Andrea Nahles und Olaf Scholz (vorn) präsentieren das rote Team: Michael Roth, Hubertus Heil, Heiko Maas, Katerina Barley, Franziska Giffey und Svenja Schulze.

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Andrea Nahles gerät am Freitag im Willy-Brandt-Haus richtig ins Schwärmen. "Er ist Triathlet, er weiß, wie er sich die Kraft einteilen muss, um ans Ziel zu kommen", sagt die designierte SPD-Chefin über Heiko Maas. Dieser wird nur noch wenige Tage als geschäftsführender Justizminister in Deutschland im Amt sein, dann wechselt er das Ministerium und folgt als Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) nach, für den Nahles keine Verwendung mehr hat.

Am Mittwoch wird es so weit sein, dann findet in Berlin das große Minister-wechsel-dich-Spiel statt. Mittlerweile ist auch klar, mit wem die Genossen in der neuen Regierung an den Start gehen. Sie haben ihre Regierungsmitglieder am Freitag offiziell präsentiert.

Wie schon lange gemutmaßt wurde, gibt Olaf Scholz (SPD) sein Amt als Bürgermeister von Hamburg auf und wechselt von der Alster an die Spree. Er wird neuer Finanzminister und zugleich Vizekanzler. Angela Merkel trifft damit in ihrer vierten Amtszeit einen alten Bekannten wieder. Scholz saß schon von 2007 bis 2009 als Arbeitsminister bei ihr am Kabinettstisch.

Barley übernimmt Justizressort

Auch Katarina Barley (SPD) kennt sie schon. Die 49-jährige Juristin hat einen steilen Aufstieg hinter sich. 2015 wurde sie SPD-Generalsekretärin, 2017 wechselte sie als Ressortchefin ins Familienministerium. Im neuen Kabinett übernimmt Barley das Justizressort von Maas.

Auch Hubertus Heil (SPD) ist für Merkel kein Unbekannter. Der 45-Jährige saß zwar noch nie in der Bundesregierung, war aber von 2005 bis 2009 und im Wahljahr 2017 Generalsekretär der SPD. Nun wird er Chef des Ministeriums für Arbeit und Soziales und ist damit Herr über den größten Einzeletat in einem Ministerium. Heil kommt aus Niedersachsen. Dieser Landesverband, aus dem auch Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel stammen, ist in der SPD sehr einflussreich.

Weniger zu tun hatte Merkel bisher mit der wohl überraschendsten Newcomerin in der SPD-Riege: mit Franziska Giffey (39). Sie stammt aus Frankfurt/Oder (Brandenburg) und ist somit auch ein bisschen das Gesicht des Ostens im Kabinett.

Aus den ostdeutschen Bundesländern hatte es schon Gemurre nach dem Motto "kein Posten für den Osten" gegeben. Denn Merkel selbst hat nur "Wessis" ins Kabinett berufen. Als sie darauf angesprochen wurde, erklärte sie allerdings, dass ja immerhin sie selbst als Kanzlerin aus dem Osten sei.

Giffey hat Verwaltungsmanagement sowie Politologie studiert und trat im April 2015 einen der schwierigsten Jobs an, den die SPD zu vergeben hat: Sie wurde als Nachfolgerin von Heinz Buschkowsky Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln, der deutschlandweit für seinen hohen Anteil von Migranten und Sozialhilfeempfängern bekannt ist.

Jung, Frau und ostdeutsch

Doch Giffey erfüllt nicht nur die Merkmale "jung, Frau und aus dem Osten". Sie hat sich in Neukölln durch ihre zupackende Art schnell einen Namen gemacht. Sie fordert eine Kindergartenpflicht, um vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien frühkindliche Bildung zu ermöglichen. In Neuköllner Schulen setzte sie Wachpersonal ein. "Gute Politik beginnt damit, das auszusprechen, was ist", lautet ihr Credo.

Ebenfalls neu im Kabinett ist Svenja Schulze (49). Sie stammt aus dem mächtigen Landesverband Nordrhein-Westfalen. Dort war sie von 2010 bis 2017 Wissenschaftsministerin, im Sommer 2017 wurde sie SPD-Generalsekretärin. Schulze steht ebenfalls für einen Generationenwechsel. Sie folgt Barbara Hendricks (65) nach, die aus dem Kabinett scheidet.

Wie in der CDU lautete auch in der SPD die Devise: Wir machen halbe-halbe. Die Hälfte der Kabinettsposten ging an Frauen. Bei der CDU sind das Ursula von der Leyen (Verteidigung), Anja Karliczek (Bildung/Forschung) und Julia Klöckner (Landwirtschaft). Bei den Männern behielt Merkel nur einen "alten Hasen", nämlich den bisherigen Kanzleramtschef Peter Altmaier, der neuer Wirtschaftsminister wird.

Neu im Kabinett – auf CDU-Seite – wird Jens Spahn (37) sein, der das Gesundheitsressort übernimmt. Er war bisher parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium und einer der schärfsten parteiinternen Kritiker Merkels. Als künftigen Kanzleramtschef holte Merkel den hessischen Abgeordneten Helge Braun.

Nicht an die Frauenquote gehalten hat sich CSU-Chef Horst Seehofer, der neuer Innenminister wird. Er bringt zwei Männer mit: Andreas Scheuer als Verkehrsminister, Gerd Müller als Ressortchef im Bereich Entwicklung. Immerhin geht die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär als Staatsministerin für Digitales ins Kanzleramt. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.3.2018)