Wenn sich 67P/Tschurjumov-Gerasimenko der Sonne nähert, verdampfen gefrorene Gase unterhalb der Oberfläche und reißen Staubpartikel mit sich (linkes Bild). Solche winzigen Teilchen konnten mithilfe des Rosetta-Instruments Cosima eingefangen und untersucht werden.

Foto: ESA/Rosetta/MPS

Göttingen/Wien – Im September 2016 endete die Mission der europäischen Raumsonde Rosetta, die Auswertung der Daten dieser Mission wird Forscher aber noch lange beschäftigen. In einer Studie in den "Monthly Notices of the Royal Astronomoical Society" stellen Forscher nun eine umfangreiche Analyse der chemischen Zusammensetzung des Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko vor.

Der Staub, den der Komet mit dem Spitznamen "Tschuri" ins All spuckt, besteht etwa zur Hälfte aus organischen Molekülen. Das Material zählt zum ursprünglichsten und kohlenstoffreichsten, das in unserem Sonnensystem bekannt ist und hat sich seit seiner Entstehung kaum verändert, wie das Forscherteam, an dem auch das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung beteiligt ist, berichtet.

Staubkörnchen im Blick

Die Instrumente der Raumsonde nutzten für ihre Messungen die Sonne: Wenn sich ein Komet der Sonne nähert, wird er aktiv – gefrorene Gase verdampfen und reißen dabei winzige Staubpartikel mit sich ins All. Diese einzufangen und zu untersuchen ermöglicht es Forschern, den Baustoffen des Kometen nachzuspüren.

Rosetta konnte erstmals Staubkörnchen verschiedenster Größen über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren sammeln und analysieren. Frühere Missionen wie etwa Giotto zum Kometen 1P/Halley oder Stardust, die sogar Kometenstaub von 81P/Wild 2 zurück zur Erde brachte, lieferten im Vergleich dazu nur Momentaufnahmen. Im Fall der Mission Stardust, die im Jahr 2004 an ihrem Kometen vorbeiraste, hatte sich der Staub beim Einfang zudem stark verändert, was die quantitative Analyse stark beeinflusste.

Hübsche Mischung

Im Verlauf der Rosetta-Mission sammelte das Instrument Cosima (Cometary Secondary Ion Mass Spectrometer) mehr als 35.000 Staubpartikel. Die kleinsten davon waren gerade einmal 0,01 Millimeter groß, die größten etwa einen Millimeter. Das Instrument erlaubte es, die einzelnen Partikel zunächst mit dem Mikroskop zu betrachten und in einem zweiten Schritt mit einem hochenergetischen Strahl aus Indiumionen zu beschießen.

Die dabei gelösten Sekundärteilchen ließen sich dann im Cosima-Massenspektrometer wiegen und untersuchen. Für die aktuelle Analyse beschränkten sich die Forscher auf 30 Staubpartikel, deren Eigenschaften sich besonders gut auswerten ließen. Ihre Auswahl umfasst Körnchen aus allen Phasen der Raumsondenmission und alle Größen.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Zusammensetzung all dieser Partikel sehr ähnlich ist", sagte Martin Hilchenbach, Leiter des Cosima-Teams. Das lasse den Schluss zu, dass der Kometenstaub aus denselben Zutaten besteht wie der Komentenkern selbst.

Ursprüngliches Material

Weit oben auf der Zutatenliste stehen laut der Studie organische Moleküle. Diese machen etwa 45 Prozent des Gewichts des festen Materials aus. "Der Rosetta-Komet gehört damit zu den kohlenstoffreichsten Körpern, die wir im Sonnensystem kennen", sagte Oliver Stenzel vom Cosima-Team. Den Rest machen mineralische Stoffe, hauptsächlich Silikate, aus. Auffällig sei, dass es sich fast ausschließlich um nicht hydrierte Mineralien handelt – also solche, in denen Wasserverbindungen fehlen.

"Natürlich enthält 67P/Tschurjumov-Gerasimenko wie jeder andere Komet auch Wasser", so Hilchenbach. "Aber weil Kometen die meiste Zeit seit ihrer Entstehung am eisigen Rand des Sonnensystems verbracht haben, war dies fast immer gefroren und konnte nicht mit den Mineralien reagieren." Die Forscher betrachten das Fehlen hydrierter Mineralien im Kometenstaub somit als Indiz dafür, dass der Körper ausgesprochen ursprüngliches und unverändertes Material enthält. Dafür spricht auch das Verhältnis bestimmter Elemente wie etwa Kohlenstoff zu Silizium. (red, 9.12.2017)