Ein Essen mit Freunden wird bei wenig Platz zur Herausforderung. Daher gibt es mancherorts Gemeinschaftsküchen.

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Wohnungen in Ballungsräumen werden immer kompakter. Dieser globale Trend ist weniger der Sehnsucht nach Kompaktheit als den steigenden Immobilienpreisen geschuldet. In Hongkong sind diese sogenannten Mikrowohnungen nur noch mickrige zwölf bis 15 Quadratmeter groß. Um Platz zu sparen, wird dort beispielsweise auf eine Duschkabine verzichtet. Der Duschkopf befindet sich einfach über der Toilette.

Die Bewohner solcher Wohnungen dürften neidisch auf jene vergleichsweise großen Mikrowohnungen schielen, die in Wien immer öfter gebaut werden. Denn laut Wiener Bauordnung muss eine Wohnung mindestens 30 Quadratmeter groß sein. Im Viertel Zwei in der Leopoldstadt wurde im Vorjahr das Projekt "Studio Zwei" fertig, das überwiegend aus Kleinwohnungen mit 32 Quadratmetern besteht – inklusive Klappbett und ausklappbarer Küche.

Produkt für Anleger

In Ottakring ist gerade das Projekt "Karla & Ferdinand" in Bau. In einem früheren Bürohaus wird hier an Zwei-Zimmer-Wohnungen mit Größen ab 32 Quadratmetern gebaut. Die günstigsten Einheiten sind um etwa 134.000 Euro zu haben, die Zielgruppe sind Anleger, die sich davon eine Rendite von vier Prozent erhoffen.

"Natürlich ist es schön, wenn man viel Raum hat", sagt der Wiener Architekt Thomas Hayde, der sich aktuell ebenfalls mit dem Trend Mikrowohnen beschäftigt – über das konkrete Projekt aber im Gespräch mit dem STANDARD nicht viel verraten will. "Je enger es ist, desto weniger Platz hat man für das Gefühl, für das Wesen."

Kompakte Funktionsräume

Und auch für Planer sind die Mikrowohnungen eine Herausforderung. Um den Mangel an Fläche zu kompensieren, könnte man auf höhere Räume setzen, schlägt der Architekt vor. Das scheitere aber oft daran, dass dadurch schnell ein Stockwerk verlorengeht, was vonseiten der Immobilienentwickler nicht erwünscht ist.

Hayde empfiehlt auch, bei Mikrowohnungen großzügige Belichtungsflächen und Freiflächen, etwa Balkone, einzuplanen. Funktionsräume wie Küche, Bad und WC sollten so kompakt wie möglich gehalten sein, damit viel Wohnraum übrig bleibt.

Schwierig ist, auf 30 Quadratmetern ausreichend Stauraum unterzubringen. Hayde schlägt vor, die möglichen Raumhöhen in den Sanitärräumen nicht ganz auszuschöpfen, damit darüber noch ein bisschen Stauraum für Krimskrams bleibt. "Aber ein Abstellraum wird sich wohl nicht ausgehen." Eine Möglichkeit sei aber auch, im Haus größere Einlagerungsräume zu schaffen.

Attraktive Gemeinschaftsräume

Besonders wichtig ist bei kleinen Wohnungen, die Möblierung mitzudenken, also beispielsweise sicherzustellen, dass sich auch der Ikea-Kasten noch ausgeht, betont der für die Vermarktung des Projekts Karla & Ferdinand in Ottakring zuständige Makler David Breitwieser von EHL Immobilien.

Hayde plädiert für attraktive Gemeinschaftsräume, in die bestimmte Funktionen ausgelagert werden können: Denn wer in einer 30 Quadratmeter großen Wohnung Freunde zum Abendessen einladen will, darf keine Platzangst haben. Daher, so Hayde, könnte man eine Gemeinschaftsküche einplanen, die für solche Anlässe gebucht werden kann.

Ein Comeback der Gemeinschaftsräume also, die in vielen Wohnhäusern als Abstellraum verkümmern? "Ich bin ein Verfechter des Hausmeisters", sagt Hayde. "Wenn sich jemand persönlich darum kümmert, dass die Räume ordentlich bleiben, dann werden sie auch genutzt."

Emotionales Thema

Die schrumpfenden Wohnungen sind für viele Menschen aber vor allem ein hochemotionales Thema. Denn gegen eine Wohnung mit richtig viel Platz hätten theoretisch nur die wenigsten etwas einzuwenden. Praktisch hapert es aber an der Leistbarkeit.

"Es gibt Lebensphasen, in denen das Wohnen in einer solchen Wohnung passt", ist Architekt Hayde überzeugt. Vom Wohnen zu zweit auf so wenig Platz rät er aber eher ab. Er glaubt auch, dass die Mietdauer in solchen Wohnungen kürzer ausfällt als in größer dimensionierten Objekten.

"Jeder hätte lieber eine 50 bis 60 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung", sagt auch Makler Breitwieser. Aber Platz sei eben begrenzt. Zumindest in zentralen Lagen: "Im 22. Bezirk hat eine Zwei-Zimmer-Wohnung diese 50 bis 60 Quadratmeter, im Zentrum eben nur 30." Und noch ein Argument führt Architekt Hayde ins Treffen: "Wenn das Produkt keiner kaufen würde, würde es ja auch niemand bauen." (Franziska Zoidl, 20.1.2018)