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Vom 16. bis 18. Februar diskutieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt sicherheitspolitische Themen auf der 54. Münchner Sicherheitskonferenz.

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"Der Aufbau von Fähigkeiten und Strukturen ist das eine", sagte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. "Das andere ist der gemeinsame Wille, das militärische Gewicht auch tatsächlich einzusetzen, wenn es die Umstände erfordern."

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In einer Welt, die von einer Krise in die andere zu taumeln scheint, war es eine seltene, eine unerwartet gute Nachricht: Als der Vorsitzende Wolfgang Ischinger bei der Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz Freitagnachmittag mitteilte, dass der deutsche Journalist Deniz Yücel soeben in der Türkei freigekommen sei, klatschten alle Teilnehmer erfreut und einmütig – so viel Einigkeit gibt es selten im Hotel Bayrischer Hof.

Gleich darauf richtete die Gastgeberin, die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, einen Appell an die Runde: Europa müsse größere Entschlossenheit zum Einsatz seines Militärs zeigen. "Der Aufbau von Fähigkeiten und Strukturen ist das eine", sagte von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede. "Das andere ist der gemeinsame Wille, das militärische Gewicht auch tatsächlich einzusetzen, wenn es die Umstände erfordern."

Das soll tatsächlich durch die kurz vor Weihnachten beschlossene neue permanente Strukturierte Kooperation der EU in Verteidigungsfragen eher möglich werden. Genau die hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wenige Minuten später im Blick, dass Chancen auch Risiken bergen würden. Es könne sein, dass es zwischen dem Nordatlantikpakt und der Union unerwünschte Doppelgleisigkeiten gebe. Große Koordination sei gefordert. Und überdies sei eine europäische Sicherheitspolitik ohne die USA ohnehin nicht vorstellbar.

Schwache Amerikaner

Ein wahres Wort, das bei denjenigen gleich wieder Zweifel aufkommen lassen konnte, die einen Blick auf die Gästeliste aus den USA riskierten. Die Amerikaner sind in diesem Jahr eher schwach in München vertreten. Verteidigungsminister James Mattis reiste an, auch Sicherheitsberater H. R. McMaster. Deren Chef Donald Trump zog das Wirtschaftsforum in Davos München vor, wiewohl die Sicherheitskonferenz als der politische Hotspot gilt und Davos eher als reiner Marketingauftrieb. Immerhin: Der frühere Vizepräsident Joe Biden kam als Privatmann vorbei, um die Kleist- preis-Laudatio auf US-Senator John McCain zu halten, der aus Krankheitsgründen erstmals seit Jahrzehnten nicht in München weilte.

Angereist war neben den britischen, türkischen und französischen Premiers auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, der heute, Samstag, eine Grundsatzrede zur EU halten soll. Deren Tenor werde "in Vielfalt geeint" sein, deutete Kurz am Freitag an, bevor er mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu (siehe Artikel rechts), mit EU-Brexit-Verhandler Michel Barnier und dem früheren Google-Chef Eric Schmidt zusammentraf.

Umfassende Themenlage

Generell war die Themenlage wie immer so umfassend wie undurchsichtig. Theresa May etwa kam mit ihren Brexit-Positionen im Gepäck nach Deutschland. In Sachen Ukraine sollte es Gespräche zwischen den Deutschen, Franzosen, Ukrainern und Russen geben. Unter anderem eine friedenserhaltende Truppe für den Osten (wahrscheinlich unter österreichischer Beteiligung) sollte besprochen werden. Insider erwarteten keinen Durchbruch. Die Gespräche seien hastig vorbereitet, weder Moskau noch Kiew hätten echtes Interesse an Ergebnissen. "Vielleicht gibt es etwas auf Papier, aber vorwiegend Papier ist das Minsker Abkommen auch", sagte ein hoher Diplomat dem STANDARD. Tatsächlich wurde die Gesprächsrunde dann auch am Freitagabend wieder abgesagt.

Topthema war auch die vorübergehend olympisch beruhigte Lage auf der koreanischen Halbinsel. Ebenso der wieder aufflammende Konflikt in Syrien, Migration, Cybersecurity (neun Großkonzerne einigten sich vor der Konferenz auf eine Charta, die die Sicherheit im Netz erhöhen soll) und ganz generell die in Auflösung befindliche Weltordnung.

UNO-Generalsekretär António Guterres warnte indes vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten. Mit Blick auf den Bürgerkrieg in Syrien sprach er von "Chaos" im "ganzen Nahen Osten". Er bedauerte auch das Brachliegen des Nahostfriedensprozesses. (Christoph Prantner aus München, 16.2.2018)