Viele Gene, die bei der Entwicklung einer Diabetes mitwirken, sind nach wie vor unbekannt. Durch die Entschlüsselung der Ursachen soll es gelingen, therapeutisch und präventiv einzugreifen.

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München – Die Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes ist ein komplexer Prozess. Sowohl bei Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes sind neben Lebensstil- und Umweltfaktoren auch viele verschiedene Gene für die Krankheitsentstehung verantwortlich. Sie liefern die Baupläne der einzelnen Proteine, die eine Funktion im Zuckerstoffwechsel haben.

Viele Gene, die in der Entwicklung von Erkrankungen wie Diabetes eine wichtige Rolle spielen, sind nach wie vor unbekannt. Nur durch die Entschlüsselung der Ursachen und Entstehungsmuster ist es möglich, die Krankheiten zu verstehen und therapeutisch einzugreifen. So sollen zukünftig neu identifizierte Diabetes-Gene als Biomarker für eine individuelle Risikovorhersage oder zur Diagnostik der Erkrankung eingesetzt werden.

Neue Kandidatengene für Diabetes

Wissenschafter des Helmholtz Zentrums München sowie des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung untersuchten deshalb die Stoffwechselfunktionen von Mäusen, denen jeweils ein genau ausgewähltes Gen fehlte. Mit dieser Methode versuchten die Forscher herauszufinden, ob das fehlende Gen an wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt ist.

"Unsere Auswertung dieser Phänotypisierungsdaten hat insgesamt 974 Gene identifiziert, deren Verlust Auswirkungen auf den Zucker- und Fettstoffwechsel zeigt", sagt Studienleiter Hrabě de Angelis. "Für mehr als ein Drittel der Gene war zuvor keine Verbindung zum Stoffwechsel bekannt. Spannend ist zudem, dass je nach Geschlecht unterschiedliche Gene betroffen sein können."

Darüber hinaus, so berichten die Forscher, waren die Funktionen von 51 der gefundenen Stoffwechsel-Gene bisher gänzlich unbekannt. Zusätzlich konnte bereits beim Abgleich mit an Menschen erhobenen Genom-Daten gezeigt werden, dass 23 Gene offenbar eine Rolle bei Diabeteserkrankungen beim Menschen spielen.

Netzwerk von Genen

Eines dieser Gene ist C4orf22, das bei Probanden der Diabetes-Studie "Tübingen Family Study" an der Wirkung von Insulin beteiligt zu sein scheint. Für die 51 neuen Gene muss das noch gezeigt werden. "Sie sind neue Kandidatengene, und die neuen Ergebnisse sind möglicherweise hilfreich bei der Untersuchung der Ursache eines gestörten Zuckerstoffwechsels und Diabetes", erklärt Jan Rozman, Erstautor der Studie.

Interessanterweis ähnelten sich diese Gene auch in ihrer Struktur: Viele wiesen gemeinsame regulatorische Elemente auf. Die Wissenschafter gehen daher davon aus, dass es sich bei diesen Genen um ein Netzwerk handelt. (red, 23.1.2018)