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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas berief sich auf den saudischen König Salman.

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Jerusalem, seit dem 6. Dezember von den USA als Hauptstadt Israels anerkannt. Gleichzeitig soll Ostjerusalem jedoch Hauptstadt Palästinas sein.

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Istanbul/Wien – Zunächst preschten Mittwochnachmittag die türkischen Nachrichtenportale vor und meldeten die Anerkennung Ostjerusalems als palästinensische Hauptstadt durch die große Staatengruppe OIC, die Organisation für Islamische Kooperation. Dabei handelte es sich aber vorerst nur um einen Textentwurf für die Schlusserklärung, den die OIC-Vertreter, darunter mehr als zwanzig Staatschefs islamischer Länder, in Istanbul diskutierten. Aber am Ende zirkulierte der OIC selbst diesen Text als sein Kommuniqué.

Der Gipfel war als Reaktion auf die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump einberufen worden. Die Türkei hat derzeit den OIC-Vorsitz inne, und der türkische Präsident Tayyip Erdogan hatte sich nach der US-Erklärung am 6. Dezember verbal am entschiedensten gegen Trump gestellt. In der OIC-Erklärung wurden die USA scharf kritisiert: Die Anerkennung Jerusalems – dessen Ostteil 1980 von Israel annektiert wurde, was völkerrechtlich jedoch nicht anerkannt ist, das ist auch die Position der EU – disqualifiziere Washington als Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern.

Gründungsjahr 1969

Der Schutz der islamischen Stätten in Jerusalem war 1969 der Gründungsgedanke der OIC: Damals hatte ein radikaler australischer Christ die Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg in Brand gesteckt. Allerdings konnte der aktuelle Großauftritt der 57 Staaten in Istanbul nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht einmal mehr das Thema Jerusalem politische Einigkeit zu schaffen imstande ist: Während aus dem Iran Staatspräsident Hassan Rohani und aus Katar Emir Tamim bin Hamad Al Thani nach Istanbul gekommen waren, entsandten das Königreich Saudi-Arabien, wo die OIC angesiedelt ist und das den OIC-Chef stellt, nur den Religionsminister sowie Bahrain und Ägypten lediglich Vertreter aus dem Außenministerium.

Bahrain war in den Tagen zuvor in die Kritik geraten, als der Besuch einer interreligiösen bahrainischen Delegation in Israel trotz Trumps Jerusalem-Entscheidung nicht abgesagt wurde. In einem Interview mit dem saudischen Onlinemedium Elaph lud der israelische Geheimdienstminister Yisrael Katz nun den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman nach Israel ein.

Besonders die Saudi-nahen Medien berichteten am Mittwoch auffällig unaufgeregt aus Istanbul. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der im November in Saudi-Arabien gewesen war, berief sich in seiner Rede jedoch auf König Salman: Dieser habe ihm persönlich versprochen, dass es keinen Friedensschluss ohne palästinensischen Staat mit der Hauptstadt Ostjerusalem geben werde.

Der Hintergrund dafür ist die Angst, dass in den saudischen Prioritäten die Palästinenser weiter nach unten rutschen: Trumps Idee ist es ja, die Golfaraber mit Israel in einer strategischen Allianz gegen den Iran zu vereinen. Diese Spaltung kam eben auch auf diesem Gipfel zum Tragen neben der aktuellen Krise im arabischen Golfkooperationsrat (GCC), wo Katar von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain sowie (außerhalb des GCC) Ägypten boykottiert wird.

In den Uno-Sicherheitsrat

Abbas, der die internationale Gemeinschaft aufrief, ihre Anerkennung Israels zu überdenken – eine Idee von dürftigem praktischem Wert -, kündigte eigene Schritte der Palästinenser an: So wolle er erneut in den Uno-Sicherheitsrat gehen, um die Anerkennung Palästinas als Staat zu erreichen. Unter US-Präsident Barack Obama waren die Palästinenser 2014 bereits einmal so weit: Sie hatten den Versuch jedoch mangels Unterstützung von genügend Staaten im Sicherheitsrat aufgegeben. Sollte das diesmal anders sein, würden die USA eben ihr Veto einlegen: Trump wäre dies – im Gegensatz zu Obama – nicht einmal peinlich.

Neben Erdogan fand auch der jordanische König Abdullah, ein traditioneller Freund der USA, starke Worte: Allerdings ist Jordanien als Verwalter der heiligen Stätten in Jerusalem selbst betroffen, und Abdullah hatte sich von der Entscheidung Trumps tief enttäuscht gezeigt. Jordanien, wo die Mehrzahl der Bevölkerung Palästinenser sind, ist besonders gefährdet, Schauplatz von anhaltenden Protesten zu werden.

Irans Präsident Rohani predigte indessen die islamische Einheit gegen Israel: Doch für die Saudis ist längst nicht mehr ausgemacht, dass Israel die größte Gefahr für die Araber ist. Sogar Jerusalem muss im Hegemonialkampf in der Region zurückstehen. (Gudrun Harrer, 13.12.2017)