Zum Entrümpeln gibt es im Wirtschaftsministerium einiges, vor allem die Gewerbeordnung mit mehr als 80 reglementierten Gewerben. Ministerin Margarete Schramböck will dabei behutsam vorgehen.

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Die Reformen am Arbeitsmarkt und deren mediales Echo halten die Regierung auf Trab. Nun äußert sich die neue Wirtschaftsministerin, Margarete Schramböck aus dem Team Kurz, zu dem Thema. Wo derzeit größere Distanzen als Grund zur Verweigerung einer Job-Annahme sind, plädiert sie für einen Umzug. Zumindest bei Jüngeren, die keine Betreuungspflichten haben. Auch beim Zuzug von Arbeitskräften aus Drittstaaten sieht die frühere A1-Managerin Änderungsbedarf, weil hier die Situation regional unterschiedlich ist. "Da wird was kommen müssen."

STANDARD: Man hat den Eindruck, die neue Regierung hat viele große Pläne, der Start ist aber von der Reform des Arbeitslosengeldes überschattet. Sehen Sie da Wolken über der Regierungsarbeit ?

Schramböck: Es werden von mir nächste Woche im Bereich Digitalisierung viele unterschiedliche Themen kommen. So werden neue Schwerpunkte und Akzente gesetzt. Ich komme aus dem unternehmerischen Umfeld, wo entscheidend ist, was umgesetzt wird. Und da sind wir als Regierung ein starkes Team, weil wir vieles sofort umgesetzt haben.

STANDARD: Man gewinnt den Eindruck, dass man beim Thema Arbeitsmarkt ein Stück weit zumindest ungeschickt formuliert hat ...

Schramböck: Ich glaube, es ist jetzt klar wie wir vorgehen: Wir sind drei Ministerien, die gemeinsam mit den Regierungskoordinatoren Details ausarbeiten werden, und das braucht ein bisschen Zeit, damit es auch qualitativ wird. Es geht ja um ein Thema das man mit Bedacht ausarbeiten muss.

STANDARD: Was ist Ihr Part dabei?

Schramböck: Mein Part ist generell, nämlich darauf zu achten, dass die Unternehmen das bekommen, was sie brauchen, damit wir Wirtschaftswachstum haben und Arbeitsplätze schaffen. Fachkräfte und Wirtschaftsmaßnahmen werden bei mir die Hauptthemen sein.

Bei der Arbeitsmarkt-Diskussion soll man die Regierung jetzt arbeiten lassen, sagt Schramböck.
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STANDARD: Spielt dabei auch die Liste an Mangelberufen eine Rolle?

Schramböck: Nicht unmittelbar, das kommt von den Sozialpartnern. Ganz wichtig sind Ausbildung, Lehre und Meister, eine österreichische Besonderheit, die wir stärken sollten. Wir müssen dafür sorgen, dass junge Menschen neue Berufe erlernen können, die für sie spannend sind und Zukunftschancen bieten. Da werden 13 neue Berufe geschaffen, zum Beispiel E-Commerce-Kaufmann/-frau, Medienfachmann.

STANDARD: Noch einmal zurück zur Causa prima. Die Unternehmen beklagen, dass Mitarbeiter schwer vermittelbar sind – auch wegen des Berufsschutzes. Wie sehen Sie das?

Schramböck: Fachkräftemangel ist sicher eines der Themen, die wir lösen müssen, um Wirtschaftswachstum zu kreieren. Wir müssen Fachkräfte dort hin bringen, wo sie gebraucht werden. Da ist auch das Thema Bildung entscheidend.

STANDARD: Es gibt fast gleich viele arbeitslose Köche wie offene Stellen. Braucht es da mehr Druck in Richtung Zumutbarkeit, damit die Arbeitssuchenden dorthin gehen, wo sie gebraucht werden?

Schramböck: Es ist vor allem im Westen ein großes Problem. Das ist ein regionales Thema. Wir werden uns das anschauen müssen. Digitalisierung hilft uns bei vielen Berufen, beim Koch leider nicht.

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Und hat dann gleich einen Vorschlag, wie man Köche besser von Ost nach West hieven kann. Sie sollen übersiedeln.
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STANDARD: Dass ein Koch von Wien nach Tirol ziehen muss, das würden Sie jetzt nicht ausschließen?

Schramböck: Es geht um die Lebensumstände. Bei jungen Menschen ist nicht einzusehen, dass sie sich nicht bewegen. Aber wenn jemand Familie oder Pflegeverpflichtungen hat, dann ist das etwas anderes. Ich würde die Motivation schon von den Jungen erwarten, es gibt ja so viele Chancen zu nutzen, wenn man flexibel ist.

STANDARD: Sehen Sie den Abstieg in die Mindestsicherung als Anreiz dafür, einen Job anzunehmen?

Schramböck: Wenn jemand sehr jung ist, sollte es schon Anreiz geben, von sich aus aktiv zu werden. Wer lang eingezahlt hat, sollte auch länger ein Anrecht auf Unterstützung haben.

STANDARD: Die Mangelberufsliste wurde kritisiert, weil sie auf regionale Bedürfnisse zu wenig Rücksicht nimmt. Tirol und Salzburg sollten Köche aus Drittstaaten nehmen können, wenn Bedarf besteht.

Schramböck: Wir können ja Regionen nicht schwächen, indem wir sagen: "Ihr dürft Leute nicht einstellen." Wenn Positionen besetzt werden, dann erzeugt das ja weitere Arbeitsplätze. Das muss man sich gewissenhaft anschauen, da wird was kommen müssen.

STANDARD: Es gibt Vorwürfe, Österreich nutze das Potenzial der Asylwerber nicht ausreichend?

Schramböck: Ich denke, wir sollten einmal das Potenzial ausschöpfen, das wir in Österreich haben.

STANDARD: Stichwort Entrümpelung, die hat breiten Raum im Regierungsprogramm. Wo fangen Sie an beim Ausmisten?

Schramböck: Ob ein Eissalon zehn oder 15 Stühle drin hat, müssten wir wirklich nicht genehmigen, wir tun das aber! Also: Betriebsanlagengenehmigungen durchforsten. Auch die Meldepflichten werden wir überprüfen. Pro Jahr machen die Betriebe 230 Millionen Meldungen, das kostet die Wirtschaft 4,3 Milliarden Euro. Jedes Ministerium durchforstet jetzt seine Quellen und ich schaue dann, wo welche Information erstmals an ein Amt eingeliefert wird und wie sie anderen Behörden zugänglich gemacht werden kann.

Auch im Eissalon herrscht laut Wirtschaftsministerin Reformbedarf.
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STANDARD: Und tut damit was?

Schramböck: Zum Beispiel die Kfz-Steuer. Wer sie zahlt, gibt mit dieser Meldung alle Daten an, sie sind damit aber nicht allen Verwaltungseinheiten zugänglich. Vom Unternehmen braucht die Verwaltung nur mehr den Zusatz "gewerbliche Nutzung", man muss dafür aber noch Formulare ausfüllen. Unser Ziel ist "once only", also die Daten nur einmal in die Verwaltung einspeisen müssen.

STANDARD: Wird dafür ein neues Portal geschaffen? Es gibt bereits mehrere von Finanzonline bis zum Unternehmensserviceportal USP

Schramböck: Unter www.oesterreich.gv.at werden wir Portale wie help.gv.at zusammenführen, um dem Bürger einen einheitlichen Zugang zu ermöglichen.

Margarete Schramböck (47) war bis Oktober Chefin der Österreich-Tochter A1 der Telekom Austria, ehe sie am 18. Dezember zur Bundesministerin für Wirtschaftsstandort und Digitalisierung (ÖVP) angelobt wurde. Die gebürtige Tirolerin studierte an der WU Wien Betriebswirtschaft, arbeitete beim Telekomausrüster Alcatel, ehe sie 2002 zu Nextira One wechselte, wo sie das Österreich- und Deutschlandgeschäft leitete. (Andreas Schnauder, Luise Ungerboeck, 12.1.2018)