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Hätte man vor fünf Jahren 1.000 Dollar in den Bitcoin investiert, stünde man jetzt bei zwei Millionen Dollar.

Foto: Reuters/ Dado Ruvic

Wien – Der Höhenflug von Kryptowährungen kennt derzeit kein Halten. Bitcoin, das Flaggschiff digitaler Währungen, überspran am Mittwoch erstmals die Marke von 10.000 Dollar. Damit ist der Gesamtwert von Bitcoin – Mittwochnachmittag lag die Notierung zwischenzeitlich bei rund 11.200 Dollar – auf 182 Milliarden Dollar angewachsen. Während Hedgefondsmanager Mike Novogratz von einer Blase mit viel Schaum sprach, prognostizierten andere Analysten Kurse von bis zu 100.000 Dollar.

Die Attraktivität von Bitcoin steigt durch das begrenzte Angebot, denn es können maximal 21 Millionen davon ausgegeben werden. Den Daten der Website chainalysis.com zufolge sind aktuell 16,7 Millionen Bitcoin im Umlauf. 37 Prozent davon seien im vergangenen Jahr ausgegeben oder gehandelt worden. Rund 22 Prozent würden von strategischen Investoren gehalten. Insgesamt gibt es mehr als 1300 unterschiedliche Kryptowährungen im Wert von insgesamt rund 330 Milliarden Dollar, während klassische Währungen in Billionenvolumina weltweit in Umlauf sind.

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Klassisches Geldsystem ersetzen

Mati Greenspan, Analyst beim Onlinebroker eToro, begründet diesen kürzlich erfolgten massiven Wertzuwachs damit, dass immer mehr Menschen daran glauben, Bitcoin könne das herkömmliche Geldsystem ersetzen. Sollte dies wirklich passieren, sei die Währung noch klar unterbewertet. Handelt es sich also bei Bitcoin und Co nur um ein Strohfeuer, oder steckt doch mehr dahinter?

Grundsätzlich gilt: Was Währungen werthaltig macht, ist das Vertrauen in sie. Das gilt für Bitcoinebenso wie für herkömmliche Währungen, die seit der Aufgabe des Bretton-Woods-Systems in den frühen 1970er-Jahren ebenfalls keine Deckung durch Gold mehr aufweisen. Diesbezüglich schenken offenbar immer mehr Menschen Kryptowährungen wie Bitcoin ihr Vertrauen, zumindest verglichen mit Dollar, Euro und Co, bei denen die Notenbanken nach der Finanzkrise mit unkonventionellen Maßnahmen wie Anleihenkaufprogramme eine Geldflut losgetreten haben. Es wurde bzw. wird in großem Stil Geld gedruckt.

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Geldentwertung in anderer Form

Nach der klassischen Lehre müsste dies zu Geldentwertung führen, die bisher – sofern man die Verbraucherpreisindizes als Maßstab heranzieht – nicht eingetreten ist. Hohe globale Produktionskapazitäten und sinkende Energiepreise wirken der Teuerung entgegen. Den Höhenflug von Bitcoin und anderen Kryptowährungen, die so zumeist derart gestaltet sind, dass sich ihre Anzahl nur sukzessive und irgendwann gar nicht mehr erhöhen lässt, kann man aber auch als Form der Inflation interpretieren. Aber auch die sehr hohen Preisniveaus von Aktien, Immobilien und Anleihen kann man ebenfalls so auslegen, nämlich als Inflation der Anlageklassen.

Ein weiterer Knackpunkt in der Entwicklung wird die Frage sein, ob der US-Börsenbetreiber Chicago Mercantile Exchange eine Zulassung für Bitcoin-Futures erhält. Ein Terminkontrakt bei der weltweit größten Futurebörse wäre ein weiterer Meilenstein für die 2008 erschaffene Digitalwährung. Institutionelle Investoren wie JPMorgan oder Goldman Sachs bekämen dadurch Zugang zu diesem Markt. Es ergäbe sich also langfristig Zugang zu mehr Kapital.

Ignoriert oder gewarnt

Bis ins erste Halbjahr 2017 haben Regierungen, Aufsicht oder Notenbanken die schon damals aufstrebenden Kryptowährungen ignoriert oder davor gewarnt. Heuer hat dieses Phänomen eine Größenordnung erreicht, in der andere Ansätze nötig wurden: Die Bandbreite reicht vom Verbot, damit zu handeln, über die Herausgabe eigener "Coins" oder das Regulieren bis zur Integration von Bitcoinin den Wirtschaftskreislauf.

Diesen Schritt hat als erstes Industrieland im April Japan gewagt und Bitcoin zu einem Zahlungsmittel erklärt. Damit lässt genau jenes Land den explizit als Hartwährung ausgelegten Bitcoin zu, das mit bereits am längsten ultraexpansive Geldpolitik betreibt und mit 240 Prozent des BIP heillos verschuldet ist – nämlich in der eigenen, weichen Währung. Die Entwicklung dieses Nebeneinanders von japanischem Yen und Bitcoin bleibt allerdings abzuwarten.

Ebenso, ob sich Bitcoin dauerhaft in die Finanzwelt integrieren oder sich doch nur als gewaltige Blase erweisen wird. Für beides gibt es gute Argumente – eine Investition in Bitcoin und Co ist aber auf jeden Fall mit einem hohen Risiko verbunden. (Alexander Hahn, Andreas Danzer 29.11.2017)