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Christian Thielemann: Debütant am Pult des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker.

Foto: Getty Images/Hiroyuki Ito

Er ist eigentlich keiner jener Dirigenten, die sich bevorzugt von der leichten Muse küssen lassen. Im Gegenteil: Christian Thielemann gilt in der Klassikbranche als Schwergewicht auf dem Gebiet der deutschen Romantik, als Spezialist für breitbrüstige Symphonien in Großbesetzung und schicksalsdüstere Opern von Ewigkeitswert und beinahe ewiger Dauer.

Auf dem Grünen Hügel in Bayreuth wacht der Präzisionsfanatiker etwa als Musikdirektor der Festspiele über Qualität und Klangbild der Wagner-Interpretationen. Dass die überstürzte Abreise seines Kollegen Andrís Nelsons mitten in den Proben zum Parsifal 2016 wegen Thielemanns zahlreichen "Ratschlägen" zur Werkpflege erfolgte, wurde allseits vermutet, aber nie bestätigt.

Ausgerechnet Andrís Nelsons ist es, der Thielemann bei den Wiener Philharmonikern anderweitig "beerbt": Mit dem lettischen Dirigenten plant das Spitzenorchester eine Gesamtaufnahme aller Beethoven-Symphonien. Die letzte Einspielung des Neunerpacks wurde 2010 veröffentlicht – der Dirigent hieß Christian Thielemann.

Plötzliche Rupturen

Der im April 1959 in Berlin Geborene begann seine Laufbahn als Korrepetitor an der Deutschen Oper Berlin und als Assistent Herbert von Karajans. Seine erfolgreiche Karriere war immer wieder von plötzlichen Rupturen (etwa in Berlin und in München) gekennzeichnet. Bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden scheint der Liebhaber Ostpreußens und Freund von Springer-Chef Mathias Döpfner nun einen ruhigen Hafen gefunden zu haben (bis 2024, so Thielemann will).

Bei Silvesterkonzerten der Dresdner Semperoper hat der Deutsche schon ein wenig für das Neujahrskonzert vorgeübt, mit Leichtmusikalischem von Lehár und Kálmán. Das Silvesterkonzert 2017 stand unter dem Motto des 100-Jahr-Jubiläums der Ufa, Thielemann präsentierte Unterhaltungsmusik aus den 1930er- und 1940er-Jahren, sowohl von Mitläufern als auch von Verfolgten des NS-Regimes – was Kritik nach sich zog.

Wie auch immer das Programm des Neujahrskonzerts 2019 ausschauen wird, eines ist sicher: So komfortabel ausschlafen wie zur letzten Jahreswende wird der deutsche Kapellmeister nicht mehr können. Aber das frühe Aufstehen lohnt sich: Als Dirigent des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker steht Christian Thielemann im meistbetrachteten Schaufenster, das die Klassikbranche zu bieten hat. (Stefan Ender, 1.1.2018)