Sein Rückzieher bei den Slowenen-Rechten in der Landesverfassung sorgte für Wirbel. Das bereue er nicht, sagt Christian Benger.

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STANDARD: Welche drei Begriffe fallen Ihnen zu Jörg Haider ein?

Benger: Blenden, Blechen, große Altlast.

STANDARD: Wäre es besser für Kärnten gewesen, hätte Haider hier nicht regiert?

Benger: Dann hätten wir nicht diese Schulden, diese Lasten.

STANDARD: Welche Vorwürfe hat sich die ÖVP zu machen?

Benger: Ich bin Quereinsteiger, seit vier Jahren in Verantwortung. Ich bin der Einzige, der nie dabei war.

STANDARD: Es geht nicht um Ihre Verantwortung, sondern um die Ihrer Partei.

Benger: Da müssen Sie jeden Einzelnen fragen.

STANDARD: Ich frage Sie. Sehen Sie eine Mitverantwortung der ÖVP?

Benger: Es werden Einzelne sicher eine Mitverantwortung haben, ja.

STANDARD: Sie scheinen die Provokation zu lieben. Etwa wenn Sie, wie jüngst, öffentliche Förderungen für Marterln fordern, weil sonst "Sichelmonde" die Landschaft prägen. Meinen Sie das ernst?

Benger: Es liegt an uns, welche Kultur bei uns vorherrscht. Mir liegt unsere westliche, christlich geprägte Kultur sehr am Herzen. Und entweder tun wir dafür was – da gehört das Marterl dazu, das Kreuz in den Schulen, das Gipfelkreuz -, oder wir tun's nicht, und dann kommen andere Kulturen.

STANDARD: Normalerweise liest man solche Fantasien, wonach der Halbmond das Gipfelkreuz ablöst, der Weihnachtsmann im Kindergarten verboten wird ...

Benger: ... es gibt das Christkind, den Weihnachtsmann gibt's nicht.

STANDARD: Jedenfalls liest man das sonst eher in Rechts-außen-Postillen. Warum greifen Sie das auf?

Benger: Ich lasse mir nicht unterstellen, dass ich rechts außen bin. Ich engagiere mich für Dinge, die unsere westliche christliche Welt geprägt haben. Sonst werden andere Kulturen übernehmen.

STANDARD: Sie wissen, dass nur acht Prozent der österreichischen Bevölkerung Muslime sind, in Kärnten ist der Anteil halb so groß. Von einer Dominanz keine Rede. Warum deuten Sie es an?

Benger: Ich grenze nicht aus, ich setze mich für unsere Kultur ein.

STANDARD: Bei der Reform der Landesverfassung sorgten Sie für Wirbel: Sie fanden plötzlich Ihren eigenen Textvorschlag rund um die Anerkennung der Slowenenrechte zu weitgehend. Ihren Ruf als verlässlicher Koalitionspartner haben Sie damit beschädigt. Bereuen Sie das?

Benger: Nein. Es war definitiv das einzig Richtige. Es ist mir gelungen, Diskussionen im Keim zu ersticken.

STANDARD: Eher war das Gegenteil der Fall. Ihr Rückzieher hat ja erst für Diskussionen gesorgt.

Benger: Eine Verfassung darf nicht zu Unruhe führen, sie muss einen nicht trennen. Allein durch mein Handeln kam die neue Verfassung zustande.

STANDARD: Warum sollte die Formulierung, dass die Fürsorge des Landes den Deutsch- und Slowenischsprachigen gleichermaßen gilt, denn etwas Trennendes sein? Sie sagt ja, dass alle gleich sind.

Benger: Sie hat zu vielen Diskussionen geführt.

STANDARD: Können Sie skizzieren, welche Diskussionen das waren?

Benger: Es waren Diskussionen: Ist dem so, ist dem nicht so.

STANDARD: Welche waren diese gewichtigen Argumente, durch die Sie sich überzeugen ließen?

Benger: Das Wichtigste ist: Es hat Diskussionen gegeben.

STANDARD: Und wenn heute wieder diskutiert wird, regen Sie eine neue Verfassungsänderung an?

Benger: Wir haben heute eine Fassung, die nicht diskutiert wird.

STANDARD: Die erste Formulierung hält ja nur fest, dass nicht diskriminiert werden darf. Ist das nicht ohnehin selbstverständlich?

Benger: Die alte Fassung hat zu Interpretationen geführt. Dass sie trennt und spaltet. Viele Menschen sind auf mich zugegangen, auch Vertreter der Volksgruppe.

STANDARD: Kritik kam auch von der slowenischen Volksgruppe?

Benger: Auch dort, ja.

STANDARD: Themenwechsel. Sie wollen bei Sozialem und bei Gesundheit sparen, wo konkret?

Benger: Wir haben Effizienzpotenziale im ambulanten Bereich, die sich bei 140 Millionen pro anno bewegen. Wenn eine ambulante Behandlung 222 Euro kostet und die gleiche Behandlung in Tirol 145 Euro, wissen wir, dass zu handeln ist, dass Geld in den Strukturen versickert.

STANDARD: Wo setzen Sie an?

Benger: Eine Reformkommission wird von uns den Auftrag bekommen.

STANDARD: Ihre Gegner schlagen Alarm, dass Kärnten am Ende nur noch zwei Spitäler hat.

Benger: Hanebüchen. Es gilt, Leistungssicherheit zu haben.

STANDARD: Wo wollen Sie sparen?

Benger: Es muss nicht jede Leistung an jedem Ort angeboten werden. In einer halben Stunde können Sie in drei Spitälern sein, es muss Schwerpunkte geben.

STANDARD: Sie wollen also Abteilungen schließen?

Benger: Nein, es geht darum, Effizienz zu finden.

STANDARD: Aber wie konkret?

Benger: Wir haben mehr Akutbetten als im Bundesschnitt.

STANDARD: Das ist die Diagnose, was wäre Ihre Therapie?

Benger: Wir müssen an Schrauben drehen, um Effizienzen zu heben.

STANDARD: Ja, und die Frage ist: Welche Schrauben?

Benger: Das werden wir gemeinsam bestimmen.

STANDARD: Also wollen Sie sich nicht festlegen?

Benger: Nein.

STANDARD: Sollten die Wähler nicht schon vor der Wahl wissen, worauf sie sich einstellen müssen?

Benger: Auf bestmögliche Leistung, die leistbar ist.

STANDARD: Kärnten schrumpft. Provokant gefragt: Kann es sein, dass junge, weltoffene Menschen einen Fluchtreflex verspüren, wenn sie hören, dass der Kulturlandesrat sich vor allem für Heimatverbundenheit und Trachten einsetzt?

Benger: Im Gegenteil. Wenn ich eine Identifizierung mit dem Ort habe, habe ich eine stärkere Verankerung. Wenn die Kärntner Trachten, die originalen, nicht die originellen, Unesco-Weltkulturerbe werden, gibt das Identität.

STANDARD: Ist das nicht ein enger Begriff, Kultur als Volkskultur?

Benger: Kärnten hat einen Blumenstrauß an Kulturschaffenden. Mir ist Volkskultur so wichtig wie die anderen Bereiche. Dass mein Herz für die Volkskultur schlägt, daraus mach ich keinen Hehl. (Maria Sterkl, 28.2.2018)