Das Eastern State Penitentiary war ein Gefängnis in Philadelphia. Es nahm im Jahr 1829 seinen Betrieb auf und schloss seine Pforten 1971. Heute dient es als Museum. Bekannte Kriminelle wie Al Capone bezogen im Eastern State eine Zelle in der Strafanstalt, die an eine mittelalterliche Burg erinnert. Der wohl merkwürdigste Gefangene des Gefängnisses wurde im August 1924 hinter Gittern gesteckt.
Pep wird verurteilt
Die Beweislage war eindeutig und ließ gar keine andere Interpretation zu:
Pep war an einem milden Augusttag des Jahres 1924 in heimtückischer Absicht in den etwas versteckt gelegenen Garten des Anwesens von Gifford Pinchot, dem damaligen Gouverneur von Pennsylvania, eingedrungen, hatte ein sorglos im Gras spielende Familienmitglied wohl längere Zeit hindurch beobachtet und in einem Moment der Unaufmerksamkeit vorsätzlich und kaltblütig ermordet. Ein ungeheurer Akt der Gewalt, der jedes Gewissen vermissen ließ.
In Ermangelung weiterer Verdächtiger wurde Pep, kurz nachdem er den Tatort verlassen hatte, überwältigt und der Justiz übergeben. Nach einem kurzen Prozess war der Schuldspruch rasch gefällt: Am 12. August wurde Pep zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt.
Ganz offensichtlich ein Mordfall wie viele andere – grausam, aber leider alltäglich. Mit einer kleinen Ausnahme: Pep war ein Hund und das getötete Familienmitglied die Lieblingskatze von Gouverneur Pinchots Frau.
So jedenfalls wird die Geschichte des gutmütigen schwarzen Labradors Pep erzählt. Und auch den Zeitungen war sogar Monate später die unglaubliche Geschichte eine Erwähnung wert:
Die ganze Wahrheit
Die tatsächlichen Ereignisse stellen sich ein wenig profaner dar: Während seiner ersten Amtszeit als Gouverneur erhielt Pinchot den Welpen Pep vom Neffen seiner Frau als Geschenk. Pep entwickelte sich zu einem geliebten Mitglied der Familie, doch wie viele Welpen hatte er eine Angewohnheit, die bei den Pinchots auf wenig Gegenliebe stieß: Pep kaute gerne an Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen. Besonders hatten es ihm die Zierkissen auf einem Sofa angetan, das im Garten stand. Trotz vieler Versuche, Pep vom Zerbeißen der Kissen abzubringen, ließ sich der Hund nicht davon abhalten. Und so sprach Gouverneur Pinchot eines Tages ein Machtwort: Pep muss gehen. Doch wo sollte der ansonsten gelehrige und liebenswerte Hund untergebracht werden?
Nach Angaben des Sohnes des Gouverneurs hatte Pinchot mehrfach während einer Reise Therapiehunde beobachtet, die in Gefängnissen eingesetzt wurden, um die Moral der Insassen zu verbessern. Nach seiner Rückkehr besprach Pinchot die Idee mit seinem Freund Herbert Smith, der zufällig der Aufseher des Eastern-State-Penitentiary-Staatsgefängnisses war. So kam es, dass Pep dem Gefängnis übergeben wurde und dort sowohl Aufsehern als auch den Insassen Gesellschaft leistete.
Pep lebte für den Rest seines Lebens im Eastern State. Einigen Berichten zufolge begleitete er auch Gefängnisarbeiter, die bei der Errichtung des Graterford Gefängnisses halfen, das im Jahr 1929 in einer Entfernung von etwa 50 Kilometern gebaut wurde. Er reiste mit Ihnen im Gefangenentransport zwischen den Strafanstalten hin und her.
Seine letzte Ruhestätte fand Pep der Labrador irgendwann zu Beginn der 1930er Jahre. Er wurde auf dem Gelände des Eastern State Penitentiary an einem unbekannten Ort begraben. (Kurt Tutschek, 23.3.2018)