Wien – Er sei in Vietnam geflogen, meint der Pilot (Beau Bridges) der kleinen Propellermaschine zu seinen eben zugestiegenen Fluggästen, und solange niemand auf ihn schieße, würde er sie ans Ziel bringen. Wenige Minuten später findet sich die auf einem Flug hafen in Idaho gestrandete Zweckgemeinschaft in The Mountain Between Us (Zwischen zwei Leben) auf einem schneebedeckten Gipfel wieder – mit totem Piloten und dessen lebendigem Hund.

Frau (Kate Winslet) und Mann (Idris Elba) allein am Berg.
Foto: Twentieth Century Fox

Die Koordinaten für den sich in der Folge entwickelnden Survivaltrip sind also zügig gestellt: ein unangemeldeter Flug, kein Handyempfang, eisige Gebirgskälte, kaum Nahrungsmittel und eine schlimme Beinverletzung. Die US-Fotografin Alex (Kate Winslet) und der britische Neurochirurg Ben (Idris Elba) werden ihre Hochzeit und ihre Operation versäumen, so viel steht fest. Wie lange sie mit dem Leben davonkommen, davon erzählt der palästinensische Regisseur Hany Abu-Assad (Paradise Now) in seinem ersten Hollywoodeinsatz nicht nur bemerkenswert souverän, sondern vor allem mit für das Genre ungewöhnlichen Zwischentönen.

Obwohl sich das nackte Über eben natürlich als nahezu übermenschliche Herausforderung prä sentiert, reduziert The Mountain Between Us diesen Kampf auf wenige Episoden, in denen Wildtiere und Wildbäche ihren Tribut fordern. Doch mehr als für das Gefahrenpotenzial der Wildnis interessiert sich Abu-Assad für die (zwischen)menschlichen Ton- und Schieflagen: die Sturheit bei der Entscheidungsfindung für die richtige Strategie, die Geheimniskrämerei unter den noch Fremden, das Abhängigkeitsverhältnis und nicht zuletzt dafür, was zwischen Mann und Frau am Berg eben auch passieren kann.

20th Century Fox

Mit seinem mitunter sarkastischen Gestus erinnert The Mountain Between Us, geschrieben von About a Boy-Autor Chris Weitz, an ein satirisches Beziehungsdrama: Zurückgeworfen auf die Zweisamkeit bleiben die Überlebenden ein ander mit spitzzüngigen Rededuellen, aber auch empathischen Hilfeleistungen nichts schuldig.

Dem Topos der "life-changing experience", der lebensverändernden Extremerfahrung, wird The Mountain Between Us jedoch erst später gerecht. In einem überraschend langen Epilog bearbeitet die Erzählung dieses Danach für alle auch indirekt Beteiligten, für Familie und Freunde, die das Geschehen eben nicht verfolgen konnten. Und plötzlich wird aus dem Abenteuerfilm sogar noch ein veritables Melodram darüber, wie man bei Grenzerfahrungen die Moral behält. (Michael Pekler, 7.12.2017)