Tagelang glaubte Sascha Aumüller, jemand will ihn verarschen. Vermutlich ein Besoffener, der gar nicht Sascha Aumüller heißt und in der Restfettn des Faschings eine E-Mail formulierte: "Hallo, hier Sascha Aumüller aus Wien. Kann ich zu Ihnen nach Oberursel kommen? Nur ein bisserl plaudern."

Also behandelte der Deutsche die Nachricht vom Namensvetter erst einmal so, als käme sie vom sprichwörtlichen Onkel aus Nigeria, der überraschend verstorben sei und noch überraschender eine beträchtliche Erbschaft hinterließ: Nicht einmal ignoriert hat er sie!

So ein Namenshäferl könnte sich der Wiener Sascha Aumüller auch mal zulegen – fürs Büro.
Foto: Sascha Aumüller

Natürlich verletzte mich diese Einstufung als Spam, weil ich noch lebe, den Fasching verachte und wirklich Sascha Aumüller bin. Selbst seine Mitarbeiterin im Büro antwortete beim vierten Anruf zwar noch höflich, aber immer bestimmter: "Herr Aumüller! Herr Aumüller ist beschäftigt, und nein, seine Handynummer kann ich Ihnen nicht geben." Aus dem Off des Büros war Kichern zu vernehmen: "Sascha Aumüller, hihi, ja klar!"

Über eine Woche ging das so, bis am Faschingsdienstag wirklich überraschend das Telefon läutete und eine empathische Stimme sagte: "Hallo, hier auch Sascha Aumüller" – Kunstpause. Normalerweise ist ein Grinsen am Telefon nicht zu hören, seines war laut und deutlich. "Sie wollen nach Oberursel kommen? Morgen hätte ich Zeit." Am Aschermittwoch saß ich im Flugzeug nach Frankfurt am Main.

Der lange Aumüller (Elektrotechniker) lobte, welche Bereicherung die Karnevalszüge für das Stadtbild von Oberursel sind. Der kurze Aumüller (Autor) freut sich über die freie Sicht auf die Fachwerkhäuser.
Foto: Sascha Aumüller

Wer wäre ich als Hesse?

Um dem anderen Sascha Aumüller leibhaftig zu begegnen, musste ich vom Flughafen nur noch mit der S-Bahn bis Rödelheim fahren (dort bildete sich das Rödelheim Hartreim Projekt, einst Deutschlands bekannteste Hip-Hop-Band) und eine Haltestelle später aussteigen: an der etwas weniger Glamour versprechenden Station namens Oberursel-Weißkirchen-Steinbach. Doch was sind schon Namen, fragte ich mich. Und gleich danach: Wer wäre ich, wäre ich der hessische Sascha Aumüller?

Der hessische Sascha Aumüller ist Elektrotechniker mit dem Spezialgebiet Feuerschutz ...
Foto: Sascha Aumüller

Ich wäre wohl Feuerwehrmann ...

Ich wäre Elektrotechniker mit dem Spezialgebiet Feuerschutz in Oberursel. In meiner Werkstatt würde ich vor einer kunstvollen Installation aus halbierten und ganzen Feuerlöschern stehen und mich zur Begrüßung sagen hören: "Im Alter von zwei Jahren war ich bereits Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Das ist nicht ungewöhnlich. Meine Tochter ist gerade einmal sechs Monate alt und auch schon dabei – wir haben sie sofort nach der Geburt angemeldet." Wozu das denn, muss jetzt der Wiener Aumüller den Oberursler fragen.

... und ein echter Vereinsmeier.
Foto: Sascha Aumüller

... und als Aumüller ein echter Vereinsmeier

"Meine Familie hat das Hobby immer zum Beruf gemacht. Noch bevor ich im Feuerschutz arbeitete, war ich Feuerwehrmann. Das Vereinswesen ist uns wichtig. So wichtig sogar, dass meine Frau und ich die Hochzeit verschieben mussten. Wir kennen uns dreizehn Jahre lang, nach zehn wollten wir heiraten. Ging aber nicht, weil meine Frau damals zur Brunnenkönigin gewählt wurde. Ein wichtiges Amt hier in Oberursel, wo es über 60 Brunnen gibt, es beschäftigte sie 250 Abende." An denen Sie ganz allein auf ein Bier gehen mussten?

Apfelwein als Volksgetränk
Foto: Sascha Aumüller

Ich tränke den ganzen Tag Apfelwein ...

"Nein, wir trinken hier Apfelwein. Im Taunus gibt's das beste Stöffche, heißt es. Und traditionsreiche Gasthäuser wie da drüben den Hirschen." Wo ich Sie jetzt auf ein Bier einladen darf?

Aumüller ist nicht nur im Karneval engagiert, ...
Foto: Sascha Aumüller

... und wäre ein Narr in jedem Karneval

"Hat heute geschlossen wie fast alle Lokale, ist ja Aschermittwoch. Aber wer bei den Karnevalssitzungen so engagiert ist wie wir, hat sich danach eine Pause verdient. Das schaffste sonst nicht!" Blöder Scherz, Herr Aumüller, ich weiß, aber pflegte Angela Merkel nicht über die Deutschen zu sagen: "Wir schaffen das"?

... sondern auch in der Flüchtlingskrise in seiner Rolle als hilfsbereiter Feuerwehrmann.
Foto: Sascha Aumüller

Überhaupt wäre ich ein besserer Mensch ...

"Da hätten wir tatsächlich mehr schaffen müssen. Unsere Feuerwehr war recht engagiert zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise, und doch gelangten wir an unsere Grenzen. All die ungenutzten Räume in der Stadt, die wir monatelang für ankommende Menschen adaptierten, schienen nicht auszureichen. Aber mir wurde einmal mehr bewusst, wofür ich Freiwilliger bin." Ich habe nicht halb so viel geschafft wie Sie, Herr Aumüller. Vermutlich ist der hessische Sascha Aumüller einfach der bessere Mensch.

Einen Kundenparkplatz: So einen hätte auch der Wiener Aumüller gerne.
Foto: Sascha Aumüller

... und hätte einen Kundenparkplatz

Vor der Werkstatt Aumüller plauderten wir noch ein wenig über Musik, weil mein Blick an einem Mozart-Graffiti an der Bushaltestelle gegenüber haften blieb. "Ihr hattet hier immerhin das Rödelheim Hartreim Projekt", scherzte ich. "Kenn ich nicht. Kann ich auch gar nicht kennen, immerhin bin ich zehn Jahre jünger als du", scherzte er. Shakehands auf dem Aumüller-Kundenparkplatz. So einen besäße ich auch, wäre ich 31, Hesse und begeistert bei jeder Karnevalssitzung. (Sascha Aumüller, RONDO, 23.2.2018)

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