Seit Jahren ruft der Konflikt auf der Koreanischen Halbinsel weltweit Besorgnis hervor. DER STANDARD beantwortet einige grundlegende Fragen:

In Panmunjom stehen sich nordkoreanische und US-amerikanische Soldaten Auge in Auge gegenüber.
Foto: AFP PHOTO / POOL / JUNG YEON-JE

Frage: Warum stehen sich Soldaten aus Nord- und Südkorea am 38. Breitengrad gegenüber?

Antwort: Das jahrhundertelang von der Außenwelt abgeschottete Korea war immer schon Spielball der benachbarten Großmächte Japan, China, Russland und USA. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wütete die japanische Besatzungsmacht auf der Koreanischen Halbinsel. Nach dem Zweiten Weltkrieg, aus dem Japan an der Seite Nazideutschlands als Verlierer hervorging, besetzten sowjetische Truppen den Norden, US-Truppen den Süden der Insel. Trennlinie war der 38. Breitengrad. 1946 regierte im Süden eine US-installierte Militärverwaltung, im Norden ein Volksausschuss unter dem ehemaligen Partisanenführer Kim Il-sung, dem Großvater des aktuellen Machthabers Kim Jong-un.

Zwei Jahre später ließ die Uno freie Wahlen im Süden durchführen, im Norden wurde die Demokratische Volksrepublik Korea gegründet. Nach dem Abzug der amerikanischen und sowjetischen Truppen war die Teilung Koreas besiegelt. Ende Juni 1950 schließlich überrannten Truppen des Nordens weite Teile Südkoreas, die Hauptstadt Seoul inklusive. US-geführte Uno-Truppen konnten die Offensive des Nordens zurückschlagen, ein Jahr nach Beginn des Korea-Kriegs und drei Millionen Tote später schlossen Seoul und Pjöngjang ein Waffenstillstandsabkommen. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag, an der Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrads stehen sich Truppen beider Länder schwerbewaffnet gegenüber.

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Der nordkoreanische Machthaber lässt sich nach jedem Raketentest feiern: ein wichtiger Propagandaerfolg für das Regime.
Foto: REUTERS

Frage: Welche Pläne verfolgt Nordkorea?

Antwort: Auch wenn die martialische Rhetorik und der Personenkult des nordkoreanischen Regimes bizarr anmuten: Bisher agierte Machthaber Kim Jong-un Experten zufolge rational und berechenbar. Sein Atomarsenal, das inzwischen offenbar tatsächlich einsatzbereit ist, dient ihm nicht als Angriffswaffe, sondern als Drohkulisse. Kim wisse, dass ein atomarer Erstschlag unausweichlich zum Ende seines Regimes und zum Tod von Millionen seiner Bürger führen müsse, glauben sie. Vonseiten mancher US-Politiker wurde diese Ansicht jüngst aber in Zweifel gezogen.

Spätestens seit dem Zerfall der Sowjetunion betrachten die nordkoreanischen Diktatoren – vor Kim Jong-un waren das dessen Großvater Kim Il-sung und Vater Kim Jong-il – die atomare Bewaffnung der Volksarmee als Lebensversicherung gegen einen Angriff der USA. Nach innen nutzt das Regime seine Erfolgsmeldungen zur Stärkung der nationalen Einheit. Würde das Land offiziell in die Riege der Atommächte aufgenommen werden, könnte es das als weitere Anerkennung seines Regimes in der Welt ausschlachten.

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Im Dorf Kijong-dong in der entmilitarisierten Zone am 38. Breitengrad weht eine Fahne Nordkoreas an einem 160 Meter hohen Mast.
Foto: AP Photo/Lee Jin-man

Frage: Welche Pläne verfolgt Südkorea?

Antwort: Erstes Opfer eines nordkoreanischen Angriffs wäre wohl die südkoreanische Hauptstadt Seoul. Der Ballungsraum, in dem 25 Millionen Menschen leben, liegt gerade einmal 50 Kilometer von der Grenze entfernt. Um dort massiven Schaden anzurichten, braucht Nordkorea keine Atomwaffen, weil laut Schätzungen 15.000 Artilleriestellungen, mit konventioneller Munition bestückt, auf Seoul gerichtet sind.

Aktuell scheint sich Nordkorea aber eher auf eine Konfrontation mit Südkoreas Schutzmacht USA einzustellen, ein Gesprächsangebot des neu gewählten südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in wurde von Pjöngjang abgelehnt. 30.000 US-Soldaten sind in Südkorea stationiert, gemeinsame Manöver sollen eine Abschreckungskulisse gegenüber dem Norden darstellen, auf die Pjöngjang regelmäßig mit Drohungen und Raketentests reagiert. Die südkoreanische Luftabwehr wird auch deshalb regelmäßig nachgerüstet, eine atomare Bewaffnung, wie sie manche in Seoul andenken, ist derzeit aber kein Thema.

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Über die sogenannte Freundschaftsbrücke verläuft eine wichtige Handelsroute für die nordkoreanische Außenwirtschaft.
Foto: Minoru Iwasaki/Kyodo News via AP

Frage: Wer sind die Verbündeten von Nordkorea?

Antwort: China ist Nordkoreas wichtigster Öllieferant und steht für beinahe 90 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels. Für die chinesische Führung ist Nordkorea, aller mehr oder weniger offenen Kritik am Regime zum Trotz, strategisch bedeutsam, stellt es doch einen Puffer zu den US-Truppen im Süden der Halbinsel dar. Und auch historisch sieht sich China als natürlichen Verbündeten der nominell kommunistischen Entität: Im Korea-Krieg in den 50er-Jahren kämpften chinesische Verbände Seite an Seite mit den Truppen des Nordens gegen die US-geführten Verbände aus dem Süden. Zwar hat Peking strategisch kein großes Interesse an einem atomar aufgerüsteten Nordkorea und weicht derzeit von seinem Pjöngjang-freundlichen Kurs gelegentlich ab. Einen Kollaps des Regimes und eine damit einhergehende Flüchtlingswelle fürchtet es aber noch mehr.

Russland, historisch ebenso wie China ein Verbündeter des Nordens, pocht im Namen der Stabilität auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. Atomwaffen in Nordkorea, das mit Russland eine etwa 20 Kilometer lange Grenze teilt, sind für Moskau aber ein rotes Tuch.

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US-Präsident Donald Trump (re.) hat den Nordkorea-Konflikt mit martialischen Drohungen wieder aufs Tapet gebracht.
Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Frage: Wer sind die Verbündeten von Südkorea?

Antwort: Spätestens seit 2002 zählt Nordkorea in den Augen der USA zur "Achse des Bösen" – und Südkorea kommt als dessen direkter Gegenspieler besonderes Augenmerk in Washington zu. Gemeinsam mit Japan, das sich ebenfalls von dem Regime in Pjöngjang bedroht fühlt und über dessen Inseln des Öfteren nordkoreanische Raketen zu Testzwecken hinwegfliegen, üben die USA und Südkorea für den militärischen Ernstfall. Japan, dessen Verhältnis zu Südkorea eigentlich historisch belastet ist, rückt daher auch politisch näher an Seoul heran. (flon, 29.11.2017)