Bild nicht mehr verfügbar.

Doug Jones fand kaum Worte, um seine Freude auszudrücken. Ausgerechnet der Chancenlose holte den Sieg bei der Senatswahl in Alabama.

Foto: Reuters / Marvin Gentry

Als alles klar war, gab Doug Jones den Überraschten, dem es glatt die Sprache verschlägt. "Leute, ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet, und nun weiß ich nicht, was ich sagen soll!" Alabama, schob der Demokrat hinterher, habe schon oft an einer Weggabelung gestanden. "Leider haben wir meist die falsche Route genommen. Aber heute, meine Damen und Herren, haben Sie die richtige Straße gewählt."

Jurist Jones, einst ein Staatsanwalt, der Geheimbündler des Ku-Klux-Klans wegen eines Bombenanschlags auf eine afroamerikanische Kirche in Birmingham hinter Gitter brachte, hat nicht nur seinen Rivalen Roy Moore besiegt, er stempelte auch Donald Trump zum Verlierer.

Moore, erzkonservativer pensionierter Richter, war ins Gerede gekommen, als Berichte die Runde machten, denen zufolge er vor vierzig Jahren heranwachsende Mädchen sexuell belästigt haben soll. Der Präsident hatte ihm dennoch demonstrativ die Treue gehalten: Moore sei der Mann, den er in Washington brauche, um Amerika wieder groß zu machen. Das Ergebnis ist daher auch für Trump eine kalte Dusche: Jones kam auf 49,9 Prozent der Stimmen, Moore auf 48,4 Prozent.

Vergeblich auf Gott vertraut

Es ist ein Resultat von historischen Dimensionen, denn erstmals seit einem Vierteljahrhundert gelingt es den Demokraten, in Alabama eine Senatswahl zu gewinnen. Für den Bewerber der Republikaner war es ein derartiger Schock, dass er sich zunächst weigerte, es anzuerkennen. "Wir wissen, dass Gott alles unter Kontrolle hat", sagte Moore und sprach von den Stimmen des Militärs, die noch nicht gezählt seien. "Wir warten auf Gott, es ist noch nicht vorbei."

Theoretisch könnte es dazu kommen, dass sämtliche Stimmen noch einmal gezählt werden müssen. Doch in der Praxis sieht es nicht danach aus. Sollte eine Nachzählung angeordnet werden, dürfte beide Kandidaten nicht mehr als ein halber Prozentpunkt voneinander trennen.

Moore erweist sich offenbar einfach als schlechter Verlierer – ähnlich stur wie seinerzeit, als er sich als Richter weigerte, einen Granitblock mit den Zehn Geboten aus Alabamas Höchstgericht entfernen zu lassen, und daher seinen Sessel räumen musste. Später kandidierte er erneut für den Obersten Gerichtshof seines Staats.

Roy Moore, der ewige Rebell. Seine Niederlage stürzt die Republikaner im US-Kongress nun einerseits in Verlegenheit, andererseits sorgt sie für eine gewisse Erleichterung. Die Mehrheit der Konservativen im Senat schrumpft von 52 auf nur noch 51 Mandate. Es bedeutet, dass bei jeder Abstimmung zwei Abweichler oder Abwesende ausreichen, um Trump auszubremsen.

Distanzierung auch in eigener Partei

Die Erleichterung wiederum hat mit dem Image Moores als politischer Dinosaurier zu tun. Ein Mann, der die Sklaverei verklärt, Muslime von Wahlämtern ausschließen will und nun auch noch wegen diverser Pädophilievorwürfe unter Druck geraten ist, hätte in der Hauptstadt andauernd Negativschlagzeilen provoziert.

Führende Republikaner hatten bereits angekündigt, ein Ethikverfahren gegen den 70-Jährigen einzuleiten. Richard Shelby, der zweite Senator aus Alabama, ging sogar so weit, unmittelbar vor dem Votum zu erklären, dass er nicht für den Kandidaten seiner Partei stimmen könne.

Mancher an der Spitze der Grand Old Party dürfte schon deshalb aufatmen, weil Moores Debakel auch Steve Bannon den Wind aus den Segeln nimmt. Trumps früherer Chefstratege hatte versucht, aus dem skandalumwitterten Exrichter eine Galionsfigur jener populistischen Revolte zu machen, die die Platzhirsche des Apparats hinwegfegen sollte. Es sollte ein Rachefeldzug werden, mit Bannon in der Rolle des Feldherrn, des genialen Dirigenten der Rechten. Damit ist es fürs Erste vorbei.

Undenkbares passiert

Das alles schien undenkbar, als der heutige Justizminister Jeff Sessions – er vertrat Alabama zwölf Jahre lang im Senat – ins Kabinett aufrückte und sein Sitz neu zu vergeben war. Nach der politischen Farbenlehre der USA – Rot für die Republikaner, Blau für die Demokraten – zählt Alabama zum dunkelroten Segment. Trump war dort mit 28 Prozent Vorsprung vor Hillary Clinton gewählt worden. Dass ein Konservativer siegen würde, schien unbestritten. Dann aber zog der Favorit des Parteiapparats, der Rechtsanwalt Luther Strange, in der Vorwahl gegen Moore den Kürzeren. Der Rest ist Geschichte. (Frank Herrmann aus Washington, 14.12.2017)