Collage: Magdalena Rawicka

Hausenblas, der eine: Schreibt viele Geschichten für die Zeitung.

Foto: Angelika Krinzinger

Hausenblas, der andere: Verkauft noch mehr Staubsauger.

Foto: Hausenblas

Es ist eigenartig, jemanden anzurufen, der sich mit dem Namen meldet, den man selbst trägt. Das mag einen Eder, Böhm oder Müller wenig jucken, heißt man aber Michael Hausenblas, ist das etwas anderes.

"Ich begrüße Sie", sagt der andere via Skype und grinst aus dem Bildschirm. Honigkuchenpferd hätte man früher gesagt. Sein Büro wirkt dunkel, er selbst trägt einen grauen Anzug mit dunkelblauer Krawatte. Die blonde Mähne ist wallend. Das Wesen putzmunter. Ein Hansi Hinterseer aus dem Schwabenland.

Seine Millionen scheffelt der Sonnyboy mit dem Verkauf von Staubsaugern. Die "Stuttgarter Zeitung" titelte eine Geschichte über ihn mit "Ein Mann saugt sich nach oben!" Ohne Schmäh! Mehr als 3.000 Staubsauger hat der Schwabe selbst verkauft, mehr als 50.000 mit seinem Team.

Mir ist es vor kurzem gelungen, nach einem halben Jahr des Inserierens eine Hundetransportbox via Internet zu verscherbeln. 20 Euro in Cash hab ich dafür bekommen. Dabei war die Box eine große und so gut wie neu. Apropos Transport: Hausenblas, der auch als "Erfolgscoach" unterwegs ist, fährt einen Audi 8 und einen Ferrari. "Der ist weiß, weil das auch die Farbe meiner Firma ist." Weißer Ferrari. Tss.

Ich bin Besitzer einer Jahreskarte der Wiener Linien. Fast ein Ferrari-Rot. Auf meinem Schreibtisch liegt der Gangknüppel meines längst verschrotteten, senfgelben Austin Morris. Nicht zu verwechseln mit Aston Martin, wie James Bond einen fährt – und eines Tages bestimmt auch der Schwaben-Hausenblas. Manchmal gibt der ein paar Tausend Euro für Gewand im Monat aus, ist in einer Sat1-Sendung über ihn zu erfahren.

Und meine Wenigkeit? Stiert seit Wochen nach Feierabend in ein Schaufenster, in dem der Flanellanzug meiner Träume hängt, noch dazu im Ausverkauf. Nein, nein, der Neid ist kein Hund. Er kann auch ein Staubsauger sein.

Und auch noch fesch

Hausenblas, der andere, hat's also geschafft, wie man so schön sagt. Er hatte sogar eine eigene Fernsehsendung, eine Dokusoap auf RTL 2: "Hausenblas – Staubsauger-Vertreter Deluxe" hieß sie. Gut, mein Name steht wöchentlich klein in der Zeitung, ein Bildchen gibt's auch hin und wieder.

Aber würden meine Kolleginnen Dinge über mich sagen wie "Er ist ein toller Typ. Einmalig! Und sieht auch noch klasse aus!". Das erklärten Mitarbeiterinnen vom Staubsauger-Hausenblas in einem Zeitungsartikel. In diesem wird auch von Unwiderstehlichkeit, jugendhaftem Charme und Entschlossenheit gefaselt. Entschlossenheit? Ich möchte auf meinem Briefkasten ein "Bitte keine Reklame"-Pickerl anbringen. Dazu bin ich seit sieben Jahren fest entschlossen. Jugendhafter Charme? Ich bitte Sie. Der Typ wird 50. Ich zähle gerade einmal 48 Lenze – und einen Halben.

Schlagen wir also zurück! Auch wenn meine Wenigkeit meistens zu Fuß oder per U-Bahn unterwegs ist: Aus beruflichen Gründen bin ich schon Rolls-Royce gefahren, auch Bentley und ein ziemlich großes, rotes (!) Feuerwehrauto. Ich flog in einem Kampfjet und segelte an Bord einer America's Cup Yacht. Der Gouverneur von Gibraltar hat mich zum Lunch eingeladen, meine Nase stupste an die eines Maori-Häuptlings in Neuseeland. Ich hab im Eis-Hotel in Jukkasjärvi genächtigt, Nilpferde beobachtet, sprach mit Menschen wie Wolfgang Joop, Philippe Starck, Herbert Prohaska, Jean Nouvel, Udo Kier, Dagmar Koller oder der Oscar-nominierten Greta Gerwig. Bei Lotte Tobisch war ich auch zu Besuch, ohne ihren Teppich saugen zu müssen.

All das beeindruckt den im Allgäu geborenen Hausenblas wenig. Schließlich kennt mein deutscher Namensvetter, der – no na – in einer Villa in Stuttgart wohnt, Jürgen Drews, den König von Mallorca. Der hat schon zwei seiner Sauger gekauft. Außerdem war auch er bei zahlreichen Prominenten zu Gast, zum Beispiel bei den Protz-Geissens. Bei einem Scheich ebenso. Einzig meine Begegnung mit James Dyson, der mit Staubsaugern keine läppischen Millionen, sondern Milliarden macht, lässt ihn die Augenbrauen hochziehen. Der hat mir im Hotel Hilton persönlich vorgesaugt. "Oh, das taugt mir, also wenn Sie da ein Treffen einfädeln könnten, wäre das ein Wunschtraum von mir. Das würd ich mir auch was kosten lassen", lautet sein Angebot. So, so.

Kein Imageproblem

Ob er vielleicht einmal für einen Tag mit mir tauschen wollte? Ich meine, Redakteur klingt doch – bei allem Respekt – besser als Staubsaugervertreter. Oder? "Wenn ich nicht muss, würde ich's lieber nicht machen. Das gilt auch für andere Jobs. Ich bin zu 100 Prozent mit dem zufrieden, was ich mache. Es wäre sicher auch nett, einen Tag Bus mit Ihnen zu fahren, wenn Sie Busfahrer wären", setzt er nach. Warum ausgerechnet Busfahrer? Warum nicht Hubschrauberpilot, Kapitän oder Kranführer?

Nein, mit dem Image des Staubsaugerverkäufers hat dieser Hausenblas kein Problem. "Wissen Sie, früher hab ich Ferraris verkauft. Klar war das ein anderes Image. Da hatte ich viele Freunde, die mich besucht haben, um eine Runde mitzufahren. Das hat sich geändert, als ich auf Staubsauger umgestiegen bin", erzählt Hausenblas, den das kein bisschen zu stören scheint. Außerdem versteht sich Hausenblas nicht als klassischer Verkäufer, sondern als Mensch, der von etwas begeistert ist. Auf seiner Website ist zu lesen: "Such dir eine Tätigkeit, die dir Spaß macht, und du brauchst nicht mehr zu arbeiten." Darüber muss ich nachdenken.

Es "geschafft" zu haben bedeutet für ihn, dort angekommen zu sein, wo man sich früher einmal gesehen hat. "Wobei das nichts mit Geld zu tun hat", sagt er. Dennoch wusste er bereits als Kind, wie er leben möchte und welche Autos er fahren wollte. Selbst sein Traumhaus hat er sich damals schon mit Mikado-Stäbchen gebaut. Davor standen drei Modell-Autos.

Was es für mich bedeutet, "es" geschafft zu haben? Das sage ich ihm, wenn ich es geschafft habe. Falls er mich danach fragen würde.

Verkauft hat der "Schaffe, schaffe"-Hausenblas, der den Titel Wirtschaftssenator trägt, schon immer. Angefangen hat's in einem Keller, in dem der damals Siebenjährige eine Kiste voller Fahrradklingeln fand. Man darf raten, was Hausenblas mit dem Inhalt der Kiste angestellt hat. Bald schon hatten sämtliche Klassenkollegen genau diese Klingeln an ihren Lenkstangen. Er hat sie als "Limited Edition" verkauft. Ganz schön ausgefuchst.

Also doch eine Gemeinsamkeit außer dem Namen: Als ich sieben war, machte ich auch in Fahrrädern. Ich sollte auf Vaters Wunsch mein Fahrrad verkaufen, es handelte sich um einen orangen Highriser, dem ich entwachsen war. Kurz bevor es zum Abschluss kam, platzte der 300-Schilling-Deal, weil mir irgendein Diebsgesindel das Rad klaute. Ein traumatisches Erlebnis, das sich für alle Zeit auf meine Karriere als Verkäufer und die Zukunftswünsche des Vaters für seinen Sprössling auswirken sollte. Zeit für einen Themenwechsel.

Kaviar & Kichern

Auf die Frage, wie ihm der Name Hausenblas gefällt, gibt's wieder Strahler 80. "Der Name ist ein Gottesgeschenk. Manche Leute fragen mich, ob das ein Künstlername sei. Medien haben geschrieben, der Name sei erfunden," erzählt er begeistert. Aber wieso ein Gottesgeschenk? Und warum sollte man so einen Namen erfinden? "Na, das ist doch logisch, ich komm zu den Menschen nach Hause und blase ihnen mit meinem Gerät den Dreck aus dem Haus!" Der hat leicht reden. Wahrscheinlich reserviert seine Sekretärin die Tische im Restaurant und erspart ihm die üblichen Erklärungen. "Ja, Hausenblas, wie ein Haus und blas, wie ... ja ... genau!" Dem folgt in der Regel ein Kichern oder ein hörbares Schnoferl – oder ein Auflegen.

Aber weißt der Businessmann überhaupt, wofür der Name steht? Nep. Er murmelt irgendetwas von tschechischer Herkunft, bevor ich ihn unterbreche. Der Name bezieht sich auf die Fischblase des Hausen, eine vom Aussterben bedrohte Stör-Art, die auch als Beluga bekannt ist. Hausenblas, der andere, kann sich bestimmt Beluga-Kaviar leisten. In Ausnahmefällen soll der Fisch mit seinen wilden Knochenschilden fast zehn Meter lang und drei Tonnen schwer geworden sein. Der Leim, der aus der Hausenblase gewonnen wurde, kam unter anderem bei Edeldruckverfahren oder bei Restaurierungsarbeiten zum Einsatz. Touché! Da schaut er und sagt, "Ja, gibt's denn das?" Ja, das gibt's. In der Zeit, da ich so etwas recherchiere, verkauft er wahrscheinlich drei Staubsauger.

Die Sache mit den Nachkommen

Und wie sieht's mit dem Weiterleben unseres Namens aus? Hausenblas, der andere, ist zwar mit seiner Angelina verheiratet. Aber gemeinsame Nachkommen gibt's keine. Aus gutem Grunde, wie er meint: "Ich habe keine Zeit. Wann soll ich denn die Kinder machen?", sagt er und legt eine Grinsepause ein. Bingo. Punkte für mich. Ich hatte die Zeit, gleich zwei Mal.

Die Sache mit den Nachkommen scheint mein Gegenüber ein bisschen nachdenklich zu stimmen. Auch Geschwister hat er keine. "Insofern ist diese Begegnung mit Ihnen schon ein paar Gedanken über meinen Namen wert. Bisher hat mich das wenig gejuckt", sagt Hausenblas mit seinem zugegebenermaßen charmanten Akzent. Apropos Nachkommen: Wie viel Geld er auf dem Konto habe, möchte man wissen. Oder? Da schaut er ein bisschen verdutzt aus dem Bildschirm. Aber natürlich ist er auch in dieser Frage um keine Antwort verlegen. "Der Millionär muss mindestens eine Million netto versteuertes Bargeld zur Verfügung haben – ohne Immobilien und Güter." Muss ja nicht nur eine Million auf seinem Konto sein. Er selbst kommt nicht auf die Idee zu fragen, wie es um meine Marie steht. Ist auch besser so. Ich wäre um eine Antwort verlegen.

Im April, zum 50. Geburtstag, wird sich Hausenblas etwas ganz Besonderes schenken. Ein von ihm geschriebenes Buch. Der Titel der Publikation? "Das Millionärskonzept". Warum wundert einen das nicht?

Was ich mir zu meinem 50. Geburtstag schenken werde? Keine Ahnung. Vielleicht sein Buch. Aber ich hab ja noch eineinhalb Jahre. Bis dahin gibt's noch eine Menge Staub zu saugen, wobei ich das eine oder andere mal bestimmt an Michael Hausenblas denken werde. Den anderen. (Michael Hausenblas, RONDO, 23.2.2018)

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