Sebastian Kurz – Österreichs neues Wunderkind?

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Sein geringes Alter wird oft als Argument gegen Sebastian Kurz verwendet: So jung und unerfahren – und so jemand soll Kanzler werden?

Die Autorinnen dieses Bandes lassen dieses Argument nicht gelten, sie drehen es gewissermaßen um: "Kurz ist ein Politiker, der mehr aus sich heraus agiert, aus seinem persönlichen Empfinden und seiner – in Jahren vielleicht geringen, aber trotzdem intensiven und dichten – Lebenserfahrung, als dass er sich von Traditionen und Ideologien leiten lässt." Da ist etwas dran. Leute wie der ÖVP-Chef und künftige Bundeskanzler können sich nicht auf Traditionen verlassen, nicht auf Strukturen und auch nicht auf Programme – denn all das, was politisch lange Zeit gezählt hat, bröckelt weg. Und wo es nicht wegbröckelt, ist es in Verruf geraten.

Das hat Kurz erlebt, das hat er zum Teil auch mitgestaltet. Nicht erst seit er in der ÖVP das Unterste (etwa die bis dahin oft mehr als Freizeitverein agierende Jugendorganisation) nach oben gekehrt hat.

Die beiden Falter-Redakteurinnen spüren auch dem Wandel nach, den Kurz dabei als Persönlichkeit durchgemacht hat: vom frechen, bürgerlich-provokativen Jungpolitiker, der er in seiner Zeit als Chef der Jungen ÖVP war, über den verständnisvollen Integrationsstaatssekretär (den sie in dieser Rolle würdigen) zum "Prinz Eisenherz" der Migrationspolitik und schließlich zur "messiasartigen Erscheinung", die die Nationalratswahl gewonnen hat.

Die Analyse ist am Schluss ernüchternd: "Wiewohl sich Kurz als Nicht-Politiker der Öffentlichkeit andient, ist er das typische Produkt parteiischer, österreichischer Elitenbildung." (Conrad Seidl, 4.12.2017)