Die anonymen Transaktionen bei Bitcoin-Investments geben der Polizei Rätsel auf. Bei der Aufarbeitung der Causa Optioment geht sie von monate- bis jahrelangen Ermittlungen aus.

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Wien – P. hat schon bessere Tage erlebt. Der steirische Vertriebsmann sieht sich derzeit mit persönlichen Angriffen und Drohungen konfrontiert. Vor seiner Wohnung und vor dem Arbeitsplatz seiner Frau wurde er abgepasst und bedrängt. Selbst vor dem Haus von P.s Eltern versammelten sich aufgebrachte Menschen, Scheiben gingen zu Bruch. Was diese Menschen von P. und zwei seiner Geschäftspartner wollen, hat vier Buchstaben: Geld.

Es handelt sich um geprellte Anleger, die ihr Erspartes oder Gepumptes in eine mutmaßliches Pyramidenspiel gesteckt haben und nun verzweifelt sind. Um die 10.000 Personen haben laut Polizeiangaben 100 Millionen Euro in ein Bitcoin-Investment-Portal namens Optioment gesteckt. Ein Totalausfall droht. P. und zwei weitere Vertriebsleute haben das "Produkt" unter die Leute gebracht. Erfunden wurde das System von Hintermännern, behaupten die Österreicher. Tatsächlich werden sie derzeit von der Staatsanwaltschaft als Zeugen geführt. Das könnte sich noch ändern. Ein Sprecher der Landespolizeidirektion (LPD) Wien erklärt, dass eine Beitragstäterschaft der Vertriebsleute geprüft werde.

Monatelange Ermittlungen

Derzeit wird wegen Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs ermittelt, es müsse aber erst einmal festgestellt werden, ob tatsächlich eine Täuschungshandlung vorlag. "Die Ermittlungen stehen ganz am Anfang, es stehen monate-, wenn nicht jahrelange Ermittlungen bevor", so der Sprecher der Polizeidirektion.

Außerdem würden die Verbindungen nach Deutschland und in die Türkei die Ermittlungen weiter erschweren. Die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden wäre zwar gut, jene mit den türkischen sei schwieriger.

Der Anwalt der drei Musketiere, wie die obersten Vertriebsleute genannt wurde, ist wegen der Bedrohungen fassungslos. In einem Fall sei bereits Personenschutz gekommen, was aber von der Polizei in Abrede gestellt wird. Alle strafrechtlich relevanten Drohungen werden ausnahmslos zur Anzeige gebracht, so Christopher Schrank, Partner der Kanzlei Brandl & Talos. Er betont, dass seine Mandanten nicht in den Zahlungsfluss von Optioment eingebunden gewesen seien. Sie wüssten demnach auch nicht, wo sich die verlorenen Bitcoins befinden.

Wer welche Rolle spielt

Derzeit wird viel spekuliert, wer bei der Abzocke welche Rolle spielte. Die Musketiere sprechen von zwei Hintermännern aus Dänemark und Lettland, die die Fäden gezogen hätten. Ob die Personen, gegen die die Vertriebsleute kurz vor Jahresende Anzeige erstattet haben, überhaupt existieren, ist noch nicht klar. Erzählt wird, die Drahtzieher seien im schwarzen Mercedes mit Ingolstädter Kennzeichen vorgefahren.

Die Staatsanwaltschaft lässt dazu von der Polizei Erhebungen durchführen und hat auch Interpol eingeschaltet. Die Gerüchteküche brodelt. Verbindungen zu bulgarischen Betrugsnetzwerken und zur russischen Mafia werden von einzelnen Anlegern vermutet. Erhärten lässt sich das nicht. Auch beim LPD wolle man derartige Gerüchte nicht kommentieren.

Einer für alle, alle für einen

Auftritt der Firma Rocket Chain. Das von einem Österreicher gegründete Unternehmen mit Sitz in Malta will geschädigte Anleger unterstützen – in Form eines Ausgleichsfonds. Dafür wurde ein eigener Verein gegründet. Von Optioment geprellte Personen können dem Verein für einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von fünf Euro beitreten. Geld, das von "kryptobegeisterten Förderern" gespendet werden soll, würde in weiterer Folge den Geschädigten zugutekommen.

"Die Aktion geht von uns aus, nicht von den Musketieren", heißt es bei Rocket Chain. Einer der Musketiere hatte das auf einer Website behauptet. Diese ist aber mittlerweile offline. (Andreas Schnauder Andreas Danzer, 17.2.2018)