Tiroler ORF-Landesdirektor Helmut Krieghofer hat sich bei Markus Abwerzger entschuldigt.

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Wien – Der Tiroler ORF-Landesdirektor Helmut Krieghofer hat sich bei Markus Abwerzger, Chef der FPÖ in Tirol, für den "Tirol heute"-Beitrag vom Freitag entschuldigt. Dies erklärte er am Montag in einem der APA vorliegenden Statement. Abwerzger bestätigte ein Gespräch, pochte aber gegenüber der APA auf ein öffentliches Fehlereingeständnis des ORF. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky kritisiert wiederum ORF-Chef Alexander Wrabetz für einen Tweet, den dieser gelikt haben soll, und fordert dessen Rücktritt.

Krieghofer hat sich entschuldigt

"Ich habe heute mit Mag. Markus Abwerzger und Rudi Federspiel persönlich gesprochen und mich im Namen des ORF entschuldigt", berichtete Krieghofer von einem Gespräch mit dem Landesobmann sowie dem FPÖ-Stadtparteichef. Die verantwortliche Redakteurin habe ihm versichert, "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben". Aus "Zeitknappheit" und wegen "technischer Probleme" sei der Beitrag erst unmittelbar vor Sendungsstart fertig geworden und auf Sendung gegangen, schilderte er die Causa aus ORF-Sicht. Die Distanzierungen Abwerzgers und Federspiels von den antisemitischen Äußerungen eines Passanten seien nicht dabei gewesen, räumte er ein. Man habe dies dann am Samstag in der "Zeit im Bild" um 13 Uhr und in "Tirol heute" mit einer ausführlichen Stellungnahme von Abwerzger "nachgeholt".

Unabhängigkeit als "oberstes Gebot"

Die "Unabhängigkeit der Redaktion" sei ihm "oberstes Gebot", versicherte der Landesdirektor. Zugleich betonte er, dass er sich "für eine gewohnt objektive Berichterstattung seines Teams in der verbleibenden Wahlkampfzeit in Tirol verbürge". Er habe am Montag überdies auch mit Esther Fritsch von der Israelitischen Kultusgemeinde gesprochen, die "sich vergangene Woche erschüttert über die antisemitischen Aussagen eines Passanten vor laufender Kamera gezeigt hatte".

Öffentliches Eingeständnis verlangt

Quasi parallel zu Krieghofers Statement langte indes eine Aussendung Abwerzgers ein, in der er die "mangelnde Einsicht des ORF Tirol" kritisierte. Auf APA-Nachfrage bestätigte ein Sprecher: "Es hat ein persönliches Telefonat gegeben, bei dem sich der Herr Landesdirektor entschuldigt hat. Diese Entschuldigung wurde angenommen." Das große "Aber": Für Abwerzger "ist es wichtig, dass der ORF öffentlich eingesteht, dass hier ein schwerwiegender Fehler begangen und die Objektivität nicht eingehalten wurde".

ORF Tirol zeigte Hofer nicht

Das ORF-Landesstudio Tirol lieferte der FPÖ schon zum zweiten Mal binnen weniger Tage Angriffspunkte: Ein Team des Landesstudios fuhr vorige Woche zum Transitgipfel nach München und lieferte der "Zeit im Bild" den Beitrag zu. Mit dem Fokus eines ORF-Landesstudios: Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stand im Mittelpunkt des Beitrags – und Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer wurde nicht erwähnt. ARD und ZDF indes fanden den Auftritt des FPÖ-Politikers in seinen ersten Wochen als Minister Beiträge und Befragung wert. Hofer nahm den "ZiB"-Beitrag ohne ihn zum Anlass, die Rundfunkgebühren infrage zu stellen – und mit ihm gleich die FPÖ von Vizekanzler und Parteichef Heinz-Christian Strache abwärts.

Das Landesstudio Tirol leitet der frühere ÖVP- und Uniqa-Manager Helmut Krieghofer. Er, wiewohl schon 66, will die Führung des ORF-Studios erst nach der Landtagswahl abgeben. Inzwischen wurde eine etwas weniger politiknahe Sprachregelung gefunden: Krieghofer will nun offiziell bis zur Straßenradweltmeisterschaft Ende September Landesdirektor bleiben.

Vilimsky hält Wrabetz "Like" vor

Eine "unfassbare Entgleisung von ORF-Wrabetz" ortet wiederum FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky via Aussendung. "Nicht nur, dass der ORF-Tirol schwer manipulativ in seine Berichterstattung über den FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger eingriff, 'likt' vor kurzem ORF-General Alexander Wrabetz einen Tweet, in dem Vizekanzler Strache, die Abgeordnete Schimanek und Abwerzger als NS-Verbrecher bezeichnet werden", schreibt Vilimsky und veröffentlichte den Tweet.

Was bei Vilimsky nicht hervorgeht und offensichtlich von ihm entfernt wurde: Die Bezeichnung "NS-Verbrecher" hat sich im Tweet des Tiroler Publizisten Markus Wilhelm ("Die Tiwag") nicht auf Strache, Schimanek und Abwerzger bezogen, sondern auf ehemalige Mitglieder von Abwerzgers Burschenschaft. Dieser Teil des Fotos fehlt in seinem Tweet.

ORF-Chef Alexander Wrabetz bedankte sich auf Twitter für den Hinweis. Er habe den Tweet "natürlich nicht" gelikt, aber die Löschung veranlasst.

Ermittlungen gegen den Passanten

Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen jenen Mann eingeleitet, der in dem umstrittenen ORF-Beitrag über den Tiroler FPÖ-Wahlkampf des Spitzenkandidaten Markus Abwerzger anscheinend antisemitisches Gedankengut von sich gab. Man ermittle wegen des Anfangsverdachts des Verbrechens nach dem NS-Verbotsgesetz, sagte ein Sprecher der APA und bestätigte einen Bericht des ORF Tirol.

Derzeit laufe das Verfahren gegen unbekannt, weil man ja die Identität des Mannes noch nicht kenne, erklärte Sprecher Florian Oberhofer. Der ORF hatte die FPÖ im Olympischen Dorf in Innsbruck bei ihren Wahlkampfaktivitäten begleitet. (APA, red, fid, 12.2.2018)

Update:

Am Dienstag ging der freiheitliche Spitzenkandidat Markus Abwerzger zwölf Tage vor der Landtagswahl auf direkte Konfrontation mit Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), berichtet die APA. Dessen "Schweigen" in der "Causa ORF Tirol" sei "unerträglich", kritisierte Abwerzger am Dienstag in einer Aussendung.

"Wann distanziert sich Platter endlich von den Vorfällen und nimmt Stellung", fragte der Tiroler FPÖ-Chef zudem. Platter hatte am vergangenen Samstag in einer von der "Tiroler Tageszeitung" veranstalteten Diskussion der Spitzenkandidaten im Zusammenhang mit dem ORF-Bericht gemeint, dass Antisemitismus in Tirol nichts verloren habe: "Solche Diskussionen müssen sofort beendet werden. Da muss man sofort einschreiten und sagen: Diese Diskussion ist in Tirol nicht zulässig." Sowohl Politik als auch Medien müssten alles daran setzen, dass derartige Dinge in Tirol keinen Platz haben, so der Landeshauptmann. (APA, 13.2.2018)