell, sich nicht an das Recht zu halten, das günstigere, erläuterte Schrems. Im Mai 2018 tritt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft. Das im Dezember 2016 verabschiedete Gesetz schafft erstmals EU-weit ein einheitliches Datenschutzniveau, stärkt die Rechte von Konsumenten und sieht hohe Strafen – bis 20 Millionen Euro – bei Verstößen vor.

NGOs wie NOYB könnten dann direkt für die Konsumenten bei Behörden und vor Gericht aktiv werden, etwa durch Sammelklagen oder strategische Verbandsklagen. NOYB will auf europäischer Ebene gegen den Missbrauch persönlicher Daten vorgehen, die Durchsetzung digitaler Rechte und der Privatsphäre gewährleisten. "Wir wollen ordentlichen Datenschutz vom Gesetz auf das Handy des Nutzers bringen", betonte Schrems.

"Werden am ersten Tag etwa ein 1.000-Euro-Handy kaufen gehen"

"Es gibt viele Dinge, die mich sehr jucken", sagte der Jurist. "Wir werden am ersten Tag etwa ein 1.000-Euro-Handy kaufen gehen", nannte Schrems ein Beispiel. Es könne nämlich nicht sein, dass Nutzer "sofort alle Rechte abgeben, wenn sie das Handy in Betrieb nehmen und dieses Daten an ein Unternehmen übermittelt". Mit der neuen DSGVO ist das dann "nicht mehr zulässig".

Neben Schrems sind der Nachrichtentechniker, Jurist und Obmann von Epicenter Works, Christof Tschohl, und die Leiterin der VKI-Akademie, Juristin und Konsumentenrechtslektorin Petra Leupold im Vorstand von NOYB vertreten. Der Fokus des Vereins liegt auf der kommerziellen Datenverarbeitung durch Unternehmen. Diese ist in der Praxis wenig transparent. Nutzer sehen sich oft mit unrechtmäßigen Praktiken, Klauseln und Vereinbarungen konfrontiert, Daten werden hinter dem Rücken der Konsumenten verknüpft und verkauft. "Die vorhandenen Regeln werden oft einfach ignoriert. Hier muss es effektive Grenzen geben", forderte Tschohl. Es brauche eine "Aufklärung 2.0", damit "wir nicht als dumme Konsumschafe dastehen".

Enge Kooperation mit dem VKI

Die grenzüberschreitende Dimension von Datenschutzverletzungen durch global agierende Unternehmen stellt auch Konsumentenschutzorganisationen vor neue Herausforderungen. "Unser Fokus ist ganz klar europäisch", betonte Schrems. Datenschutz sei ein Kernverbraucherrecht, noch gebe es jedoch "eine Lücke bei der kollektiven Rechtsdurchsetzung", so Leupold. Der VKI und NOYB werden daher "eng zusammenarbeiten, um gemeinsam gegen Datenschutzverstöße vorzugehen", kündigte die Juristin an.

Bei der Pressekonferenz.
Foto: sum

NOYB wird nicht nur rechtlich gegen Datenschutzverstöße vorgehen, sondern auch Guidelines und Best Practices veröffentlichen, die Unternehmen praktisch helfen sollen, sich an die Gesetze zu halten. "Ziel ist es, Unternehmen dazu zu bringen, sich ans Recht zu halten", sagte Schrems. Außerdem sind Datenauskunfts-, Beschwerde- und Whistleblower-Tools geplant, um die Privatsphäre von Konsumenten zu stärken.

Für 2018 werden 250.000 Euro benötigt

Die NGO will Tech-Giganten wie Facebook, Google und Co mit einem Team qualifizierter Juristen und IT-Experten auf Augenhöhe begegnen und sich um Fälle kümmern, "die dem Einzelnen etwas bringen", sagte Schrems. Dafür werden in der Startphase mindestens 250.000 Euro für 2018 benötigt, für den laufenden Betrieb wird mit Kosten von 500.000 Euro pro Jahr gerechnet.

Zunächst sollen je zwei Juristen und Techniker das Kernteam stellen, die drei Vorstände sind ehrenamtlich tätig. Die Finanzierung soll vor allem von Privatpersonen getragen werden – als Fördermitglieder und durch Spenden. "Wenn nur 5.000 Menschen europaweit NOYB mit je fünf Euro im Monat unterstützen, dann können wir loslegen", sagte Schrems. Sollte das Geld bis 31. Jänner nicht zusammenkommen, wird aus dem Projekt nichts. Man wolle gleich etwas Ordentliches aufbauen, so Schrems. (APA, red, 28.11.2017)