Um dem Hausärztemangel entgegenzuwirken, investieren Bund, Ärztekammer und Sozialversicherungsträger in den nächsten drei Jahren in die Ausbildung der Jungmediziner.

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Wien – Bereits am Montag ist der Salzburger Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) mit der Verkündung einer Einigung bei der Finanzierung von Lehrpraxen für Jungmediziner vorgeprescht. Dienstagvormittag hat nun auch Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zusammen mit Ärztekammer und Hauptverband der Sozialversicherungsträger das neue Finanzierungsmodell präsentiert.

Rund 25 Millionen Euro werden für die Lehrpraxisausbildung von Allgemeinmedizinern in den nächsten drei Jahren in die Hand genommen. 450 Lehrpraktikanten sollen pro Jahr ausgebildet werden, die Kosten pro Lehrpraktikant belaufen sich auf 27.000 Euro. Für 2018 wird, da das Modell erst anläuft, mit zwei Millionen gerechnet. Ab 2019 sind zwölf Millionen Euro jährlich veranschlagt. Bis dato lag die Finanzierung in der Verantwortung des Bundes.

Kostensplitting

Nach der neuen Vereinbarung teilen sich die Kosten der Bund (25 Prozent), die Sozialversicherungen (32,5 Prozent), die Länder (32,5 Prozent) und die Ärzte selbst (10 Prozent). Die Förderung des Bundes ist mit vier Millionen gedeckelt. Sobald diese Mittel ausgeschöpft sind, übernehmen die Länder und die Sozialversicherungen die darüber hinausgehenden Kosten.

Die Lehrpraxen bestehen seit 1996 und waren für angehende Hausärzte bisher ein freiwilliges Angebot, das nur in den Ambulanzen vorgesehen war. Ab Jahresmitte sollen sie jedoch für alle angehenden Ärzte, die ihre Ausbildung nach der neuen Ärzteausbildungsordnung absolvieren, verpflichtend sein. Sechs Monate lang sollen Jungärzte dann im Rahmen der Lehrpraxis Hausärzten vor Ort über die Schulter schauen und den laufenden Betrieb kennenlernen.

Hartinger-Klein sprach am Dienstag von einer "neuen Form der Zusammenarbeit, die alle Partner einbezieht, um für die Patienten das Beste herauszuholen". Die Lehrpraxen seien "ein Meilenstein, um Allgemeinmediziner zu fördern."

Gleichstellung mit angehenden Fachärzten

Entgegenwirken will man damit vor allem dem Hausärztemangel. "So steigen die Chancen, dass sich junge Ärzte für den Beruf des niedergelassenen Praktikers entscheiden", sagte der Hauptverbandschef Alexander Biach.

Verdienen sollen die angehenden Hausärzte gleich viel wie Jungärzte im Spital. Dazu hat die Bundeskurie niedergelassene Ärzte mit der Bundeskurie angestellte Ärzte einen Kollektivvertrag abgeschlossen, berichtete Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte. "Die Grundproblematik des Hausärztemangels ist mittlerweile durchgedrungen", sagte Steinhart. "Erste Brüche diesbezüglich zeigen sich schon in der Versorgung am Land."

Ärztekammer sieht sich bestätigt

Mit dieser Finanzierungsform werde eine langjährige Forderung der Ärztekammer umgesetzt, sagte deren Präsident Thomas Szekeres. Das sei ein wichtiger Schritt, um dem bevorstehenden Hausärztemangel langfristig entgegenzuwirken. Aus Umfragen unter Ärzten wisse man, dass die Zeit in der Lehrpraxis oft als schönste Zeit der Ausbildung betrachtet werde.

Auch Szekeres wies auf den Bedarf an Hausärzten hin: "Auf der einen Seite gehen viele Hausärzte in Pension, auf der anderen Seite werden auch die Patienten immer älter." Trotzdem müsse man bedenken, dass etwa bei Kinderfachärzten, Pathologen und Psychotherapeuten ebenfalls Mängel bestehen.

Auch Wiens Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) lobte die neue Regelung: "In der Arbeit vor Ort lernen die jungen Ärzte nicht nur die tägliche Arbeit mit den Patienten kennen, sondern erhalten auch eine Einschulung in die Betriebsführung einer Praxis. Mit der gemeinsamen Finanzierung ist dieser letzte Ausbildungsschritt auf gute Beine gestellt", erklärte sie. (Vanessa Gaigg, 13.2.2018)