"Lebendiges Wasser" kann ein Potpourri an Bakterien enthalten, auch wenn es "leicht süßlich" schmecken soll.

Foto: Screenshot/YouTube

Doug Evans bezeichnet sich selbst als "Gesundheitsextremisten". In die Schlagzeilen gelangte der Kalifornier, weil er das Start-up Juicero mitgegründet hatte, das als größter Flop des vergangenen Jahres gilt. Dabei handelt es sich um eine 400 Dollar teure Saftpresse, die sinnlos ist – denn die speziellen Beutel dafür kann man auch per Hand zerdrücken. Jetzt hat Evans eine neue Leidenschaft: ungefiltertes Naturwasser. Er ist damit nicht allein. Im Silicon Valley ist "rohes Wasser" oder "lebendiges Wasser" das neue Wundermittel.

60 Dollar für zehn Liter

"Es hat eine Süße, erzeugt ein angenehmes Gefühl im Mund, keinen überwältigenden Geschmack", sagte der Verkäufer Kevin Freeman zur "New York Times". Er arbeitet in der Rainbow Grocery, wo zehn Liter "rohes Wasser" für 37 Dollar verkauft wurde. Nach dem Artikel in der "New York Times" stieg der Preis auf 60 Dollar. Anhänger des "lebendigen Wassers" brechen in private Grundstücke ein, um Wasser aus Quellen oder kleineren Seen zu stehlen. Es gibt Podcasts wie "Rewild Yourself" oder Webseiten wie "Find A Spring", die derartige Aktionen unterstützen.

LIVE WATER

"Grüne Farbe"

Live Water ist eines der Start-ups, mit denen man sich das ersparen kann. "Wenn das Wasser zu lange aufbewahrt wird, bekommt es eine grüne Farbe", sagt dessen Gründer Mukhande Singh. Bei Mineralwasser sei das nicht der Fall, da dieses "tot" sei. Ein anderes gefeiertes Start-up ist Zero Mass Water, das Investments in der Höhe von 24 Millionen Dollar ergattern konnte. Das Unternehmen installiert auf Wohnhäusern Systeme zur Wassererzeugung.

Spitzenmanager wollen sich selbst versorgen

Der Preis dafür: 4.500 Dollar. Leisten wollen sich das vor allem Spitzenmanager. Die "New York Times" berichtet etwa, dass Tech-Entrepreneur Skip Battle ein derartiges System installiert hat. Battle sitzt in den Vorständen von Netflix, Linkedin und Open Table. Die Wasseraufbereitung durch Zero Mass Water zeigt, wie technische Mittel für die vermeintliche Lebensverbesserung genutzt werden. Im Silicon Valley herrscht teils das Gefühl vor, dem Rest der Welt voraus zu sein.

Bakterien

Doch der Gesundheitswahn kann leicht ins Gefährliche abgleiten. Live-Water-Gründer Singh ist etwa Anhänger von Verschwörungstheorien. Er denkt, dass die Regierung das Leitungswasser "vergifte" und damit "Geburten- und Gedankenkontrolle" durchführe. Doch Gesundheitsexperten warnen vor dem "lebendigen Wasser". Dass Leitungs- und Mineralwasser behandelt werde, liege daran, dass "rohes Wasser" schädliche Bakterien enthalte. "Man kann Erwachsene nicht davon abhalten, dumm zu sein", sagt der Ernährungsexperte Bill Marler – "aber man sollte es zumindest probieren." (red, 3.1.2018)