Draußen wanken die Shoppingzombies, drinnen kann man sich beinahe zivilisiert für den nächsten Durchgang rüsten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Wagamama-Ramen ist ein ansehnlich gefüllter Topf Suppe voll bissfest schlutziger Nudeln mit zwei Riesengarnelen, geschmortem Schweinsbauch, Muscheln, Oktopus und anderem mehr.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Dass der Vorhof der Hölle des Konsumismus ein konkreter Ort ist, wird angesichts des wild metastasierenden Shoppingdorfs nahe der Autobahnabfahrt Neusiedl am See gewiss. Ob man hier wegen saccharinsüßer Kulissenarchitektur (pseudo-schlossiges Biedermeier in klassisch austriakischer Fassadenfarbverwirrung) in Suizidmodus verfällt oder bloß vom SUV eines SMS-textenden Kaufzombies plattgemacht wird, ist gar nicht so wichtig: Von hier kommt man nur weniger lebendig wieder weg.

Insofern darf man sich den Bauch auch gleich bei Burger King aufbacken lassen, ihn bei Nordsee mit Backfischziegeln beschweren, mit L'Osteria-Pizza oder sonst einem Junk austapezieren – die Strafe fürs Verbrechen lässt in keinem Fall auf sich warten.

Ausgerechnet hier hat jetzt der Österreich-Ableger einer legendären Nudelbude aufgesperrt, deren Mutterschiff vor mehr als 25 Jahren vom Sino-Londoner Gastrowunderbuben Alan Yau (Hakkasan, Duck + Rice, Yauatcha ...) gegründet wurde und seither von Akakiko aufwärts weltweit kopiert wird. Yau hat die chinesische Küche quasi im Alleingang zur international vielleicht erfolgreichsten der vergangenen Jahrzehnte getunt, für Sternefresser ebenso wie für die breite Masse der Lifestyle-Opfer.

Dass Wagamama nach einem Vierteljahrhundert und einer Verbreitung von Frankreich und Italien (!) bis Saudi-Arabien, in die USA und nach Neuseeland als Konzept schon einen gewissen Bart hat, ändert an seiner Attraktivität für einen verschlafenen Gastromarkt wie den unseren nichts.

Dass die Initiative für den Österreich-Start wieder einmal aus einem östlichen Nachbarland – in diesem Fall der Slowakei – kommt, hat schön langsam System. Wie schon bei Jamie Oliver und denimmer wieder lancierten Plänen für ein Wiener "Nobu" sind es Investoren aus dem "jungen Europa", die mit international zugkräftigen Franchises auf den Markt drängen.

Natürlich handelt es sich bei einem so weltumspannenden Konzept um klar destillierte Convenience, deren Basis irgendwo zentral produziert und im Outlet nur noch zusammengefügt, aufgetaut, endgefertigt werden muss. Dass auch die Österreicher darauf stehen, beweist der gewaltige Erfolg von McDonald's ebenso wie jener von anderen Gastroketten. Geht halt nicht bei allem gut: Wagamamas Yuzu-Zitronen-Tarte etwa sieht hübsch aus, die komplett durchgeweichte Konsistenz des Tarte-Bodens aber erzählt in aller Breite vom Prozess des Auftauens.

Eat 'til you shop

Vorspeisen, Suppen, Salate hingegen sind – wie auch der zuvorkommende Service – deutlich besser als aus heimischen Asia-Ketten gewohnt. Duck-Pancake-Wrap zum Selberrollen, eine Art Pekingente für Arme, kommt mit knuspriger, geschredderter Ente, Gurke und Jungzwiebeln, den klassischen Pfannküchlein und einer Kirsch-Hoisin-Sauce zu Tisch, die am Gaumen fruchtig-umamig schillert – sollte man suchtgefährdeten Charakteren besser nicht vorsetzen.

Ebenso routiniert wie vergnüglich auch Wagamama-Ramen, ein ansehnlich gefüllter Topf Suppe voll bissfest schlutziger Nudeln mit zwei Riesengarnelen, geschmortem Schweinsbauch, Muscheln, Oktopus und anderem mehr (siehe Bild). Togarashi-Chili steht bereit, Chiliöl und Shoyu auch – passt.

Auch die anderen Optionen auf der umfangreichen Karte, ob Sirloin-and-Shiitake-Salad mit reichlich (allerdings etwas leblos gegrilltem) Beef und Schwammerln sowie tadellos würzigem Dressing oder Itame-Curry mit einer auf Kokos und Thai-Kräutern basierenden Brühe und mehr als nur viel Hendl, Pak Choi, Paprika und anderem Gemüse zwischen den Reisnudeln, machen auf frohe Art satt. (Severin Corti, RONDO, 9.3.2018)

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