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Bernard Laporte gab die erste Trainerentlassung in der Geschichte des französischen Rugby-Verbandes bekannt.

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Guy Novès hätte Les Bleus eigentlich zur WM 2019 in Japan führen sollen.

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Wien/Paris – Wenige Wochen vor dem Start in das Six-Nations-Turnier, dem wichtigsten Programmpunkt im Rugby-Jahreskalender 2018 für Europas Elite, setzte Frankreich Nationalmannschafts-Coach Guy Novès vor die Tür. Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein französischer Teamchef entlassen wurde. Sein Nachfolger wird Jacques Brunel, bisher Trainer des Spitzenklubs Bordeaux Bègles.

Der nach der für die Franzosen desaströs verlaufenen Weltmeisterschaft 2015 inthronisierte Novès, hat es in den rund zwei Jahren im Amt nicht geschafft, die Geschicke der Blauen zum Positiven zu wenden. Von 22 Spielen konnte seine Equipe gerade einmal sieben gewinnen. Zu Hoffnung Anlass gebende Ansätze blieben ebensolche, es gelang keine stetige Weiterentwicklung. Auch das Länderspielfenster im November verlief enttäuschend, nach Niederlagen gegen Neuseeland (2) und Südafrika, dürfte ein 23:23-Remis gegen Japan das Fass zum Überlaufen gebracht haben. In der Weltrangliste dümpelt Frankreich auf Platz neun.

"Ich hatte gehofft, dass wir mit Guy und seinem Team den gemeinsamen Weg bis zur WM 2019 hätten gehen können", sagte Verbandspräsident Bernard Laporte am Mittwoch. "Doch irgendwann mussten wir handeln. Es konnte so nicht weitergehen, wir haben unsere Verantwortung wahrgenommen", so Laporte weiter.

Der 63-jährige Novès war angetreten, um Frankreichs Rugby seine Identität wiederzugeben. Der dreifache Vizeweltmeister hatte im letzten Jahrzehnt den Anschluss an die Weltspitze zusehends verloren, das gerühmte Flair des gallischen Stils – schnelles, risikoreiches und unvorhersehbares Angriffsspiel – war nur noch in Spurenelementen vorhanden.

Florierende Liga, darbendes Team

Doch Novès scheiterte, musste vielleicht scheitern. Denn jener Mann, der in seiner großen Zeit Toulouse zu zehn Meisterschaften und vier Europacupsiegen gecoacht hatte, war mit einem fundamentalen Paradoxon konfrontiert, das Frankreichs Rugby prägt. Parallel zum Aufstieg der nationalen Meisterschaft, den Top 14, zur (finanz)stärksten der Welt, geriet das Nationalteam in die Abwärtsspirale. Die Verpflichtung von immer mehr ausländischen Stars aus aller Herren Länder ging auf Kosten der Entwicklung des einheimischen Nachwuchses. Außerdem zeigten sich die Vereine immer weniger Willens, zum Wohl des Ganzen die eigenen Partikularinteressen zurückzustellen.

Damit wird auch Brunel zu tun haben. Der 63-Jährige sitzt am Samstag noch einmal auf der Bank von Bordeaux, ehe er seine schwere Mission antritt. Er hat als ehemaliger Teamchef Italiens Erfahrung auf internationalem Parkett. Der erste Härtetest folgt am dritten Februar, dann empfängt Frankreich im Rahmen der Six Nations Irland im Pariser Stade de France. (Michael Robausch, 27.12. 2017)