Back to the roots: Facebook will wieder mehr Beiträge von Freunden und Familie zeigen.

Foto: Facebook

Wien – Neue Bekanntschaften schließen. Sehen, was Freunde treiben, die es in einen anderen Winkel der Erde verschlagen hat. Die Urlaubsfotos von Verwandten durchklicken – oder ungeschaut "liken" und ohne schlechtes Gewissen ignorieren. Facebook hat einmal Spaß gemacht. Doch das ist vorbei. Das größte soziale Netzwerk ist zu einem undurchschaubaren Ungetüm angewachsen. Grund dafür sind die Algorithmen des Unternehmens, die Nutzern vorlegen, was sie aufgrund verschiedener Parameter angeblich interessiert – und dabei pushen, was bezahlt wird oder das Interesse der breiten Masse geweckt hat.

Das hatte unerwartete Nebenwirkungen: Facebook wurde zum Multiplikator für Fake-News. Zur PR-Schleuder für Firmen und Politik. Und zum unfreiwilligen Gehilfen, um Menschen und Personengruppen zu verhetzen. Der Spaß ist auf der Strecke geblieben. Das bekommt das Unternehmen auch zu spüren. Seine Nutzer verbringen immer weniger Zeit auf der Seite.

Dass Facebook ein Problem hat, weiß auch das Unternehmen. "Ich wünschte, ich könnte garantieren, dass das Positive schwerer als das Negative wiegt, aber das kann ich nicht." Diese Worte stammen aus einem Blogeintrag, den Facebook-Manager Samidh Chakrabarti Ende Jänner veröffentlichte. Er antwortete damit auf die Frage, welchen Einfluss soziale Medien auf die Demokratie haben.

Dauerbaustelle Newsfeed

Mit über zwei Milliarden Nutzern ist Facebook ein lohnendes Ziel für politische Einflussnahme. Im US-Wahlkampf 2016 erreichte russische Wahlwerbung immerhin 126 Millionen US-Bürger. Die Plattform wird von politischen Akteuren auch bewusst genutzt, um Stimmung gegen Personengruppen zu machen – etwa Flüchtlinge. Das hat dazu geführt, dass in Deutschland ein neues Gesetz verabschiedet wurde. Dieses sieht vor, dass illegale Inhalte binnen 24 Stunden gelöscht werden müssen. Facebook hat mit mehr Personal zur Löschung reagiert.

Immer wieder tüftelt Facebook daher am Newsfeed der Nutzer, um auf solche Trends zu reagieren. Mit den jüngsten Änderungen will man nun quasi zurück zum Ursprung. Beiträge von Freunden und Familien werden wieder stärker in den Vordergrund gerückt, wie CEO Mark Zuckerberg vor kurzem verkündete. Die Algorithmen sollen Nutzern helfen, "bedeutsamere soziale Beziehungen" zu knüpfen, anstatt "relevantere Inhalte" zu finden. Gleichzeitig werden Inhalte von Medien und Firmen nicht mehr so prominent angezeigt.

Medien boykottieren

Das hat erwartungsgemäß für Ärger gesorgt. So postet etwa Folha de S. Paulo, die größte Zeitung Brasiliens, nicht mehr auf Facebook. Wegen des neuen Algorithmus sei die Anzahl der Kommentare und Gefällt-mir-Angaben für die zehn größten Zeitungen Brasiliens im letzten Jahr um 32 Prozent gesunken, haben Recherchen der Folha ergeben.

Auch der dänische Fernsehsender TV Midtvest teilte im Jänner zwei Wochen lang keine Artikel auf Facebook. Das Ergebnis: weniger Besucher, die dafür aber länger bleiben und mehr Seiten ansehen. Außerdem verteilten sich die User auf mehrere Artikel, während auf Facebook immer nur wenige Artikel "trenden".

Armin Wolf wendet sich von Facebook ab

In Österreich hat ZiB 2-Anchorman Armin Wolf angekündigt, sein Engagement zurückzufahren, da seine Beiträge nicht mehr alle Abonnenten erreichen. Vor der Umstellung habe Wolf oft Reichweiten von über einer Million Personen erzielt, jetzt erreiche er oft nicht einmal mehr seine 296.000 Fans. Wolfs "Deal" mit Facebook: "Ich habe für die enorme Reichweite meiner Postings eben nicht mit Geld bezahlt, sondern mit meinen Inhalten und meinen Abonnenten – und die hat Facebook an seine Werbekunden weiterverkauft." Der Deal geht für ihn nun nicht mehr auf – er weicht auf einen neuen Blog aus.

Medien kann der neue Algorithmus also nicht begeistern. Aber ist er eine Änderung zugunsten persönlicher Beziehungen? Nicht ganz, denn wer zahlt, dessen Beiträge werden weiterhin prominent platziert.

"Dislike"-Button gefällt nicht

Und das nächste potenzielle Ärgernis steht ebenfalls bereits ins Haus. Facebook testet in den USA mit einigen Nutzern derzeit einen Button, mit dem man Kommentare anderer Nutzer herabstufen kann. Eine Maßnahme, um auf unpassende oder beleidigende Kommentare zu reagieren. Doch die Funktion könnte auch als Mittel zur Zensur missbraucht werden. Aus diesem Grund hat Facebook bisher auch immer von einem echten "Dislike"-Button abgesehen und stattdessen verschiedene Emojis für Reaktionen auf Beiträge eingeführt. (br, pp, 13.2.2018)